Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung
Geheimnis der entschlüsselten Schöpfung lag.
Und es ging nur um uns beide. Das war der faszinierendste Teil der Sache. Nur Derr und ich hatten den Überblick. Natürlich hatten wir Techniker für die niederen Tätigkeiten, aber von denen hatte jeder ganz eng umrissene Aufgaben. Meine Stadtvilla war teilweise in zwei Laboratorien umgewandelt worden. Ein paar arbeiteten im Laboratorium im zweiten Stock, die anderen in dem unten im Keller. Nur wir beide wussten, worauf all die Fleißarbeit hinauslaufen sollte. Das Ganze war hier wirklich weit größer als die Summe aller Teile.
Wir fingen klein an. Wir suchten nach einem im Wasser lebenden, eierlegenden Reptil mit Eiern von handlicher Größe. Wir entschlossen uns für eine amphibische Art. Das war Derrs Idee. Er hatte in Europa studiert, wo man Frösche häufig zu Forschungszwecken einsetzt. Wir besorgten uns eine große Menge Laubfrösche und einige spezielle weiße Albinofrösche. Wir konnten anfangen.
Durch langwieriges Herumprobieren gelang es uns, eine mikrochirurgische Methode zu entwickeln, mit der wir den haploiden Zellkern aus dem Ei eines Laubfrosches entfernen und ihn durch einen diploiden Zellkern ersetzen konnten, den wir aus der Körperzelle eines Albinofrosches gewonnen hatten. Die kompletten genetischen Informationen des Albinofrosches waren damit in der Eizelle des Laubfrosches enthalten. In gewisser Weise war die Eizelle so befruchtet. Nach vielen Fehlversuchen und Pannen bekamen wir es endlich hin. Nach kurzer Zeit erstickten wir in weißen Kaulquappen.
Das war Grundlagenforschung, die allein schon den Wissenschaftsbetrieb (und ganz sicher auch allerlei religiöse und ethische Interessensgruppen) in Aufruhr versetzt hätte. Man muss sich das einmal vorstellen: Wir reproduzierten Lebewesen, ohne dass es zu einer sexuellen Vereinigung kam. Das war eine unglaubliche Leistung!
Aber wir konnten das nicht publizieren. Alles, was wir im Rahmen von Projekt Genesis entwickelten, unterlag strengster Geheimhaltung. Alles, was wir taten, gehörte der Regierung. Ich will nicht behaupten, dass uns das egal war. Das war es ganz sicher nicht. Aber wir hatten das Gefühl, wir könnten warten. Wir konnten unsere Ergebnisse damals nicht publizieren, aber später würden wir das können. Und um ehrlich zu sein, waren wir zu der Zeit auch viel zu beschäftigt, um uns damit aufzuhalten, unsere Ergebnisse für eine Publikation aufzubereiten.
Nachdem wir unsere Mikrotechnik perfektioniert hatten, gingen wir zu Säugetieren über. Ich will dich nicht mit den Einzelheiten all der Spezies langweilen, an denen wir geforscht haben – das ist alles ausführlich in den grauen Notizbüchern festgehalten –, es reicht wohl aus, wenn ich sage, dass wir nach einer scheinbar endlosen Zahl aufreibender Labortage endlich meinten, wir könnten uns der menschlichen Eizelle zuwenden.
Unser erstes Problem war naturgemäß die Beschaffung des Rohmaterials. Man schickt nicht einfach eine Bestellung an eine Firma für Laboratoriumsbedarf und bestellt eine Masse menschlicher Eizellen. Wir bewegten uns da auf sehr wackligem Boden. Schon unter normalen Bedingungen wäre das ein sehr riskantes Unterfangen, aber bei all den Sicherheitsmaßnahmen und der Überwachung durch die Regierung fühlten wir uns da sehr eingeschränkt.
Dann hatte ich die geniale Idee, uns von der Regierung beliefern zu lassen. Ich erklärte unserem Kontaktmann im Kriegsministerium, dass wir menschliche Eierstöcke brauchten. Colonel Laughlin war einer der wenigen Regierungsbeamten, die überhaupt von der Existenz von Projekt Genesis wussten. Er zögerte nur einen Augenblick, dann fragte er: »Wie viele?«
Es dauerte nicht lange und uns wurden regelmäßig menschliche Eierstöcke in gekühlter Salzlösung geliefert. Einige waren von Krebs befallen, aber die meisten hatten einfach nur Zysten gebildet und produzierten auch weiterhin brauchbare, menschliche Eizellen. Diese lagerten wir in Nährlösung, während wir unsere Mikrotechnik weiterentwickelten.
Wir mussten feststellen, dass eine menschliche Eizelle auf Veränderung sehr sensibel reagiert. Das doppelte Trauma durch die Entnahme des ursprünglichen Zellkerns und die Einbringung eines anderen war offenbar mehr, als die Zellmembran verkraften konnte. Eine nach der anderen platzten uns die Eizellen weg. Also entwickelten wir eine Methode, das ursprüngliche genetische Material in der Eizelle durch ultraviolettes Licht zu deaktivieren. Dadurch konnten wir den
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