Wie Blueten Am Fluss
auf die nackten Füße hinab, die unter
dem im Wind wirbelnden Saum sichtbar waren. Dann hoben sich ihre spärlichen Augenbrauen scharf
über das Drahtgestell ihrer kleinen Augengläser, die auf ihrer dünnen Adlernase thronten. Alma, die
offensichtlich zu ihren eigenen Schlußfolgerungen gekommen war, preßte eine blaugeäderte Hand an
ihren flachen Busen und zeigte sich diesem jüngsten Ereignis in dem Leben des Möbeltischlers
gegenüber für einen Augenblick sprachlos. Mit seiner Eigenwilligkeit brachte der Mann ständig
Unruhe unter die Dorfbewohner. Jeder normale Mann hätte zum Beispiel nicht länger als einige
Monate getrauert, nachdem seine Frau gestorben war. Die Zeiten waren hart hier in den Kolonien, und
man erwartete von den Männern, daß sie sich rasch neue Frauen nahmen, um ihnen die Bürde der
Fürsorge für ihre Kinder abzunehmen. So manch ein Vater im Weiler hatte damit gerechnet, daß Gage
seinem verhätschelten Liebling den Hof machen würde; und gewiß hätte man ihn mit offenen Armen
empfangen. Aber er war allein geblieben und zog seinen Witwerstand offensichtlich der Ehe mit
irgendeiner Frau aus dem Dorf vor. Als er dann auch noch die Tochter des Schmieds als
Kindermädchen für seinen Sohn anstellte, hatte er die Hoffnungen dieser jungen Damen vollends
zunichte gemacht.
»Gage Thornton! Was, in aller Welt, haben Sie jetzt schon wieder angestellt?« stieß die Matrone
empört hervor. »Ist es möglich, daß Sie sich eine Zwangsarbeiterin von diesem schrecklichen
Sträflingsschiff gekauft haben? Haben Sie nun ganz den Verstand verloren?«
»Ich glaube nicht, Madam«, erwiderte Gage mit kühler Höflichkeit. »In der Tat habe ich genau das
getan, was ich schon seit einiger Zeit im Sinn hatte.«
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Ein heftiger Windstoß drückte den Rand von Almas Stoffhäubchen auf ihre gefurchte Stirn, aber sie
schob den Hut mit einer ungeduldigen Handbewegung wieder an seinen Platz und sah Gage mit
unverhohlenem Argwohn an. »Wollen Sie damit sagen, daß Sie den Kauf einer Vertragsarbeiterin
erwogen haben, noch bevor die London Pride im Hafen anlegte? Wahrhaftig, angesichts solcher
Torheit muß ich wohl glauben, daß Sie tatsächlich den Verstand verloren haben.«
Die Muskeln in Gages mageren Wangen zuckten zum Zeichen seiner Verärgerung, aber seine Stimme
war genauso ruhig wie sein Blick. »Sei es, wie es mag, Madam. Ich habe getan, was ich für richtig
hielt, und werde mich dafür gewiß vor niemandem rechtfertigen.«
Mrs. Pettycomb hob ihre dünne Nase und blinzelte ihn durch ihre schmale Brille an. »Nicht einmal vor
der Tochter des Schmieds?« hakte sie nach. »Wenn es einen Menschen in diesem Weiler gibt, dem Sie
eine Erklärung und eine Entschuldigung schulden, dann dürfte das wohl Roxanne Corbin sein. Das
arme liebe Mädchen ist ja so vernarrt in Sie, als wären Sie ein Gott.«
Gage zeigte nicht das leiseste Zeichen von Reue. »Ich habe die letzte Zeit oft gedacht, daß ich
Roxannes Gutmütigkeit zu sehr in Anspruch nehme und ihr gestatten sollte, ihr eigenes Leben zu
leben, ohne sie länger mit der Fürsorge für meinen Sohn zu belasten. Ihr Vater hat stets verlangt, daß sie zuerst ihre Pflichten in ihrem Heim versah, bevor sie in mein Haus kam, und jetzt, da Hugh mit gebrochenem Bein zu Bett liegt, wird Roxanne überhaupt nicht mehr kommen können, zumindest eine
Weile nicht. Da ich also niemanden mehr hatte, der sich um Andrew kümmert, während ich meiner
Arbeit nachgehe, mußte ich mich nach anderer Hilfe umsehen.« Obwohl er etwas in dem Sinn zu
Roxanne gesagt hatte, hatte sie ihn angefleht, doch seine Nachbarinnen zu bitten, ihm eine Weile
auszuhelfen, aber er hätte anderen Menschen, die genausoviel zu tun hatten wie er selber, niemals
weitere Bürden auferlegt. Außerdem hätte er es auch niemals geduldet, daß Andrew soviel Zeit
außerhalb seiner eigenen Umgebung zubrachte. »Roxanne wußte besser als irgend jemand sonst, wie
dringend ich ein
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Kindermädchen brauche, Mrs. Pettycomb. Daher wird sie nicht allzu überrascht sein.«
Alma, der seine Antwort offenkundig mißfiel, schaute in die Ferne, bis er ausgeredet hatte. Dann
drehte sie sich wieder zu ihm um, trat dicht vor ihn hin und drohte ihm mit dem Finger. »Sie wissen
sehr wohl, Gage Thornton, daß Roxanne Corbin die Fürsorge für ihren Sohn nie als Zumutung
empfunden hat. Sie liebt Andrew wie ein eigenes Kind. Sie sollten endlich begreifen, wie gut sie zu
ihm gewesen ist und wie
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