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Wie Blueten Am Fluss

Wie Blueten Am Fluss

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zuleide tut? Dieser Mr. Myers?«
    Gage blickte in die besorgten Augen seiner Vertragsarbeiterin.
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    »Ich weiß es nicht, Shemaine, aber wenn du möchtest, kann ich mich bei einigen Dorfbewohnern, die
    den Mann besser kennen, nach seinem Charakter erkundigen.«
    »Da wäre ich Ihnen sehr dankbar, Mr. Thornton. Annie ist in so vieler Hinsicht schon verletzt worden,
    daß ich mir so sehr wünsche, sie fände eine Arbeit, die ihr gefällt, und könnte dem Leben wieder ein
    wenig Freude abgewinnen.«
    »Ich werde sehen, was ich herausfinden kann.«
    Ein Schankmädchen trat an ihren Tisch und leierte gelangweilt das Speisenangebot herunter. »Wir
    haben Burgoo und Biskuits. Die können Sie bestellen oder auch nicht.«
    »Wir bestellen sie«, erklärte Gage und zeigte dann auf Andrew. »Für den Jungen eine kleinere
    Portion.«
    »Burgoo und Biskuits?« wiederholte Shemaine verwirrt, nachdem die Frau gegangen war. Sie hatte in
    dem dumpfen Loch an Bord der London Pride einige harte Biskuits zu knabbern bekommen, aber das Wort Burgoo sagte ihr überhaupt nichts.
    Gage antwortete mit einem gleichgültigen Achselzucken. »Burgoo ist ein Eintopf aus verschiedenen
    Sorten Fleisch und Gemüsen. Biskuits sind eine Art Brot, die wir hier essen... entschieden besser als
    die Seezwiebäcke, mit denen du dich unterwegs vielleicht abfinden mußtest.«
    Wenig später kam auch schon das Essen; jeder bekam einen eigenen Teller mit Eintopf und alle
    zusammen eine große Platte mit Zwieback. Shemaine folgte Gages Beispiel, der Andrews Brot mit
    Butter bestrich. Auf sein Drängen hin kostete sie dann schließlich einen Bissen und stellte zu ihrem
    großen Erstaunen fest, daß die Zwiebäcke köstlich waren.
    Gage lächelte und bemerkte, wie hell ihre Augen leuchteten, wenn sie sich freute. Erwartungsvoll sah
    er zu, wie sie vorsichtig den Eintopf probierte. »Gut?« Shemaine nickte hingebungsvoll.
    »O ja!«
    »Gut, Papa«, stimmte auch Andrew mit breitem Grinsen zu.
    Gage warf dem Mädchen einen fragenden Blick zu und brachte ein schiefes Feixen zustande. »Dann
    verzeihst du mir also, daß ich dich hierhergebracht habe?«
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    Shemaine konnte nur staunen, daß ein Herr über das Wohlergehen seines Sklaven auch nur
    nachdachte. »Da gibt es nichts zu verzeihen, Mr. Thornton. Sie sind nicht für die Anschuldigungen
    anderer Leute verantwortlich. Sie können Morrisa oder Mr. Harper genausowenig befehlen, wie sie
    der Sonne auftragen könnten, ihren Lauf in diese oder jene Richtung zu ändern.«
    »Ich habe, gelinde gesagt, das Schicksal herausgefordert, indem ich dich hierherbrachte. Die Matrosen
    kommen nun schon seit etlichen Jahren aus den verschiedensten Gründen in diese Taverne.«
    Nach den langen Wochen in Morrisas Gesellschaft konnte Shemaine sich sehr gut vorstellen, welches
    diese Gründe waren. »Sie haben mir die Gelegenheit gegeben, gegen den Besuch dieser Taverne zu
    protestieren. Aber ich muß Ihnen sagen, Sir, daß ich auf der London Pride wahrhaftig weit
    Schlimmeres gesehen und gehört habe, als es mir heute abend hier aufgefallen wäre. Wenn ich vor
    meiner Verhaftung wenig über das Leben wußte, Mr. Thornton, so habe ich doch im Laufe dieser
    schlimmen Monate manches dazugelernt, auch wenn ich vieles davon lieber vergessen würde. Ich
    versichere Ihnen, ich bin nicht aus Zuckerwatte. Ich werde auch nicht in der Sekunde, in der ich mich
    irgendwelchen Widrigkeiten des Schicksals gegenübersehe, in tausend Stücke zerbrechen. Wenn ich
    so zerbrechlich wäre, säße ich wohl nicht mehr hier. Wahrscheinlich wäre ich schon lange, bevor das
    Schiff jemals sicheren Hafen erreichte, Mrs. Fitchs Strafen oder Morrisas Gemeinheiten zum Opfer
    gefallen.«
    »Es ist gut, das zu wissen, Shemaine«, sagte Gage, »denn dieses Land ist hart und manchmal ziemlich
    rauh. Die Schwachen haben es schwer, hier zu überleben. Manchmal sind die Härten, denen wir hier
    ausgesetzt sind, schier überwältigend und können selbst einen kräftigen und entschlossenen Menschen
    brechen, wenn er nicht bereit ist, den Herausforderungen der Wildnis zu trotzen. Es ist jedenfalls sehr hilfreich, widerstandsfähig zu sein.«
    »Während ich im sicheren Schutz meines Elternhauses aufwuchs, hätte ich mir niemals vorstellen
    können, daß einmal ein Tag käme, da ich irgendwelchen Unbilden die Stirn würde bieten müs—
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    sen«, überlegte Shemaine laut. »Vor meiner Verhaftung schien es mir bestimmt zu sein, Marquise zu
    werden. Nicht einmal im

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