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Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung

Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung

Titel: Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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gedrängt, den einfachsten Weg zu gehen, nämlich zum Zwischenboden zu kriechen und die verdammten Bücher zurückzuholen. Sie hatte die Auseinandersetzung, von der sie wusste, dass sie ihr heute Morgen bevorstehen würde, nicht gewollt. Aber sie musste sich der Sache stellen. Das war zu wichtig, um sich davor zu drücken.
    Sie hatte sich für die zweite Möglichkeit entschieden. Und es war ihr nicht leicht gefallen. Bei dem Schmerz und dem Gefühl des Verrats, die sie in seinen Augen gesehen hatte, hatte sie ihre ganze Willenskraft aufbringen müssen, um nicht damit herauszuplatzen, wo sie die Bücher versteckt hatte. Aber sie hatte es durchgestanden, hatte der Versuchung widerstanden, ihn in die Arme zu nehmen, ihn zu umschmeicheln und ihm ins Ohr zu flüstern, dass alles wieder gut werden würde. Stattdessen hatte sie weiter Druck auf ihn ausgeübt, ihn regelrecht dazu gezwungen, sein Leben wieder selbst in die Hand zu nehmen.
    Würde es funktionieren? Hoffentlich. Hoffentlich hatte sie nicht die falsche Wahl getroffen.
     
    3.
     
    Kurze Zeit später saß Carol im Wohnzimmer und bohrte die Fingernägel in ihre Handflächen, als sie hörte, wie die Küchentür geöffnet wurde. Jim kam durch die Küche, stand da und sah sich um. Er sah überall hin, nur sie sah er nicht an. Die Hände tief in die Taschen seiner Jeans vergraben kam er schließlich herüber und ließ sich direkt neben ihr auf das Sofa plumpsen. Sie bemerkte, wie dringend er eine Rasur brauchte. Er sagte geraume Zeit gar nichts, sondern starrte nur vor sich hin.
    Carol beobachtete sein gequältes Gesicht. Sie sehnte sich danach, ihn zu berühren, die Arme um ihn zu legen, aber sie hielt sich zurück und wartete, dass er den ersten Schritt tat.
    »Du hättest diese Notizbücher nicht wegwerfen sollen.« Er sah sie nicht an, sondern starrte weiter geradeaus.
    »Ich musste das tun«, sagte Carol, so sanft sie nur konnte. »Ich hatte kein Recht dazu, aber ich musste es tun.«
    Eine Pause. »Ich habe darüber nachgedacht, was du da getan hast. Ich glaube, es war das Richtige und es war verdammt mutig.«
    Sie legte ihm die Hand auf den Arm und ließ sie bis zu seiner Hand hinuntergleiten. Seine Finger griffen nach den ihren, als sie sie erreichte.
    »Aber wir können beide nicht ungeschehen machen, was wir aus diesen Unterlagen erfahren haben. Das wird bleiben, wie ein Brandmal. Es ist …« Seine Stimme brach und er schluckte. »Das ist schon komisch, oder? Ich habe all die Jahre versucht, herauszufinden, wer ich bin, und jetzt muss ich mir darüber klar werden, was ich bin.«
    Carol sah, wie sich eine Träne seine Wange hinunterstahl und es brach ihr das Herz. Sie zog seinen Kopf auf ihre Schulter.
    »Du bist mein Jim. Das ist wer und was du bist. Das ist alles, was du sein musst, soweit es mich betrifft.«
    Er begann zu schluchzen. Sie hatte ihn noch nie weinen sehen und sie zog ihn eng an sich. Sie war erstaunt und gerührt. Schließlich richtete er sich auf und machte sich los.
    »Entschuldige«, sagte er, schniefte und wischte sich über die Augen. »Ich weiß nicht, was über mich gekommen ist.«
    »Das ist schon in Ordnung.«
    »Es ist nur so, das ist alles so ein Schock. Ich bin innerlich ganz zerrissen. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich wollte dich nicht vollheulen.«
    »Sei nicht albern. Du hast in den letzten paar Tagen eine Menge durchgemacht. Da hast dir das verdient.«
    »Hast du das wirklich so gemeint … als du gesagt hat, dass das keinen Unterschied macht? Ich meine, mir macht das eine Menge aus, warum also dir nicht?«
    »Es ändert gar nichts an dem was wir hatten, was wir haben – solange du es zulässt.«
    Seine Augen musterten ihr Gesicht. »Du meinst das wirklich so, nicht?«
    »Natürlich. Wenn das nicht so wäre, wären die Notizbücher immer noch da und ich wäre stattdessen weg.«
    Er lächelte zum ersten Mal. »Ja, ich schätze, du hast wohl recht.« Er ergriff ihre Hand. »Carol, wenn ich das glauben kann, wenn ich mich daran festhalten kann, dann kann ich, glaube ich, damit fertig werden. Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr wird mir klar, dass du recht hattest, die Beweise zu vernichten.«
    »Gott sei Dank!«, sagte sie und meinte es auch so. »Ich dachte, du würdest mir nie verzeihen.«
    »Das dachte ich auch. Aber jetzt sehe ich, dass ich genau so weitermachen muss wie zuvor auch. Ich kann mich nicht von dieser Sache beherrschen lassen. Nur du und ich wissen davon – damit kann ich leben. Ich kann mich daran

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