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Wie Blueten Am Fluss

Wie Blueten Am Fluss

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sie
    geschockt auf Potts hinabstarrte. »Du hättest nicht versuchen sollen, meinen Mann zu töten!«
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    Shemaine biß die Zähne zusammen, damit sie ihr nicht aufeinanderschlugen und unternahm den
    tapferen Versuch, ihr heftiges Zittern zu unterdrücken, aber ihre Selbstbeherrschung würde nicht lange halten. Es war das zweite Mal, daß sie gezwungen gewesen war, einen Menschen zu erschießen, um das Leben ihres Mannes zu retten. Diesmal gefiel es ihr genausowenig wie beim ersten Mal.
    Potts richtete schwerfällig seine Pistole auf sie, aber Gage warf sich auf den Mann und riß seinen Arm nach oben. Das ohrenbetäubende Krachen der explodierenden Waffe schien über den Fluß zu hallen, so daß die Wasservögel erschreckt kreischend in alle Richtungen flogen. Gage rammte dem Seemann
    die Faust in das breite Gesicht, und Potts rutschte rückwärts quer über die Planken und hinterließ eine breite Blutspur auf dem Holz. Der Matrose versuchte, sich aufzurichten, aber die heftigen Bewegungen beschleunigten nur den Strom des Blutes, der aus seiner Wunde quoll. Verdrossen und
    als sei er über alle Maßen erschöpft, fiel sein Kopf auf das Deck, und er starrte zum rosafarbenen
    Himmel empor, unter dem eine Schar Vögel hinwegzog. Müde schloß er die Augen und hauchte mit
    einem heiseren Seufzen sein Leben aus.
    Ein Ruf aus der Hütte zog Gages Aufmerksamkeit auf sich, und er eilte auf die gegenüberliegende
    Seite des Schiffes. William, Bess und Andrew standen auf der Veranda. Gage schwenkte den Arm
    hoch über dem Kopf, um seinem Vater zu signalisieren, daß sie in Sicherheit waren. Daraufhin kehrten
    die drei in die Hütte zurück.
    Gage eilte zu seiner jetzt völlig aufgelösten Frau, nahm sie in die Arme, küßte ihr Haar und versuchte, ihren Schock zu lindern. »Was hat dich auf den Gedanken gebracht, mit einer Pistole hierher zu kommen, meine Liebste?«
    »Ich habe Potts vom Eingang der Hütte aus gesehen«, brachte Shemaine mit dünner Stimme heraus.
    Sie hatte gerade gehen wollen, als sie die allzu vertraute, breite Gestalt über die Lichtung auf das
    Schiff hatte zuschleichen sehen. »Aber wie kommt es, daß du mich gesehen hast? Ich dachte, ich wäre
    so vorsichtig gewesen, als ich mich die Helling hinaufschlich.«
    Gage war völlig verwirrt. »Ich habe dich nicht gesehen.«
    »Aber du hast die Stirn gerunzelt und mich direkt angesehen,
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    während ich auf der Helling hockte. Ich war ganz sicher, daß Potts mich beim Umdrehen entdecken
    würde.«
    Gage erinnerte sich an das Täuschungsmanöver, mit dem er die Aufmerksamkeit des Matrosen von
    sich ablenken wollte, damit er sich auf ihn stürzen konnte; nun war er von Herzen dankbar, daß Potts
    zu lässig und unaufmerksam gewesen war, sich genauer umzusehen. Der Idiot hätte Shemaine töten
    können. »Ich habe dich weder gesehen... noch gehört. Ich habe lediglich versucht, Potts abzulenken,
    damit ich versuchen konnte, ihn zu überwältigen. Mir wäre im Traum nicht eingefallen, daß du dich
    hinter der Reling versteckt haben könntest. Was für ein entsetzlicher Gedanke, sich vorzustellen, was
    ich hätte anrichten können, als ich versuchte, Potts abzulenken.«
    Shemaine zog zitternd die Nase hoch und wischte sich über die Augen. »Ich war bereit. Ich hätte ihn
    erschossen.«
    »Ich kann es nicht ertragen, mir etwas anderes auch nur vorzustellen«, stöhnte Gage. Sein Herz war
    bei der entsetzlichen Aussicht, Shemaine hätte getötet werden können, schier stehengeblieben.
    Als nun noch einmal ihr Blick auf den toten Mann fiel, begann Shemaine abermals, unkontrolliert zu
    zittern. »Ich zw-zweifle daran, daß Potts je auf den Gedanken g-gekommen wäre, sein H-Haß auf uns
    k-könne ihn das L-Leben kosten.«
    Gage rieb die Arme seiner Frau, um sie zu wärmen. Sie stand kurz vor einem Nervenzusammenbruch,
    und er wußte, daß er ihr vor allen Dingen diese Leiche aus den Augen schaffen mußte. »Ich werde
    Potts in die Werkstatt runterbringen und einen Sarg für ihn zimmern.«
    »W-Während du das tust, sollte i-ich besser das B-Blut vom D-Deck waschen«, stotterte sie,
    außerstande, ihr Zittern unter Kontrolle zu bekommen. »Es wird bald dunkel, und es w-wäre mir
    schrecklich, wenn das Blut ü-über Nacht in das H-Holz einsickern würde.«
    Gage faßte den Seeman am Arm, zog ihn sich über die Schultern und trug ihn zur Werft. »Ich komme
    zurück und helfe dir, sobald ich Potts verstaut habe.«
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    Shemaine richtete sich unter Aufbietung all ihrer

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