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Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung

Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung

Titel: Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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gewöhnen, ein … na ja, das zu sein, was ich bin.«
    In diesem Augenblick beschloss Carol, dass es lange, lange Zeit dauern würde, bis sie ihm verriet, wo sie die Bücher versteckt hatte.
    »Bleib einfach der gleiche Jim Stevens, den ich geheiratet habe. Das ist das einzig Wichtige.«
    Er lächelte erneut. »Bist du sicher, dass du keine Veränderungen willst? Das hier ist vielleicht unsere einzige Gelegenheit, alles auf die Reihe zu bekommen.«
    »Na ja, eines vielleicht doch.«
    »Sag schon.«
    »Das nächste Mal, wenn dir etwas zu schaffen macht, dann behalte es nicht für dich, wie du es diesmal getan hast. Teile die Last. Wir sind Partner bei dieser Sache. Es sollte zwischen uns keine Geheimnisse geben.«
    Er schlang die Arme um sie und drückte sie so fest an sich, dass es ihr fast die Rippen brach. Carol wollte lachen und gleichzeitig weinen. Er war wieder da – ihr alter Jim war zurück.
     
    Manhattan
     
    4.
     
    Grace saß in der letzten Reihe im Keller des Murray-Hill-Mietshauses und lauschte der Predigt von Bruder Robert. Mittwochabend schien ihr ein ungewöhnlicher Termin für einen Gebetskreis, aber sie war irgendwie fasziniert von diesen Leuten, die sich selbst die Auserwählten nannten. Vor allem von Bruder Robert. Da war etwas Unwiderstehliches an seiner asketischen Erscheinung, er strahlte Weisheit aus und trotzdem war er nicht abgehoben. Er verströmte Liebe zu Gott und zu den Menschen. Und seine Stimme als Prediger – kräftig, klar, wunderschön, fast betörend. Er sprach jetzt seit fast einer Stunde, aber ihr kam das vor wie zehn Minuten.
    Plötzlich stockte er bei einem Wort und hielt inne. Er stand vor dem Redepult und blickte starr geradeaus. Einen schrecklichen Augenblick lang befürchtete Grace, er würde sie anstarren, dann bemerkte sie, dass sein Blick auf etwas hinter ihr gerichtet war. Sie wandte sich um und sah einen grauhaarigen Fremden hinter sich im Raum stehen.
    Martin erhob sich sofort von seinem Stuhl in der ersten Reihe und ging auf den Mann zu.
    »Dies ist keine öffentliche Veranstaltung«, sagte er verärgert.
    Der Fremde schien ein wenig verwirrt. Er war sich offenbar nicht sicher, was er tun sollte.
    »Ich werde gehen, wenn Sie darauf bestehen«, sagte er. »Aber Sie haben doch sicherlich nichts dagegen, wenn ich zuhöre.«
    Grace erkannte ihn plötzlich. Das war der Mann, der am letzten Sonntag auf der anderen Straßenseite gegenüber von diesem Haus gestanden und sie beobachtet hatte. Was hatte er vor?
    Sie sah Martin an. Er schien unschlüssig. Sie richteten beide den Blick auf Bruder Robert.
    Grace erinnerte sich daran, dass der Mönch am Sonntag angedeutet hatte, der Mann sei ihnen feindlich gesonnen, auch wenn er ihn offenbar nicht kannte.
    »Martin«, beschwichtigte Bruder Robert. »Wir können niemandem das Wort Gottes verwehren. Bitte setzen Sie sich, mein Freund.«
    Grace wurde stocksteif, als sich der Mann in die letzte Reihe – ihre Reihe – setzte, nur zwei Plätze rechts von ihr. Sie blickte starr vor sich hin und hörte Bruder Robert zu, der mit seiner Predigt fortfuhr. Aber der Mönch war merklich abgelenkt. Er verhedderte sich bei Sätzen, spulte andere hastig herunter, und war bei Weitem nicht mehr so überzeugend wie vor der Unterbrechung.
    Vorsichtig riskierte sie einen Blick auf den Neuankömmling.
    Aus nächster Nähe bemerkte sie erst, wie groß der Mann war, mit einem kräftigen Knochenbau, der noch breiter wirkte durch den schweren hellbraunen Regenmantel. Sie bemerkte einen dunkleren Farbton in seinem Teint und schwache rötliche Anflüge in seinem silbrigen Haar. Er hatte hoch angesetzte Wangenknochen und eine lange, gerade Nase. Trotz seines Alters war seine Haut straff und fest. Er saß hoch aufgerichtet da, mit den großen vernarbten Händen zu Fäusten auf den Schenkeln geballt. Ein goldener Ring steckte auf dem linken Ringfinger. Ihn umgab eine unverkennbare Aura vergangener Stärke.
    Er hatte ihre Musterung wohl bemerkt, denn er drehte sich zu ihr um und schenkte ihr ein Lächeln, bei dem sich seine blauen Augen verengten. Dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder Bruder Robert zu.
    Grace spürte, wie die Anspannung von ihr abfiel. Dieses Lächeln … es hatte mindestens so sehr seiner eigenen Beruhigung gegolten wie der ihren. Vor diesem Mann musste man sich nicht fürchten.
    Der Gottesdienst endete mit einem Flehen von Bruder Robert: »Gib uns ein Zeichen, oh Herr. Enthülle uns den Antichrist, damit wir uns ihm mit deiner

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