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Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung

Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung

Titel: Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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war seine Sache. Aber Bill Ryan hatte nicht vor, hier in Queens zu versauern, wenn es da draußen in der wirklichen Welt so viel zu tun gab.
    Er machte sich an die Briefe, die er zu schreiben hatte.

XVI
     
    Sonntag, 10, März
    Monroe
     
    1.
     
    Du spazierst durch den stöhnenden Wald vor den Toren von Targovista und ergötzt dich an seiner Schönheit. Die ausladenden Bäume säumen die Straße, die nach Süden führt, die Straße, über die die Türken heranziehen werden. Ein junger Wald, erst wenige Tage alt, und doch zählt er zwanzigtausend Bäume. Wenn du den Stamm eines seiner Schösslinge umfasst, treffen die Fingerspritzen deines Daumens und deines Mittelfingers auf der anderen Seite aufeinander.
    Der Wind seufzt nicht in den Ästen dieser Bäume. Er kreischt.
    Zwanzigtausend Schösslinge, alle frisch gepflanzt. Noch nie hast du eine so konzentrierte Dosis Todesqual erlebt. Es macht dich heiter, fröhlich. Du hebst deinen Blick zu den Spitzen dieses Waldes, auf die dein Freund Vlad seine Feinde aufgespießt hat, wirkliche und eingebildete, Männer, Frauen und Kinder, Tote und Sterbende. Rumänen, Türken, Germanen, Bulgaren und Ungarn, als Empfangskomitee für Mohammed II.
    Das hier ist ein friedlicher Wald. Auch wenn Schmerzensschreie die Luft flirren lassen, gibt es kaum eine Bewegung in den Zweigen. Denn jedes Opfer hat die unerträglichen Qualen kennengelernt, die mit der geringsten Berührung einhergehen. In ihrer subjektiven Zeitempfindung begann dieser Albtraum vor einer Ewigkeit, als ein langer, spitzer – aber nicht zu spitzer – Pflock tief in den Anus oder die Vagina, oder durch die Kehle oder die Bauchdecke gerammt wurde, woraufhin der unglückselige Mann oder die Frau oder das Kind dann auf diesem Stecken hochgehoben und an den Straßenrandgepflanzt wurde.
    Bei den Glücklicheren durchstieß die Spitze des Pflocks schnell ein lebenswichtiges Organ oder eine Schlagader und der Tod erlöste sie. Du verfluchst ihr kraftloses, stilles, glückseliges Sterben. Aber bei so vielen anderen bewegt sich der Pflock sehr viel langsamer, allmählich und ruckweise, und bahnt sich unaufhaltsam einen grausamen Weg durch die Eingeweide, weil das Gewicht ihrer Körper sie gnadenlos nach unten zieht. Manchmal gibt es so etwas wie eine kurze Verschnaufpause, wenn die Spitze auf einen Knochen trifft und der Körper nicht mehr weiter rutscht. Dann muss man jede, selbst die allerkleinste Bewegung vermeiden. Das Schlimmste, was einem dann widerfahren kann, ist schon ein leichter Luftzug.
    Du hörst ein schwaches Wimmern oberhalb von deiner rechten Schulter. Der durch wahnsinnige Schmerzen getrübte Blick eines jungen Mädchens schaut flehend zu dir herunter. Offenkundig ist die Spitze des Pflockes in ihr auf etwas gestoßen, was ihn nicht weiter vordringen lässt. Die Augen betteln um Hilfe. Du lächelst. Ja, du wirst ihr helfen. Du ergreifst den Stecken und schüttelst ihn heftig. Du wirst mit einem heiseren unartikulierten Kreischen belohnt, als der Körper plötzlich eine Handbreit tiefer rutscht. Blut läuft an dem Pflock entlang und über deine Hand.
    Genüsslich leckst du dir die Finger …
     
    Carol erwachte und rannte würgend ins Badezimmer.
    Diese Träume!
    Der Heutige war noch schlimmer, noch kranker, noch realistischer als bisher. Was war nur los mit ihr? Bitte, lieber Gott. Diese Träume … wann hört das bloß wieder auf?
     
    2.
     
    Sie fühlte sich jetzt zwar besser, aber der Nachhall ihres Traumes hatte ein Gefühl der Übelkeit zurückgelassen. Die Milch war ihnen ausgegangen, daher war sie in den Supermarkt gegangen, um Nachschub zu holen, aber jetzt schwitzte das Tetrapack vergessen in ihrer Hand und der Fünf-Dollar-Schein und die Schachtel mit Entenmanns-Donuts in der anderen. Sie stand am Tresen und starrte auf eine der Schlagzei len im Regal mit den Boulevardzeitungen. Sie spürte, wie ihr Mund ausdörrte, als sie die riesengroße Schlagzeile der »Spezial-Sonntags-Sonderausgabe« von The Light las:
     
    WELTBEKANNTER WISSENSCHAFTLER
    VERMACHT SEIN VERMÖGEN SICH SELBST
     
    Oh mein Gott, das kann doch nicht sein!
    Sie ließ alles auf den Tresen fallen und griff sich das Schmierblatt, in der entfernten Hoffnung, dass das nur ein dummer Zufall war, nur eine andere von diesen bekloppten Geschichten, die The Light ständig brachte – UFOs, nackte Frauen und Geschichten aus dem Gruselkabinett.
    »Lesen Sie weiter auf Seite 3«, verkündete ein kleiner Text in der unteren rechten Ecke. Ihre

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