Wie angelt man sich einen Earl
selbst kostete.
Also zwang Angel sich einmal mehr zum Lächeln, und diesmal fiel es ihr sogar leicht. Dann griff sie nach Rafes Hand, als hätte sie jedes Recht dazu – was wohl auch so war. Zumindest, solange ihr Deal galt. Seinen harten Blick und ihr wild klopfendes Herz ignorierend, zwinkerte sie ihm vertraulich zu und wies mit dem Kinn auf die Urkunde.
„Jetzt schau dir das bloß an!“, forderte sie ihn auf. „Ich bin eine echte Countess!“
5. KAPITEL
„Deine Sachen sind zusammengepackt und bereits aus deinem Apartment geräumt worden“, informierte Rafe sie in seiner ruppigen Art und unterbrach damit das lastende Schweigen zwischen ihnen. „Wie geplant.“
Der breite Lederrücksitz im silbernen Sedan schien deutlich geschrumpft zu sein, seit Rafe in der Luxuslimousine Platz genommen hatte. Obwohl er sich nicht rührte, kam es Angel so vor, als würde er den gesamten Raum und die Luft zum Atmen allein für sich beanspruchen. Sein eindringlich forschender Blick war wie eine körperliche Berührung.
Sie schluckte trocken, während die Endgültigkeit hinter den dürren Worten langsam in ihr Bewusstsein drang. „Wundervoll …“, murmelte sie, zwang sich zum inzwischen obligatorischen Lächeln und versuchte, eine bequem wirkende Haltung einzunehmen. Wie sonst sollte man vorgeben, keine Panik zu empfinden, wenn so weltbewegende Dinge wie Hochzeit und Wohnungsaufgabe pragmatisch abgehandelt wurden wie ganz normale Geschäftstermine.
„Ich selbst bin noch nie auch nur über Nacht verreist, ohne nicht wenigstens ein bis zwei Packtage dafür zu brauchen“, verriet sie ihrem Gatten, um die Spannung zwischen ihnen ein wenig aufzulockern. „Nie hätte ich gedacht, so etwas könnte einfach passieren , während ich etwas ganz anderes tue. Stimmt also doch, dass Reichtum alles etwas einfacher macht, oder nicht?“
„Er hat seine Vorteile“, gab Rafe mit geisterhaftem Lächeln zu. „Immerhin hat er mir dich zum Geschenk gemacht, nicht wahr?“ Der Sarkasmus in seiner dunklen Stimme war nicht zu überhören.
„Lieber Himmel, Lord Pembroke ! Ihnen ist doch nicht die Hochzeitszeremonie zu Kopf gestiegen?“, neckte Angel. „Halten Sie dies hier vielleicht für eine Romanze?“
In seinen grauen Augen blitzte es auf, gefährlich und verlangend. Als er sich leicht vorbeugte, kam sie ihm instinktiv entgegen. Doch bevor sich Angel auch nur Rechenschaft über ihr Tun abgegeben konnte, klingelte Rafes Handy, und er zuckte zurück wie unter einem Hieb.
Angel lehnte sich in den weichen Ledersitz zurück und redete sich ein, erleichtert zu sein. Lügnerin! wisperte die kleine Stimme in ihrem Hinterkopf. Überleg dir lieber, wie du eine derart verräterische Reaktion beim nächsten Mal verhindern kannst.
Es gab kein Happy End für sie, jedenfalls nicht im klassischen Sinn. Wenn sie Glück hatten, würden sie zu einer harmonischen Union finden, möglicherweise sogar ein freundschaftliches Miteinander. Mehr konnte sie kaum erwarten.
Rafe führte sein Telefonat konzentriert, sprach in kurzen knappen Sätzen, auf die Angel nicht achtete, um sich selbst weiter Mut zuzusprechen. Alles wird gut! sagte sie sich immer wieder als Mantra, während Londons Straßen an ihr vorbeizogen.
Warum ihr plötzlich Rafes Warnung in den Sinn kam, er sei kein moderner Mann und keineswegs so tolerant, wie sie es von sich behauptete, wusste Angel selbst nicht. Aber eigentlich hatte es auch nichts zu sagen, da er ein wichtiger Mann und geschäftlich enorm eingebunden war, wie das aktuelle Telefonat bewies. Und da er ihr ein Konto mit einem ausgesprochen großzügigen Kreditrahmen eingerichtet hatte, konnte sie sich in London durchaus eigenständig bewegen.
Schluss mit der Suche nach möglichst lukrativen Jobs, um die nächste Miete bezahlen zu können. Die Zeiten waren vorbei. Endlich konnte sie mit ihrer goldenen Kreditkarte in der Hand die nobelsten Designerboutiquen entern, im Harvey Nicks ein und aus gehen und sich um nichts weiter Gedanken machen als ihr Outfit zum nächsten Lunch Date.
Sie könnte sogar eine feste Größe in Londoner Charity-Kreisen werden, diesen oder jenen Wohltätigkeitsball veranstalten, fabelhafte Abendroben und funkelnde Juwelen tragen und aufdringlichen Paparazzi gegenüber vollmundige Plattitüden über ihre philanthropischen Aktivitäten von sich geben.
Sie war zwar neureich, hatte aber einen altehrwürdigen Stammbaum geheiratet. Also konnte sie das Leben führen, von dem sie immer geträumt hatte –
Weitere Kostenlose Bücher