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Widersacher-Zyklus 05 - Nightworld

Widersacher-Zyklus 05 - Nightworld

Titel: Widersacher-Zyklus 05 - Nightworld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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schwieg. Sie wusste, worauf Alan hinauswollte, und sie wollte sich damit nicht befassen. Sie hatte dieses Gespräch gefürchtet, seit sie Glaekens Wohnung verlassen hatten.
    »Rede mit mir, Sylvia. Warum bist du so wütend?«
    »Ich bin nicht wütend.«
    »Du bist angespannt wie eine Stahlfeder.«
    Wieder schwieg sie. Ich bin zwar angespannt, dachte sie, aber das ist keine Wut. Wenn es das doch wäre. Mit Wut kann ich umgehen.
    »Was denkst du, Syl?«, fragte Alan schließlich.
    Warum musste er darauf herumreiten?
    »Worüber?«
    »Über Glaeken. Über das, was er heute Morgen gesagt hat.«
    »Ich hatte nicht viel Zeit, um über etwas nachzudenken, am allerwenigsten über das Geschwafel des alten Irren.«
    »Ich glaube ihm«, sagte Alan. »Und du tust das auch. Ich habe es in deinen Augen gesehen, als du zugehört hast. Ich weiß, wie du guckst, wenn du glaubst, man wolle dir einen Bären aufbinden. In Glaekens Wohnung hast du nicht so dreingesehen. Warum gibst du es nicht einfach zu?«
    »Na gut«, stieß sie zwischen zusammengepressten Lippen hervor. »Ich glaube ihm. Macht dich das glücklich?«
    Sie bedauerte den letzten Satz, kaum dass sie ihn ausgesprochen hatte, aber an Alan schien er einfach abzuperlen.
    »Gut. Jetzt kommen wir voran. Jetzt muss ich dich natürlich fragen: Wenn du ihm glaubst, warum sind wir dann so überstürzt aufgebrochen?«
    »Weil ich ihm nicht traue. Versteh mich da nicht falsch«, fügte sie hastig hinzu, »ich glaube nicht, dass er uns anlügt. Ich glaube, er ist aufrichtig, ich … es ist nur so … ich glaube nicht, dass er die Sache so gut im Griff hat, wie er meint oder wie er es uns glauben machen will.«
    »Vielleicht nicht. Er hat versucht, uns – vor allem dir – etwas zu verkaufen, was niemand von uns so ohne Weiteres akzeptieren kann. Der einzige Grund, dass wir es auch nur in Erwägung ziehen, liegt darin, dass unser Leben bereits von etwas auf den Kopf gestellt worden ist, von dem neunundneunzig Prozent der vernunftbegabten Menschheit behaupten würden, dass es völlig unmöglich ist.
    »Von dem Dat-Tay-Vao.«
    »Ja. Und wenn er sagt, er braucht das Dat-Tay-Vao für den Versuch, diese Löcher wieder zu schließen, um das Kürzerwerden der Tage zu verhindern und die Welt davor zu bewahren, von diesen Monstrositäten der letzten Nacht überrannt zu werden, warum versuchst du dann, Jeffy von ihm fernzuhalten? Jeffy braucht das Dat-Tay-Vao nicht.«
    »Woher weißt du das?«
    »Hat es seinem Träger jemals etwas Gutes getan? Sieh dir Walter Erskine an. Sieh mich an. Erinnerst du dich an die Zeilen des alten Liedes über den, der die Gabe hat? … denn er trägt die Last des Gleichgewichts, das gehalten werden muss.«
    »Aber das Dat-Tay-Vao hat Jeffy keinen Schaden zugefügt.«
    »Nur, weil er es nicht angewendet hat – noch nicht. Er hatte keine Gelegenheit dazu – bisher. Aber was ist, wenn er es herausfindet und beginnt, die Gabe einzusetzen?«
    Jetzt kommt es. Sie spürte, wie sich die Spannung in ihr aufstaute und sie auf einen Punkt zutrieb, wo sie es aussprechen musste.
    »Und was, wenn das Dat-Tay-Vao zu Jeffy eine ganz besondere Beziehung hat? Was, wenn das bei ihm anders ist?«
    Alans verwirrter Blick suchte in ihrem Gesicht nach einer Erklärung. »Ich verstehe nicht …«
    »Was, wenn die Anwesenheit des Dat-Tay-Vao Jeffy so sein lässt, wie er ist?« Sie versuchte, das Zittern aus ihrer Stimme herauszuhalten, aber es wurde schlimmer und verlieh ihren Worten einen schrillen Klang. »Was ist, wenn das der Grund dafür ist, warum er wach ist, ansprechbar, warum er lacht, singt, mit anderen Kindern spielt – warum er das letzte Jahr ein normaler Junge gewesen ist? Alan, was ist, wenn der alte Mann ihm das Dat-Tay-Vao nimmt, für diesen Sender oder was immer das ist, wovon er da geredet hat, und Jeffy dann wieder so wird, wie er gewesen ist, als ich ihn adoptiert habe?« Das Zittern breitete sich von ihrer Stimme über den ganzen Körper aus. Sie bekam das Beben ihrer Hände und ihrer Knie nicht unter Kontrolle. »Was, wenn er wieder zum Autisten wird?«
    Sylvia schlug sich die Hände vors Gesicht, teils um die Tränen zu verbergen, die sie nicht mehr unterdrücken konnte, teils um sie aufzufangen.
    »Gott, Alan, ich schäme mich so!«
    Plötzlich stand jemand neben ihr. Sie fühlte, wie sich ein Paar Arme um sie legte und sie festhielt.
    »Alan! Du stehst ja!«
    »Nicht sehr stabil, fürchte ich. Aber darum geht es nicht. Ich habe dich den ganzen Morgen beobachtet

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