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Wie Blueten Am Fluss

Wie Blueten Am Fluss

Titel: Wie Blueten Am Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
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auf die nackten Füße hinab, die unter
    dem im Wind wirbelnden Saum sichtbar waren. Dann hoben sich ihre spärlichen Augenbrauen scharf
    über das Drahtgestell ihrer kleinen Augengläser, die auf ihrer dünnen Adlernase thronten. Alma, die
    offensichtlich zu ihren eigenen Schlußfolgerungen gekommen war, preßte eine blaugeäderte Hand an
    ihren flachen Busen und zeigte sich diesem jüngsten Ereignis in dem Leben des Möbeltischlers
    gegenüber für einen Augenblick sprachlos. Mit seiner Eigenwilligkeit brachte der Mann ständig
    Unruhe unter die Dorfbewohner. Jeder normale Mann hätte zum Beispiel nicht länger als einige
    Monate getrauert, nachdem seine Frau gestorben war. Die Zeiten waren hart hier in den Kolonien, und
    man erwartete von den Männern, daß sie sich rasch neue Frauen nahmen, um ihnen die Bürde der
    Fürsorge für ihre Kinder abzunehmen. So manch ein Vater im Weiler hatte damit gerechnet, daß Gage
    seinem verhätschelten Liebling den Hof machen würde; und gewiß hätte man ihn mit offenen Armen
    empfangen. Aber er war allein geblieben und zog seinen Witwerstand offensichtlich der Ehe mit
    irgendeiner Frau aus dem Dorf vor. Als er dann auch noch die Tochter des Schmieds als
    Kindermädchen für seinen Sohn anstellte, hatte er die Hoffnungen dieser jungen Damen vollends
    zunichte gemacht.
    »Gage Thornton! Was, in aller Welt, haben Sie jetzt schon wieder angestellt?« stieß die Matrone
    empört hervor. »Ist es möglich, daß Sie sich eine Zwangsarbeiterin von diesem schrecklichen
    Sträflingsschiff gekauft haben? Haben Sie nun ganz den Verstand verloren?«
    »Ich glaube nicht, Madam«, erwiderte Gage mit kühler Höflichkeit. »In der Tat habe ich genau das
    getan, was ich schon seit einiger Zeit im Sinn hatte.«

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    Ein heftiger Windstoß drückte den Rand von Almas Stoffhäubchen auf ihre gefurchte Stirn, aber sie
    schob den Hut mit einer ungeduldigen Handbewegung wieder an seinen Platz und sah Gage mit
    unverhohlenem Argwohn an. »Wollen Sie damit sagen, daß Sie den Kauf einer Vertragsarbeiterin
    erwogen haben, noch bevor die London Pride im Hafen anlegte? Wahrhaftig, angesichts solcher
    Torheit muß ich wohl glauben, daß Sie tatsächlich den Verstand verloren haben.«
    Die Muskeln in Gages mageren Wangen zuckten zum Zeichen seiner Verärgerung, aber seine Stimme
    war genauso ruhig wie sein Blick. »Sei es, wie es mag, Madam. Ich habe getan, was ich für richtig
    hielt, und werde mich dafür gewiß vor niemandem rechtfertigen.«
    Mrs. Pettycomb hob ihre dünne Nase und blinzelte ihn durch ihre schmale Brille an. »Nicht einmal vor
    der Tochter des Schmieds?« hakte sie nach. »Wenn es einen Menschen in diesem Weiler gibt, dem Sie
    eine Erklärung und eine Entschuldigung schulden, dann dürfte das wohl Roxanne Corbin sein. Das
    arme liebe Mädchen ist ja so vernarrt in Sie, als wären Sie ein Gott.«
    Gage zeigte nicht das leiseste Zeichen von Reue. »Ich habe die letzte Zeit oft gedacht, daß ich
    Roxannes Gutmütigkeit zu sehr in Anspruch nehme und ihr gestatten sollte, ihr eigenes Leben zu
    leben, ohne sie länger mit der Fürsorge für meinen Sohn zu belasten. Ihr Vater hat stets verlangt, daß sie zuerst ihre Pflichten in ihrem Heim versah, bevor sie in mein Haus kam, und jetzt, da Hugh mit gebrochenem Bein zu Bett liegt, wird Roxanne überhaupt nicht mehr kommen können, zumindest eine
    Weile nicht. Da ich also niemanden mehr hatte, der sich um Andrew kümmert, während ich meiner
    Arbeit nachgehe, mußte ich mich nach anderer Hilfe umsehen.« Obwohl er etwas in dem Sinn zu
    Roxanne gesagt hatte, hatte sie ihn angefleht, doch seine Nachbarinnen zu bitten, ihm eine Weile
    auszuhelfen, aber er hätte anderen Menschen, die genausoviel zu tun hatten wie er selber, niemals
    weitere Bürden auferlegt. Außerdem hätte er es auch niemals geduldet, daß Andrew soviel Zeit
    außerhalb seiner eigenen Umgebung zubrachte. »Roxanne wußte besser als irgend jemand sonst, wie
    dringend ich ein

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    Kindermädchen brauche, Mrs. Pettycomb. Daher wird sie nicht allzu überrascht sein.«
    Alma, der seine Antwort offenkundig mißfiel, schaute in die Ferne, bis er ausgeredet hatte. Dann
    drehte sie sich wieder zu ihm um, trat dicht vor ihn hin und drohte ihm mit dem Finger. »Sie wissen
    sehr wohl, Gage Thornton, daß Roxanne Corbin die Fürsorge für ihren Sohn nie als Zumutung
    empfunden hat. Sie liebt Andrew wie ein eigenes Kind. Sie sollten endlich begreifen, wie gut sie zu
    ihm gewesen ist und wie

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