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Wie Blueten Am Fluss

Wie Blueten Am Fluss

Titel: Wie Blueten Am Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
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Traum wäre mir eingefallen, daß ich schon bald der Feindseligkeit und
    Brutalität anderer Menschen ausgeliefert sein könnte, die die Macht und die Autorität besaßen, über
    mich zu bestimmen, oder daß man mich in ein Leben stürzen würde, das mir vollkommen fremd war.
    Ich habe, seit der Häscher mich entführt hat, so manch harte Lektion gelernt, Mr. Thornton. Aber mir
    ist dabei auch klargeworden, daß ich über eine Menge Kraft und Energie verfüge. So Gott will, werde
    ich diese sieben Jahre, die vor mir liegen, zu meinem Besten nutzen.«
    Gage ließ sie ein winziges Lächeln sehen. »Ich denke, daß du dich seit gestern bereits ein wenig
    verändert hast.«
    Shemaine errötete, denn ihr ging auf, daß sie vielleicht ein wenig zu sehr mit ihrer Kraft und Ausdauer geprahlt hatte. »Mir ist durchaus klar, Mr. Thornton, daß jeder Nutzen, den ich aus meinen Dienstjahren bei Ihnen vielleicht ziehen werde, seinen Hauptgrund in Ihrer Geduld mit meinen
    Mängeln finden wird. Ich weiß, daß ich noch sehr viel lernen muß, aber wenn Sie mir die Zeit dazu
    geben, werde ich meine Fehler zu überwinden suchen.«
    »Du bist ein viel größerer Segen für Andrew und mich, als du selber weißt, Shemaine«, sagte Gage
    mit einer großzügig bemessenen Portion Ehrlichkeit. »Du bist so erfrischend wie ein Frühlingsregen
    nach einem harten Winter. Gerade in diesem Augenblick bin ich viel zu sehr damit beschäftigt, mich
    über deine Vorzüge zu freuen, um zu bemerken, ob du überhaupt irgendwelche Mängel hast.«
    Shemaine lächelte und fühlte sich angenehm beschwichtigt. »Wenn wir nicht zu spät nach Hause
    kommen, haben Sie und Andrew vielleicht Lust, noch ein wenig von der Senfpastete zu kosten, bevor
    Sie sich zurückziehen. Ich habe sie heute morgen extra für Sie und Andrew zubereitet.«
    Eine Lampe in ihrer Nähe warf einen goldenen Schimmer über Gages Gesicht und verlieh seinen
    vornehmen Zügen den Glanz von sorgsam poliertem Messing. Shemaine hatte das Gefühl, als
    betrachte sie die Statue eines sagenumwobenen Gottes, der lebendig
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    geworden war. Dasselbe Licht ließ seine braunen Augen in einem intensiven durchscheinenden
    Bernsteinton erglühen. Sie konnte nur andächtig staunen, wie schön diese Augen waren. Aber es war
    wohl eher das sanfte Strahlen seines Lächelns, das in ihrem Herzen eine seltsame lebendige Wärme
    entfachte.
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    8 Kapitel
    Als sie die Taverne verließen, hatte sich die Nacht über das Dorf gesenkt, aber aus Süden kam nun ein
    milderer Wind. Sein warmer Duft berauschte Shemaine, die vor nicht allzu vielen Tagen kaum mehr
    zu hoffen gewagt hatte, jemals wieder frische Luft genießen zu dürfen. Ohne Zögern ließ sie sich von
    Gage auf den Sitz der Kutsche helfen und nahm dann seinen schläfrigen Sohn auf den Schoß.
    Währenddessen band Gage das Pferd los. Dabei stieß er einen leisen Fluch aus, der sie besorgt
    aufblicken ließ.
    »Stimmt irgend etwas nicht?«
    »Die Stute hat ein Hufeisen verloren.« Gage knirschte mit den Zähnen, denn er wußte nur allzugut,
    was das bedeutete. Er seufzte nachdenklich. »Ich fürchte, es hilft alles nichts. Wir werden den Corbins einen Besuch abstatten müssen, bevor wir nach Hause fahren können.«
    Shemaine schauderte bei dem Gedanken, abermals mit Roxanne zu tun zu bekommen, aber sie sagte
    nichts, denn Gage gingen offensichtlich bereits ähnliche Bedenken durch den Kopf. »Sollen wir
    absteigen, damit Sie das Pferd abschirren können?«
    »Für den Augenblick könnt ihr bleiben, wo ihr seid. Ich führe die Stute zum Schmied und schirre dort
    ab.«
    Als sie schließlich an der Schmiede am anderen Ende des Weilers angelangt waren, half Gage
    Shemaine abzusteigen und legte ihr Andrew wieder in die Arme. Dann spannte er die Stute ab und
    führte das Tier in einen Schuppen, in dem noch immer die flammende Hitze aus einer steinernen Esse
    spürbar war.
    Ein großer Mann mit einem gewaltigen Bauch kam, auf eine provisorische Krücke gestützt, aus dem
    Haupteingang der Holzhütte gehumpelt. Vorsichtig vermied er es, mit dem gebrochenen und
    geschienten Bein aufzutreten. Mit zusammengekniffenen Augen
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    spähte er in die nächtliche Dunkelheit, die die Besucher umgab, und verlangte mit schroffer Stimme zu
    wissen: »Wer ist da draußen?«
    »Ich bin es, Gage Thornton, Mr. Corbin. Mein Pferd hat ein Hufeisen verloren.«
    Hugh Corbin reagierte mit einem lauten, wütenden Schnauben. »Es ist schon verdammt spät in der
    Nacht, um mit einem

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