Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wie Blueten Am Fluss

Wie Blueten Am Fluss

Titel: Wie Blueten Am Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
hatte sogar
    zusätzliche Matratzen in allen verfügbaren Räumen und Fluren ausgelegt, um den Gästen zumindest
    ein Dach über dem Kopf zu geben. Wenn er sich nicht an die bereits getroffenen Vereinbarungen
    hielte, würden diese Besucher gewiß über ihn herfallen, um ihn in Stücke zu reißen.
    »Sie könnten's mal in der Taverne versuchen«, schlug er dann vor. »Die haben da auch Zimmer zu
    vermieten - falls sie eins finden können, das gerade nicht von Freidas Mädchen und ihren Kunden
    benutzt wird. Heutzutage servieren die Köche in der Taverne besseres Essen als wir hier. Davon
    abgesehen haben Sie keine große Wahl mehr, es sei denn, eine der Familien aus dem Dorf würde
    Ihnen privat ein Zimmer vermieten. Aber am besten versuchen Sie es erst mal in der Taverne.«
    »Vielen Dank, das werde ich tun«, antwortete Edith barsch. Dann wandte sie sich arrogant ab, legte
    eine knochige Hand auf den Silberknauf ihres Gehstocks und verließ das schäbige Gasthaus mit
    energischen Schritten. Sie war überaus dankbar, daß es eine Alternative im Dorf gab, denn Staub und
    Schmutz waren ihr zutiefst verhaßt, und es stand ohne Zweifel fest, daß das Gasthaus einer dringenden
    Reinigung bedurfte.
    Edith blieb stehen, um sich mit einem Spitzentaschentuch den Schweiß vom Gesicht zu tupfen. Ihr
    schwarzes Seidenkleid schien die Hitze der Sonne förmlich zu speichern, und obwohl ihr kostbares
    Häubchen ihr Gesicht beschattete, machte seine ebenfalls schwarze Farbe es schier unerträglich.
    Wahrhaftig, wenn sie im Augenblick ihren Enkel in Reichweite gehabt hätte, hätte sie ihm gehörig die
    Leviten gelesen, daß er sie solcher Mühsal aussetzte, und das alles nur wegen dieser hübschen, kleinen Larve, die loszuwerden sie sich so sehr bemüht hatte.
    Die versprochene große Belohnung für denjenigen, der ihr einen Beweis für das Ableben der kleinen
    Schlampe lieferte, hatte ihr nichts eingetragen als Ärger. Zahllose Termine bei ihrem Anwalt,
    verstohlene Kutschfahrten nach Newgate mitten in der Nacht und heimliche Treffen auf der Straße
    draußen vor dem Gefängnis mit diesem widerlich stinkenden Schließer hatten sich als absolut nutz—
    535
    los erwiesen. Nachdem sie vom Auslaufen des Sträflingsschiffs erfahren hatte, hatte sie dennoch nicht
    die Hoffnung auf eine Ermordung aufgegeben. Der Mann, dem es nicht gelungen war, das irische
    Frauenzimmer zu erwürgen, hatte sich schließlich der Hilfe einer Gefangenen an Bord des
    betreffenden Schiffs versichert. Aber dann kam die Nachricht, daß Maurice auf dem Weg nach
    Virginia war, und Edith hatte sofort gewußt, daß sie ihm unbedingt folgen mußte. Sie durfte einfach
    nicht riskieren, daß ihr Enkel seine Angebetete lebendig vorfand und nach England zurückbrachte. All
    ihre Mühen wären dann umsonst gewesen!
    Sie hatte Glück gehabt, daß günstige Winde die Segel der Moonracer gebläht und sie nur einen Tag, nachdem Maurice' Schiff vor Anker gegangen war, in den Hafen gebracht hatte. Ihre Ankunft zur rechten Zeit weckte in ihr die Hoffnung, daß sie die Sache endgültig und heimlich regeln konnte,
    bevor ihr Enkel auch nur von ihrer Anwesenheit erfuhr.
    Die Befragung eines Einheimischen in der Nähe des Hafens hatte Edith die Information eingetragen,
    daß Shemaine O'Hearn nicht nur lebendig war, sondern sich offensichtlich bester Gesundheit erfreute
    und mit irgendeinem hinterwäldlerischen Siedler lebte, der genug Münzen zusammengekratzt hatte,
    um sie zu kaufen. Aber die Frau, die ihr all das erzählt hatte, schien bemerkenswert zu schwanken
    zwischen eifrig hervorgesprudelten Berichten, denen dann nervöse Zurückhaltung folgte, als habe sie
    Angst, beobachtet zu werden und überhaupt irgend etwas zu sagen. Mrs. Pettycomb war gewiß das
    merkwürdigste Geschöpf, das ihr je untergekommen war. Der größte Teil ihres Geschwätzes war
    genau das gewesen, nämlich Geschwätz und absolut nutzlos. Außerdem behielt Edith im Gedächtnis,
    daß dies ein Land war, in dem Sträflinge hausten und der Abschaum eines jeden Landes, den ein
    Kapitän auftreiben konnte, um diese Subjekte hierher zu transportieren; sie durfte also nicht allzuviel von den Bewohnern dieser Kolonie erwarten. Maurice' Bemühungen, dem Export von Straftätern Einhalt zu gebieten, hatten niemals ihre Billigung gefunden, denn die Wildnis schien der beste Ort zu
    sein, um dieses Gesindel loszuwerden.
    Oh, stöhnte Edith bei sich, warum konnte diese widerliche Krea—
    536
    tur nicht sterben und

Weitere Kostenlose Bücher