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Widersacher-Zyklus 05 - Nightworld

Widersacher-Zyklus 05 - Nightworld

Titel: Widersacher-Zyklus 05 - Nightworld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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Wahnvorstellungen, die ihr in den kontinuierlich leerer werdenden Schädel kamen. Während sie sie aussprach, meinte sie wirklich all die verletzenden Worte, die sie sagte. Und sie schmerzten ihn immer wieder kolossal.
    Oh Magda, meine Magda, was ist aus dir geworden?
    Glaeken schloss die Augen und erinnerte sich an sie, wie sie gewesen war, als sie sich das erste Mal getroffen hatten, 1941. Ihre weichen, ebenmäßigen Gesichtszüge, ihre frische, blasse Haut, das schimmernde, kastanienbraune Haar, die großen dunklen Augen voller Liebe, Zärtlichkeit und Intelligenz. Dieser Liebe, Zärtlichkeit und Intelligenz trauerte er jetzt am meisten hinterher. Auch nachdem ihre körperliche Schönheit verblüht war, hatte er sie weiter geliebt. Sie war immer noch Magda, die Sängerin; Magda, die Dichterin; Magda, die Mandolinenspielerin; Magda, die Wissenschaftlerin, die die Kunst und die Musik und die Literatur so sehr liebte. Ihre Darstellung der Musik der rumänischen Zigeuner, Die Lieder der Roma, galt als Standardwerk und war in den besseren Buchhandlungen immer noch lieferbar.
    Vor drei Jahren begann sie sich davonzuschleichen, infiltriert und unwiederbringlich ersetzt durch diese verrückte, unberechenbare Fremde. Zuerst ließen ihre geistigen Kräfte nach, kurz darauf wurde sie auch körperlich zu einem Pflegefall. Mittlerweile konnte sie aus eigener Kraft das Bett nicht mehr verlassen. In gewisser Weise machte es das leichter, für sie zu sorgen, weil sie jetzt nicht mehr nachts herumgeistern konnte. In der Anfangsphase ihrer Demenz hatte Glaeken sie manchmal unten auf der Straße gefunden, wo sie nach ihrer Lieblingskatze rief, die seit 1962 tot war. Deswegen hatte er abends die Tür verschließen müssen und die Knöpfe am Herd abmontiert, damit sie nicht um zwei Uhr morgens anfing, ›Mittagessen‹ zu kochen.
    Die alte, verdrängte Magda regte sich noch manchmal, in seltenen Momenten. Sie konnte sich nicht mehr daran erinnern, was sie zum Frühstück gegessen hatte – oder ob sie überhaupt gefrühstückt hatte –, aber dann und wann erinnerte sie sich an eine Kleinigkeit aus ihrem gemeinsamen Leben, die dreißig oder vierzig Jahre zurücklag, als sei es gestern gewesen. Aber statt ihn zu trösten, steigerten diese kurzen Verbesserungen in ihrer Demenz Glaekens Verzweiflung nur noch.
    Es war nicht fair.
    Glaeken hatte im Lauf der Jahrtausende so viele Frauen gekannt und geliebt, aber jede dieser Beziehungen war in Verbitterung zu Ende gegangen. Jede dieser Frauen hatte auf ihre Art irgendwann angefangen, ihn zu hassen, weil sie alt wurde und er jung blieb. Schließlich hatte er Magda gefunden, die eine Frau in seinem scheinbar endlosen Leben, mit der zusammen er alt werden durfte. Und sie hatten ein wunderbares Leben zusammen gehabt, eine Liebe, der nicht einmal der Schmerz dieser letzten paar Jahre etwas anhaben konnte.
    Vielleicht war es besser so. Magda würde ihre letzten Tage unbehelligt von den Schrecknissen verleben, die den Rest der Welt heimsuchten. Ihr Körper war so verletzlich wie der aller anderen Menschen, aber ihr Verstand war der Realität entrückt.
    Er sah zu ihr hin und bemerkte, dass sie wieder eingeschlafen war. Das war ihr Muster – ein Vertauschen von Tag und Nacht. Tagsüber machte sie kleine Nickerchen, den größten Teil der Nacht lag sie wach. Selbst mit der Krankenschwester und Bill, die ihm halfen, befand er sich in einem permanenten Erschöpfungszustand. Ihm taten all die unglücklichen Ehepartner von Alzheimerpatienten auf der ganzen Welt leid, die nicht über seine finanziellen Mittel verfügten. Wenn sie nicht gerade eine große Familie hatten, die mithelfen konnte, war ihr Leben ein endloser Albtraum.
    Ein Albtraum … In Kürze würde jeder auf der ganzen Welt wissen, was es hieß, in einem Albtraum zu leben.
    Sanft ließ er Magdas Kopf auf das Kissen zurücksinken und steckte die Bettdecke unter ihr fest. Er würde nicht zulassen, dass der Zerfall ihres Gehirns seine Zuneigung zu ihr beeinträchtigte. Wären die Rollen vertauscht, dann stünde sie an seiner Seite, wenn er sie bräuchte. Dessen war er sich sicher. Und er würde sie ebenso wenig im Stich lassen.
    Den ganzen Morgen hatte er mit sich gerungen, ob er die Öffentlichkeit wegen der Löcher warnen sollte oder nicht. Schließlich hatte er sich dagegen entschieden. Er wollte die Aufmerksamkeit nicht auf sich lenken. Außerdem würde man ihn nur als einen weiteren Weltuntergangspropheten abtun. Und ändern würde es

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