Widerstand zwecklos - Der Liebe erlegen (German Edition)
Männer.
Reglos stand Liz in der offenen Tür ihres Elternhauses und blickte auf das schmiedeeiserne Tor an der Einfahrt. Dass der Sanitäter, der ihr gerade den Arm verbunden hatte, sich von ihr verabschiedete, nahm sie nur am Rande war. Liz nickte kurz und schaute weiter auf das Tor.
Nicht einmal fünf Minuten waren vergangen, dass Gray sich von ihr verabschiedete. Er ließ sie zurück bei ihrem Vater, ihrer Familie. Schloss sie vom weiteren Vorgehen gegen die Geiselnehmer aus, als wäre sie der Situation nicht gewachsen. Das Absurde: Sie war eine TDA, die unzählige und weitaus schwierigere Situationen hatte meistern müssen. Jede einzelne hatte sie mit Bravour bestanden. Und dennoch … sie verstand ihn. Zum ersten Mal verstand sie Grays Angst um sie, um ihre Sicherheit.
Ein Lächeln huschte über Liz’ Gesicht, als sie an John dachte. Zurück von Jennifers Eltern beobachtete sie ihren Bruder und Annie. Die beiden zogen unwillkürlich Liz’ Aufmerksamkeit auf sich.
Wie ein aufgescheuchtes Huhn flatterte John um seine Verlobte herum, ließ sich von ihr versichern, dass alles in Ordnung war. Hakte nach, immer und immer und immer wieder. Tja …, bis Annie die ganze Aufmerksamkeit zu viel wurde. In Tränen brach sie aus, schob ihren Verlobten von sich und flüchtete in die Küche zu Betty.
Der hilflose Ausdruck in Johns Augen war es, der Liz verstehen ließ. Hilflosigkeit und Sorge um die Frau, die ihm alles bedeutete, standen in seinen ausdrucksvollen blauen Augen. Das war der gleiche Ausdruck, der in Grays Augen stand und von tiefen Gefühlen sprach: Der Ausdruck echter Liebe.
Ganz gleich, wie oft Gray ihr in den letzten Wochen versicherte, dass er sie liebte, Liz glaubte, seine Gefühle wären einer Laune entsprungen. Nicht echt. Eine Verliebtheit, die lediglich auf dem körperlichen Aspekt beruhte. Die nicht anhalten würde. Und genau deswegen kämpfte sie gegen ihre eigenen Gefühle an, gestand sie sich nun ein.
Was, wenn ihm irgendwann bewusst wurde, dass sie nicht die Frau seiner Träume war, sie zu viele Fehler hatte, als dass seine Verliebtheit lange anhielt? Und was würde passieren, wenn sie sich ernsthaft in ihren Mann verliebte und seine Gefühle sich veränderten?
Es gab nicht viel, was ihr Angst einzujagen vermochte. Doch sich jemandem vollkommen zu öffnen, ihn zu lieben, gehörte eindeutig dazu. Liebe machte verletzlich, angreifbar. Etwas, was sie nicht sein wollte.
Liz betrachtete ihre Beziehung stets von einer Seite, wurde ihr schließlich klar. Die Schwächen hatte sie gesucht und sich daran festgeklammert, um sich selbst in ihrer Meinung zu bestätigen, dass Gefühle nicht von Dauer sein konnten.
Ein sanftes Lächeln umspielte ihre Lippen, als Liz das Rosenbeet neben der Treppe betrachtete. Ihre Mutter hatte Rosen geliebt, himmlisch duftende Rosen in allen Farbschattierungen. Rosen, die Blumen der Liebe.
Immer hatte Isabell gesagt, Liebe sei das Wichtigste, der Schlüssel zum Glück. Und endlich verstand Liz, was ihre Mutter ihr damals hatte begreiflich machen wollen. Mit einem Mal begriff sie, dass Liebe niemanden schwächer, sondern stärker machte. Oh ja. Sehr viel stärker.
Tief sog Liz den lieblichen Duft der tiefroten Rosen ein und schloss für einen Moment die Augen, ehe sie „Ich liebe dich, Gray!“ wisperte. Da war keine Angst mehr, keine Unsicherheit. Der Fluchtreflex, ihr treuester Begleiter, blieb aus.
„Endlich gestehst du’s dir ein“, murmelte Jennifer und reichte Liz eine Tasse heißen Kaffees. Sie trat neben ihre Freundin, ein mildes Lächeln auf den Lippen, obwohl ihre Augen traurig wirkten.
„Wie lange hast du mich beobachtet?“
„Lange genug, um zu wissen, dass du innerhalb kürzester Zeit ein Wechselbad der Gefühle durchlebt hast.“ Mit einem Seufzen wechselte Jennifer das Thema. „Du weißt, dass sie mehr als sauer sein werden, wenn sie herausfinden, was wir tun, nicht wahr?“
„Natürlich. Doch ich werde mich ganz bestimmt nicht davon abhalten lassen, zu tun, was ich tun muss.“
„Danke für deine Hilfe.“
„Du solltest eigentlich wissen, dass ein Dankeschön nicht nötig ist.“ Liz lächelte ihre Freundin aufmunternd an und nippte an ihrem Kaffee.
„Wie wollen wir vorgehen?“
„Sobald Dad uns nicht mehr mit Argusaugen beobachtet, werden wir ihnen so schnell wie möglich folgen. Sie besprechen sicher noch ihre Vorgehensweise mit Townsend und rufen andere Agenten oder Teams hinzu. Das sollte zwei, maximal drei Stunden dauern,
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