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Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung

Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung

Titel: Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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schwarze Notizbüchlein auf und hielt die Luft an, als sie das Grußwort auf der ersten Seite las. Sie hatte gefunden, wonach sie suchte.
    Sie begann zu lesen.

XI
     
    6. Januar 1963
     
    Lieber Jim –
    Heute ist dein einundzwanzigster Geburtstag. Ich werde die nächsten Tage damit verbringen, dir diesen Brief zu schreiben. Es ist ein Brief, von dem ich inständig hoffe, dass du ihn nie zu lesen bekommst.
    Doch falls du das hier in den Händen hältst, dann bedeutet das, dass etwas ganz furchtbar schief gegangen ist.
    Das tut mir leid.
    Du solltest die Wahrheit über dich nie erfahren. Du solltest ein normales, glückliches, produktives Leben führen, und dann vielleicht – nur vielleicht – sollte, lange nach meinem Ableben und lange, nachdem du eines natürlichen Todes gstorben bist, das, was du jetzt erfahren wirst, an die Öffentlichkeit gelangen.
    Aber wenn du tatsächlich das hier liest, dann bedeutet das, dass ich und auch Derr tot sind, und dass alle meine Pläne schief gegangen sind.
    Deswegen schreibe ich das hier. Um die Dinge klarzustellen.
    In den bei diesem Brief liegenden Kladden wirst du die gleiche Geschichte niedergelegt finden, die sich da in tagtäglicher Abfolge viel detaillierter darstellt, aber ohne den großen Überblick. (Wenn ich damals den Überblick gehabt hätte, den ich heute habe, glaube ich nicht, dass ich so weit gegangen wäre.) Dieser Brief wird dir die ganze Geschichte in geraffter Form schildern.
    Was du jetzt lesen wirst, wird dir kaum glaubhaft vorkommen. Wenn du es vorziehst, es nicht zu glauben, ist mir das auch recht. Nimm die Notizbücher und diesen Brief und verbrenn sie jetzt sofort, ohne ein weiteres Wort zu lesen. Dein Geheimnis ist dann sicher. Aber weil ich dich besser kenne als sonst jemand, glaube ich, dass du das niemals tun würdest. Ich weiß, du wirst suchen und graben und buddeln und forschen, bis du alle Antworten gefunden hast.
    So jedenfalls würde ich reagieren.
     
    *
     
    Für mich begann alles 1939.
    Ich bin mir sicher, die Regierung hatte die Idee damals schon ein paar Jahre auf der Agenda. Man brauchte kein Jude zu sein, um bei Hitlers Säbelrasseln in den Dreißigerjahren und seinen endlosen Kampfreden über ein Tausendjähriges Reich, regiert von einer makellosen arischen Herrenrasse, ein mulmiges Gefühl zu bekommen. Diese Entwicklung machte einer Menge Leute in diesem Land Sorgen, mich eingeschlossen. Das Thema Eugenik (ein Begriff, der jetzt einen schlechten Beigeschmack bekommen hat, der aber nichts anderes bedeutet als die Verbesserung des menschlichen Erbgutes durch gezielte Zuchtmaßnahmen) beschäftigte mich sehr stark und war, wie ich vermute, auch ein Thema auf vielen Cocktailpartys im State Department.
    Irgendwo in diesem Zusammenhang kam dann die Idee auf, die Züchtung eines perfekten, oder zumindest eines verbesserten amerikanischen Soldaten voranzutreiben. (Wahrscheinlich war der neue Erfolg dieses Comichefthelden Superman der Auslöser für diese Idee.) Wahrscheinlich wäre das auch nicht viel mehr als eine abstruse Idee geblieben, wenn ich nicht im Sommer 1939 einen Brief zu diesem Thema an Präsident Roosevelt geschrieben hätte und wenn Hitler nicht in Polen eingefallen wäre.
    Ich will mich hier nicht zu sehr selbst beweihräuchern, Jim, aber in meiner Glanzzeit war ich schon jemand. Ich wurde 1901 geboren, war zu der Zeit also noch nicht einmal vierzig, aber ich hatte mit meinen Patenten für Diagnoseverfahren in technischen Labors schon ein Vermögen gemacht (und das während der Weltwirtschaftskrise!). Und ich hatte unter den Biologen derzeit für beträchtliches Aufsehen gesorgt mit meinen Aufsätzen über genetische Manipulation durch gesteuerte Befruchtungsprozesse und meine privaten Versuche zur künstlichen Befruchtung der Eizellen von Primaten.
    Ich war ein arroganter Mistkerl. Wer konnte mir das verdenken? Die Welt lag mir zu Füßen! Ich hatte nie am Hungertuch genagt, aber durch harte Arbeit und Voraussicht hatte ich mir aus eigener Kraft ein Vermögen erarbeitet, während um mich herum alle anderen bankrott gingen. Es war eine Zeit, in der ein einzelner Mensch alles wissen konnte (und ich meine wirklich alles!), was auf einem Gebiet wie der Genetik bekannt war, und dann auch tatsächlich Neuland betreten konnte.
    Ich hatte Geld, ich war berühmt, ich war berüchtigt, und ich kostete das Leben eines reichen Junggesellen in vollen Zügen aus. Als meine Bedenken angesichts der Tatsache zu groß wurden, dass Hitler in

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