Wie angelt man sich einen Daemon
Tür. Ich musste dringend die Wohnung verlassen, ehe Eric sehen konnte, dass mir diese Geschichte fast das Herz brach.
»Allie«, sagte er mit einer Stimme, die kaum lauter als ein Flüstern war.
Ich drehte mich nicht um, denn ich hätte seinen Blick nicht ertragen. »Du siehst sie täglich in der Schule. Und was die Wahrheit betrifft… Ich weiß nicht. Ich… Ich werde darüber nachdenken müssen, ob sie etwas davon erfahren darf.«
Er trat hinter mich und legte mir eine Hand auf die Schulter. Für einen Moment schloss ich die Augen. »Ich habe niemals aufgehört, dich zu lieben, Kate.«
»Ich weiß«, erwiderte ich mit belegter Stimme. »Ich habe auch niemals aufgehört, dich zu lieben.«
Etwa zur gleichen Zeit, als ich meinem ersten Mann erklärte, dass ich ihn noch immer liebte, stand mein zweiter Mann auf einem Podium und verkündete seine Kandidatur für das Amt des Bezirksstaatsanwalts.
Dummerweise war mir dieser Termin völlig entfallen. Er kam mir erst wieder in den Sinn, nachdem ich Eric verlassen hatte und mich auf dem Weg nach Hause befand. Ein weiterer Punkt auf meiner immer länger werdenden Liste, warum ich unter solchen Schuldgefühlen litt.
Stuart reagierte erstaunlich gelassen. Ich erklärte ihm, dass ich wegen eines Notfalls zu Allie in die High-School hatte rasen müssen und deshalb seine Ankündigung ganz vergessen hatte (nun also auch noch Schuldgefühle aufgrund einer weiteren Lüge). Bei dem Notfall, schwindelte ich, hatte es sich um etwas gehandelt, was allein Mädchen betraf. Diese Lüge, so nahm ich – zurecht – an, würde ihn zumindest davon abhalten, nachzuhaken.
»Ich muss nächste Woche sowieso noch zu ein paar Wahlveranstaltungen«, meinte er, nachdem ich mich etwa zum neunhunderteinundreißigsten Mal bei ihm entschuldigt hatte.
»Ich werde hundertprozentig da sein«, versprach ich ihm, was ihn noch milder stimmte, wenn es auch nicht ganz die Wogen glättete, die sich doch zeigten. Ich wusste, dass Stuart nicht so gelassen war, wie er zu sein vorgab. Denn er erklärte mir am Telefon, dass er an diesem Abend noch viel arbeiten müsse und deshalb wohl erst sehr spät nach Hause käme.
Ich hätte ihn beinahe angefleht, es sich doch noch einmal zu überlegen, da ich in diesem Moment dringend das Gefühl brauchte, von meinem Mann in den Armen gehalten zu werden. Doch wenn ich ganz ehrlich war, kam mir seine Abwesenheit doch auch entgegen. Und dieses Eingeständnis vergrößerte mein schlechtes Gewissen noch einmal um ein Vielfaches.
Es blieb mir jedoch nicht viel Zeit, mir selbst leidzutun. Während Eddie in seinem Sessel vor sich hindöste und Timmy viel zu nahe vor dem Fernseher hockte, rief ich jeden Pfandleiher in der Stadt an, den ich in den Gelben Seiten zu finden vermochte. Falls es ein Schüler gewesen war, der den Ring gestohlen hatte, konnte ich mir kaum vorstellen, dass er vorhatte, dieses hässliche Ding zu tragen. Meine Chancen standen zwar nicht sehr gut, das Schmuckstück auf diese Weise ausfindig zu machen. Aber für den Moment war es das Einzige, was mir einfiel.
Leider brachten die viele Anrufe gar nichts. Keines der Leihhäuser hatte einen Ring angeboten bekommen, der meiner Beschreibung entsprach. Als zum x-ten Male von Timmys Lieblingsfilm Frosty der Abspann lief, entschloss ich mich, entweder aufzugeben oder meine Suche auf die Pfandhäuser in den umliegenden Landkreisen auszuweiten.
»Was gibt es zum Abendessen?«, wollte Allie wissen, als sie aus Stuarts Arbeitszimmer kam, wo sie seit etwa einer Stunde vor seinem Computer gesessen und nach Andramelech und anderen Dämonenthemen gesucht hatte.
»Was du willst«, erwiderte ich. »Möchtest du vielleicht Pizza bestellen?«
»An einem Mittwoch?« Sie legte den Kopf zur Seite und sah mich überrascht an. »Warum?«
Ich zeigte auf das Telefonbuch und erklärte ihr, womit ich beschäftigt gewesen war. »Wie wäre es, wenn du eine Liste mit den Namen all der Schüler erstellst, die zur gleichen Zeit wie du Sportunterricht hatten? Dann umkringelst du jeden, von dem du glaubst, dass er zu einem solchen Diebstahl fähig wäre.«
»Okay. Mach ich.« Sie trat von einem Fuß auf den anderen.
»Was?«
»Du hast doch gesagt, dass ich eine Stunde lang im Internet recherchieren kann und dann meine Hausaufgaben machen muss.«
»Ja, das habe ich.«
Sie rollte mit den Augen. »Mami, jetzt ist schon eine Stunde vergangen. Wenn ich jetzt auch noch diese Liste für dich schreibe, dann muss die Algebra warten.
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