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Wie Blueten Am Fluss

Wie Blueten Am Fluss

Titel: Wie Blueten Am Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
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mir
    verlangten, war doppelt so schwer wie ich, und beide brannten sie darauf, die Stiefel gegen Gin
    einzutauschen... Ich war davon überzeugt, mein Leben verwirkt
    zu haben, wenn ich mich weigerte. Nach diesem Diebstahl war ich nur noch dankbar dafür, daß mein
    Reitgewand während meiner Gefangennahme zerrissen und beschmutzt worden war. Ansonsten hätten
    diese Frauen sicher auch meine Kleider mit einigem Profit verkauft, und ich stünde jetzt nicht einmal
    voll bekleidet vor Ihnen, wenn überhaupt.«
    Die bernsteingesprenkelten, leuchtendbraunen Augen musterten sie vom Scheitel bis zu den Zehen,
    verrieten allerdings nur wenig von den Gedanken des Siedlers. »Wirklich ein Jammer.«
    »Sir?« Shemaine wußte nicht recht, worauf er mit dieser Bemerkung hinauswollte, und fragte mit
    einem deutlichen Stich der Angst: »Ist es der Verlust meiner Stiefel, den Sie beklagen, oder die
    Tatsache, daß ich voll bekleidet bin?«
    Sein Lächeln war viel zu flüchtig, um auch nur einen Hauch von Wärme auszustrahlen. »Nun, den
    Verlust deiner Stiefel natürlich.«
    Shemaine fragte sich, was das für ein Mann war, der sie gekauft hatte. Würde sie unter dieser düsteren Unerschütterlichkeit und dem unzugänglichen Benehmen, das er an den Tag legte, einen üblen Schurken vorfinden? War es ihr bestimmt, von Gage Thornton auf dieselbe Weise mißbraucht zu
    werden, wie sie Kapitän Fitch vorgeschwebt hatte? Oder war da ein spitzbübischer Humor unter der
    Oberfläche, der seine zur Schau gestellte Zurückhaltung Lügen strafte? Er schien recht gut zu wissen,
    was er vom Leben wollte, und hatte seine Entschlossenheit bei der Verfolgung seiner Ziele bereits
    bewiesen; auch schien es ihn kaum zu kümmern, was andere von ihm denken oder reden mochten.
    Den Zungen, die sich in Bewegung gesetzt hatten, sobald der Bootsmann den Grund für seine
    Anwesenheit an Bord des Schiffes erklärt hatte, hatte er jedenfalls keine Beachtung geschenkt. Auch
    schienen ihn die unverschämten Blicke kaum zu stören, denen sie gegenwärtig ausgesetzt waren.
    Anscheinend hatte sie es mit einem Mann zu tun, der es gewohnt war, im Zentrum der allgemeinen
    Aufmerksamkeit zu stehen.
    Nun streckte Gage eine Hand aus und fuhr mit den Fingerrücken leicht über Shemaines Ärmel, wo er
    von ihrem Mieder abgefetzt war. »Wenn nicht inzwischen Lumpen die neueste Mode sind, mein
    liebes Mädchen, möchte ich deiner Behauptung, du seiest voll bekleidet, doch widersprechen.«
    Shemaine, die sich ihrer zerrissenen Erscheinung aufs Qualvollste bewußt war, zerrte den Stoff hoch,
    der den Blick auf ihre nackte Schulter preisgab. »Sie haben eine wahrlich schäbige Dienerin erstanden, Mr. Thornton.«
    Der Blick der braunen Augen hielt abermals den ihren fest und schien in die Tiefen ihres Wesens
    eindringen, ja, ihre Seele ergründen zu wollen. Es war keine Wärme in diesen Augen, aber auch keine
    Kälte. »Wenn man bedenkt, wohin ich mich gewandt habe, um eine Dienerin zu finden, Shemaine,
    kann ich mich wohl glücklich schätzen, ein so seltenes Juwel ergattert zu haben.«
    Ihre Miene drückte Verwirrung aus. »Bedauern Sie denn nicht, für so etwas wie mich mit einer so
    schweren Börse bezahlt zu haben, Mr. Thornton?«
    Gage tat den Gedanken mit einem Achselzucken ab. »Ich bin heute mit einem ganz bestimmten Ziel
    hergekommen, und ich neige keineswegs dazu, meine Taten zu bejammern, bevor ihre Torheit
    unwiderlegbar bewiesen ist.« Dann hob er interessiert die Augenbrauen und stellte ihr seinerseits eine Frage. »Du kennst dich gewiß am besten, Shemaine O'Hearn. Würdest du sagen, ich hätte mein sauer verdientes Geld verschwendet?«
    »Ich hoffe aufrichtig, Sir, daß dem nicht so ist.« Ihre Stimme war leise und unsicher. »Es hängt davon ab, was Sie von mir wollen. Es ist keine Prahlerei, wenn ich sage, daß ich durchaus fähig bin, Ihren Sohn zu unterweisen, wie man mit Geschicklichkeit eine Feder handhabt, wie man im Kopf eine
    Rechenaufgabe löst und mühelos liest. Aber es ist eine beklagenswerte Tatsache, daß Sie wohl eine
    tüchtigere Hausfrau hätten erstehen können, ein besseres Kindermädchen und eine fähigere Köchin,
    hätten Sie Annie oder eine der anderen Frauen genommen.«
    Gage wandte nun endlich den Blick der Schar neugieriger Zuschauer zu, woraufhin diese unverzüglich
    aufgeschreckt die Flucht ergriffen, obwohl er kaum mehr getan hatte, als sie mit einem verdrossenen
    Stirnrunzeln zu betrachten. Ganz plötzlich schienen sie emsig darauf

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