Wie ausgewechselt
›Wie kannst du nur!‹ Mit seiner verrauchten Stimme und seiner Art kommt er immer sehr hart rüber. Das alles hätte ich mir gut für Schalke vorstellen können. Mit van Gaal war in den Gesprächen eigentlich schon alles klar, er hätte sogar in seiner Heimat wohnen bleiben und täglich nach Gelsenkirchen pendeln können. Doch irgendwie scheute er den Job bei Schalke. Er glaubte, wir hätten uns mit der Arena verausgabt und könnten nicht in Neuzugänge investieren. Na ja, die Bayern hatten ja später ihren Spaß mit ihm.«
Heynckes führt die Schalker zu Beginn der Saison 2003/04 über drei UI-Cup-Runden doch noch in den UEFA-Cup, dort ist dann aber in der zweiten Runde gegen Bröndby Kopenhagen Feierabend. Der Glanz der Eurofighter verblasst endgültig. Im Pokal kommt das Aus ebenfalls früh, ebenfalls in der zweiten Runde. Und in der Bundesliga stagniert man im Mittelmaß, wird Siebter. Das Klima zwischen Assauer und Heynckes verschlechtert sich von Woche zu Woche, dennoch hofft man in der Saison 2004/05 auf eine professionellere Zusammenarbeit. Wieder gelingt über drei K.-o.-Runden im UI-Cup der Einzug in den UEFA-Pokal. Nach drei Niederlagen aus den ersten vier Bundesligaspielen muss Heynckes dann, damals 59 Jahre alt, gehen. Das Fass zum Überlaufen bringt ein 0 : 3 in Wolfsburg. Assauer entlässt daraufhin Heynckes.
»Für Heynckes hatte ich damals im Affekt nur hämische Worte übrig: Der Jupp ist ein Fußballer der alten Schule, aber wir haben 2004.«
Für zwei Wochen wird der Niederländer Eddy Achterberg Übergangstrainer, bevor Ralf Rangnick am 28. September 2004 übernimmt und dem Verein die erfolgreichste Zeit seit Huub Stevens beschert. Während der Pressekonferenz zur Vorstellung des neuen Trainers rutscht Assauer ein ›Rolf‹ anstelle des Vornamens Ralf heraus.
»Ich wollte mich entschuldigen, doch die Reaktion auf meinen Spruch ›Es gibt so viele Trainer, die kommen und gehen. Irgendwann vergisst du mal die Vornamen‹ fiel heftig aus.«
Rangnick stabilisiert die Mannschaft, die auf Rang 17 steht, als er das Erbe von Heynckes antritt. Der Trainer mit dem Spitznamen »Fußballprofessor« führt die Königsblauen in die Spitzengruppe, am 25. Spieltag steht die Truppe sogar ganz oben auf Platz eins. Am Ende wird Schalke Vizemeister hinter dem souveränen FC Bayern. Im DFB-Pokal erreicht man das Finale von Berlin, aber auch da sind die Bayern zu stark – 1 : 2. Ein Teilerfolg ist das Überwintern im UEFA-Cup, erst gegen Schachtar Donezk kommt das Aus im Februar 2005.
Wie unter Jupp Heynckes kommt die Krise auch bei Ralf Rangnick im zweiten Jahr – und das, obwohl der Trainer für den ersten Nachtrag auf dem Briefkopf des Vereins seit drei Jahren sorgen kann. Im Sommer 2005 sichert man sich durch ein 1 : 0 gegen den VfB Stuttgart den Ligapokal. Die Differenzen zwischen Assauer und Rangnick nehmen stetig zu, obwohl es sportlich ordentlich läuft. In der Liga nie schlechter als Rang sechs und immer in Reichweite der Champions-League-Plätze – und dennoch wird der Graben immer tiefer. Das 0 : 6 in der zweiten Pokalrunde bei Eintracht Frankfurt ist eine Schmach, dagegen verläuft die Vorrunde in der Champions League in einer Gruppe mit Eindhoven, Fenerbahce Istanbul und dem AC Mailand eher unglücklich. Man scheidet aus. Die Situation eskaliert im Dezember, als Rangnick aufgrund der Differenzen über Arbeitsstil und Trainingsmethoden seinen Abschied zum Saisonende im Sommer 2006 verkündet. Der Coach begründet seinen Schritt so: »Es war von Anfang an schwierig, nach außen glaubhaft zu machen, dass wir gut zusammenarbeiten können – der Professor Rangnick und der volksnahe Rudi Assauer, der Junge aus dem Ruhrgebiet.« Bereits vor dem 1 : 0 gegen Mainz am 10. Dezember lässt sich der 47-Jährige von den Fans in der Veltins-Arena auf einer denkwürdigen Ehrenrunde feiern. Die Vereinsführung ist brüskiert, weil Rangnick damit die Bosse zu den bösen Buben macht. Eine Ehrenrunde eines Trainers, der von sich aus ein halbes Jahr später Schluss machen will und dem nun öffentlich gehuldigt wird, kann man sich nicht gefallen lassen. »Wenn ich könnte, würde ich es rückgängig machen«, sagt Rangnick am Tag darauf, »aber ich konnte nicht anders, da ich mich bei den Fans bedanken wollte. Ich kann verstehen, dass einige Spieler und der Vorstand das als Provokation aufgefasst haben, aber für mich war das eine absolut emotionale Ausnahmesituation.«
Für Assauer ist dies eine reine
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