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Wie ausgewechselt

Wie ausgewechselt

Titel: Wie ausgewechselt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudi Assauer , Patrick Strasser
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nach Gelsenkirchen. Das Stadion war wie immer gerappelt voll. Warm war es, richtig heiß. Nach 35 Minuten führten wir Borussen auf Schalke sensationell mit 6 : 0. Das war für mich als junger Bursche das vierte oder fünfte Spiel in der Saison. Bei den Schalkern hat mein Idol Stan Libuda gespielt, Willi Schulz, Egon Horst, Friedel Rausch, Hannes Becher, ’ne richtig gute Mannschaft, nicht irgend so ein Klüngelverein. Aber nicht allein deshalb ist mir dieses Spiel so gut in Erinnerung geblieben. In der Halbzeitpause kam unser Spielobmann Heinz Storck, dem gehörte ein großes Möbelhaus, mit Sektpullen in die Kabine. Ich dachte, was ist denn hier los? Storck sagte: ›Kommt, Jungs, 6 : 0 – da könnt ihr schon mal ’nen Kleinen darauf nehmen.‹ Und dann wurde tatsächlich in der Pause ein bisschen Sekt getrunken. Wir haben das Ding mit 6 : 2 nach Hause geschaukelt oder besser: geschunkelt. Das muss man sich mal vorstellen! Heutzutage undenkbar.«
    In der zweiten Saison nach Assauers Abschied steigt Borussia Dortmund 1972 in die Zweite Liga ab. Den Erfolg von 1966 hat man teuer bezahlen müssen.

5. Meine Jahre in Grün-Weiß
    »Zeitzeuge beim Pfostenbruch«
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    »Der Wechsel von Dortmund nach Bremen 1970 brachte für mich eine gewaltige Umstellung – ein kleiner Kulturschock. Als Kind des Ruhrpotts war ich andere Lebensverhältnisse, andere Menschen, einen anderen Umgang, eine andere Art zu sprechen gewohnt. Bremen besaß eine ganz andere Ausstrahlung, die Leute haben dort auf alles geachtet, die Stadt war gepflegt, alles sehr sauber. Fußball war dort nicht so der absolute Renner. Wenn du da ein Loch gegraben, Wasser reingelassen und ein Bötchen draufgesetzt hast, sind die Leute lieber dort hingegangen. Im Ruhrgebiet gab’s nichts anderes als Fußball. Anfang der 70er-Jahre kamen maximal 15 000 bis 20 000 Zuschauer ins Bremer Weserstadion. In der Roten Erde in Dortmund war die Hütte immer gerammelt voll, meist mit mehr als 40 000 Fans. In all den Jahren haben wir mit Werder leider eher unten als oben gespielt in der Tabelle der Bundesliga – doch alles in allem war’s ’ne schöne Zeit. Ein bisschen Bremen steckt immer noch in mir.«
    Das Debüt für seinen neuen Verein feiert Assauer unter Trainer Robert Gebhardt bei einem Heimspiel, es endet glanzlos 1 : 1 gegen den 1. FC Köln. Sieben Spiele bleiben die Bremer vom Saisonstart weg ohne Erfolg, erst Anfang Oktober können sie den ersten Sieg feiern mit 2 : 0 bei Eintracht Frankfurt – allerdings ohne den verletzt fehlenden Assauer. Auf dessen ersten Treffer müssen die Werder-Fans lange warten. Als Abwehrspieler eingesetzt, trifft der mittlerweile 27-Jährige erst kurz vor Saisonende am 8. Mai 1971 beim 4 : 1 gegen Arminia Bielefeld. Am Ende der Saison landet Werder auf Platz zehn, im DFB-Pokal verabschiedet man sich bereits in der ersten Runde durch ein 1 : 3 bei Fortuna Düsseldorf.
    Mit seinen sechs Bundesliga-Spielzeiten zuvor beim BVB gilt Assauer als erfahrener Spieler. Auch in Bremen versucht er rasch, sich in der ­Hierarchie des Kaders nach oben zu arbeiten. Ein Mitläufer zu sein ist seine Sache nicht, er will seine Note einbringen. Bernd Brexendorf bekommt als Teenager mit, wie Assauer sich in Bremen einlebt und einbringt. »Als Jugendnationalspieler durfte ich schon mit 16 Jahren bei den Profis mittrainieren. Ich habe mit Ehrfurcht zu den Älteren aufgeschaut. Was Rudi anging, habe ich schnell gespürt: Er war eine Persönlichkeit, später wurde er ja der Kopf der Mannschaft, der Kapitän trotz eines Horst-Dieter Höttges, der das Werder-Aushängeschild war.«
    Mittelfeldspieler Brexendorf freut sich über die Hilfe des alten Hasen aus dem Ruhrpott. »Assauer war sehr herzlich, hat alle gleich behandelt – ob einen alten Recken oder einen blutjungen Kerl wie mich. Er hatte keine Starallüren, sprach mit jedem, stellte Fragen: Woher kommst du? Was bist du für ein Typ? Er war auch sehr hilfreich, gab Tipps. Aber immer im üblichen Fußballerton, sehr direkt: ›Ja, bist du denn bekloppt? Was spielst du denn für einen Scheiß?‹ oder auch mal: ›Gut so, Junge, weiter so!‹ Andere Spieler dagegen haben sich nicht so sehr um die Jungen gekümmert.«
    Schon in seiner ersten Werder-Saison erlebt Assauer eines der kuriosesten Spiele der Bundesligageschichte. Am 27. Spieltag muss er mit den Bremern auf dem Bökelberg bei Borussia Mönchengladbach antreten. Eine Begegnung, an die sich

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