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Wie Blueten Am Fluss

Wie Blueten Am Fluss

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bedacht zu sein, die Laufplanke
    hinaufzueilen, um

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    endlich an Bord des Schiffes zu gelangen... Ohne sich viel um die würdelose Hast dieser Leute zu
    scheren, wandte er sich wieder Shemaine zu. »Du hast, bevor ich dich kaufte, keinen Hehl aus deinen
    mangelnden Fähigkeiten gemacht, Shemaine. Ich kann nicht behaupten, ich sei betrogen worden. Und
    gewiß werde ich dich nicht zurückgeben.«
    Shemaine spürte, wie ihr eine schwere Last vom Herzen fiel. »Das ist gut zu wissen, Sir.«
    Gage, dem aufgefallen war, daß mehrere Matrosen das Mädchen aus der Ferne betrachteten, deutete
    beiläufig auf Shemaines Reitgewand. »Es dürfte allerdings feststehen, daß wir wegen deiner Kleider
    etwas unternehmen müssen. Die Blicke, die du auf dich ziehst, gefallen mir nicht. Außerdem möchte
    ich nicht, daß du dich meines Geizes wegen schämen mußt.«
    Einmal mehr versuchte Shemaine, den unergründlichen Ausdruck seines sonnengebräunten Gesichts
    zu erforschen, als er sie nun abermals einer genauen Musterung unterzog, aber der Mann selbst schien
    ebenso zurückhaltend wie rätselhaft zu sein. Da sie nur allzugut ahnte, daß ihr Geruch und ihr
    Aussehen selbst dem Hartgesottensten peinlich sein mußte, bemerkte sie mit stockender Stimme:
    »Wenn es Ihnen lieber wäre, nicht mit mir gesehen zu werden, Mr. Thornton, kann ich einige Schritte
    hinter Ihnen hergehen, so daß niemand erfahren wird, daß wir zusammengehören.«
    Gage verwarf ihren Vorschlag mit aller Deutlichkeit. »Ich habe nicht vierzig Pfund für dich bezahlt,
    Mädchen, um zuzulassen, daß du mir hinter meinem Rücken wieder entrissen wirst. Du kennst dich in
    diesem Land nicht aus, sonst wüßtest du, daß es hier nicht viele Frauen gibt, unter denen ein Mann
    wählen kann. Besonders rar sind Frauen, die hübsch zu nennen wären. Es gibt jedoch genug Trapper
    und Waldläufer hier, die einem tugendhaften Mädchen ernsten Grund zur Sorge geben könnten. Eine
    erkleckliche Anzahl dieser Herren würde auch vor Entführung nicht zurückschrecken, um sich eine
    Frau zu beschaffen, die ihr Lager wärmen könnte. Du wärest weiß Gott ein schöner Fang für einen
    solchen Mann, vor allem während der Wintermonate.«
    Shemaine war nicht übermäßig entzückt über seine Erklärung

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    und rechtfertigte sich: »Ich wollte Ihnen nur die Peinlichkeit dieser Situation ersparen, Sir.«
    »Ich weiß, was du dachtest, Shemaine, aber du hast dich geirrt. Selbst halb verhungert und grausam
    schmutzig bist du das Anziehendste Mädchen, das die Leute in diesem Weiler seit Monaten zu Gesicht
    bekommen haben.«
    Shemaine neigte nicht dazu, sich von einigen mitleidigen Komplimenten überwältigen zu lassen. »Ihre
    Schmeichelei würde einem einfachen Mädchen gewiß den Kopf verdrehen, Mr. Thornton. Wäre ich
    ein solches, hätten Ihre Worte mich wahrscheinlich mit tiefster Dankbarkeit erfüllt, aber ich bin mir
    vollauf bewußt, wie erbärmlich ich aussehe.«
    Leicht verärgert über ihre unverhohlene Zurückweisung, seufzte Gage und erwiderte: »Mit der Zeit
    wirst du schon lernen, daß ich nichts als die Wahrheit sage, Mädchen. Das heißt, ich pflege nicht zu
    lügen.«
    »Und mit der Zeit, Sir«, versetzte Shemaine, die seinen gespreizten Tonfall mühelos nachahmte,
    »werden Sie lernen, daß ich nicht irgendein Mädchen bin.«
    Gage bemerkte die sich vertiefende Röte in den Wangen seiner Vertragsarbeiterin, während sie
    stocksteif vor ihm stand, als wappne sie sich gegen weitere Angriffe. Er beugte sich zu ihr herunter,
    um ihrer vollen Aufmerksamkeit gewiß zu sein. Dann gab er ihr, ohne den Blick von ihren weit
    aufgerissenen Augen abzuwenden, seine geflüsterte Antwort. »Glaub mir, Shemaine, das weiß ich
    jetzt schon.«
    Dieses verblüffende Eingeständnis entwaffnete Shemaine vollkommen und entfesselte einen wahren
    Sturm von Fragen, die ihr durch den Kopf jagten. Mit einem Mal war sie sich nicht mehr so sicher,
    daß der Siedler ausschließlich an seinen Sohn gedacht hatte, als er für sie in dieser Höhe zahlte. Hätte er ihr gerade ohne Umschweife erklärt, daß er ihre weiblichen Kurven auf das Vergnügen hin taxiert habe, das sie ihm verschaffen konnten - vor allem ihren Busen, der wahrscheinlich die einzige
    Rundung war, die sie während ihres langen Martyriums nicht gänzlich eingebüßt hatte -, hätte er in ihr keinen größeren Argwohn wecken können.

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    Dennoch hielt Shemaine es im Hinblick auf ihre beklagenswerte Halsstarrigkeit für klüger, ihm

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