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Wie Blueten Am Fluss

Wie Blueten Am Fluss

Titel: Wie Blueten Am Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
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sehr er davon profitieren würde, wenn sie seine Mutter wäre. Außerdem
    sollten Sie sich auch darüber im klaren sein, welche Probleme Ihnen bevorstehen, wenn Sie einen
    Sträfling in Ihr Haus bringen. Ich war stets eine entschiedene Gegnerin dieser Sträflingsschiffe, die
    uns den Abschaum der Gesellschaft ins Land bringen. Dieses Mädchen könnte nach allem, was Sie
    wissen, eine Mörderin sein! Wahrhaftig! Gut möglich, daß Sie diesem Weiler einen weiß Gott
    schlechten Dienst erweisen, indem Sie eine solche Frau unter Ihrem Dach beherbergen.«
    Almas blindwütige Zurückweisung Shemaines mißfiel Gage aufs äußerste. Das Mädchen stand in
    versteinertem Schweigen neben ihm. Doch in der kurzen Zeit seiner Bekanntschaft mit Shemaine hatte
    er gelernt, an der unnachgiebigen Steifheit ihres Rückens das Ausmaß ihres Ärgers abzulesen. Er
    fühlte sich stark versucht, dem alten Weib zu sagen, es solle seine Nase in seine eigenen
    Angelegenheiten stecken, aber er wußte, daß sein Zorn den Groll dieses zänkischen Drachens nur noch
    vergrößern würde. Ruhig, aber entschlossen, bekräftigte er noch einmal seine Zufriedenheit mit der
    Wahl, die er getroffen hatte. »Ich bin sehr von meiner neuen Dienerin eingenommen, Mrs. Pettycomb,
    und beabsichtige, sie zu behalten.«
    »Jawohl! Ich sehe durchaus, in welcher Hinsicht Sie zufrieden sein können«, gab Alma schneidend
    zurück und streifte Shemaine mit einem Blick offener Verachtung. Dann schien sie einen Augenblick
    lang mit sich zu ringen, als wolle sie noch mehr sagen. Als sie weitersprach, war offenkundig, daß sie der Versuchung nicht hatte widerstehen können, denn sie entlud einen wahren Sturm der Kritik auf das Haupt des Mannes, der noch schwärzer war als die be—
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    drohlichen Wolken über ihren Köpfen. »So mancher hier in diesem Weiler hält Sie für einen Narren,
    Gage Thornton, und mit dem Kauf eines weiblichen Sträflings haben Sie nur bestätigt, wie recht diese
    Leute haben! Sie haben fast jede sauer verdiente Münze für den Bau dieses lächerlichen Bootes
    vergeudet, von dem doch jeder weiß, daß es niemals den James River verlassen wird!«
    Es war nicht das erste Mal, daß Alma Pettycomb alle Regeln des Anstands vergaß, um einem Bürger
    aus der Gegend die Meinung zu sagen. Gage Thornton war beileibe nicht der erste. Obwohl sie
    besondere Freude daran fand, ihn genau im Auge zu behalten, wann immer er in den Weiler kam, hatte
    seine Zurückhaltung sie oft erzürnt und ihren Argwohn geweckt. Ein so verschlossener Mann wie er
    hatte für gewöhnlich etwas zu verbergen, davon war sie fest überzeugt. Jetzt war er wieder hier und
    verstieß gegen alle guten Sitten, indem er sich dieses niederträchtige Geschöpf ins Haus holte - und
    obendrein schien er nicht im mindesten zerknirscht deswegen zu sein. Almas Meinung nach brauchte
    er eine ordentliche Standpauke.
    Gage indes war keineswegs überrascht vom mangelnden Takt dieser Frau. In den neun Jahren, die er
    jetzt in der Gegend lebte, war er so manches Mal gezwungen gewesen, sich ihre Bemerkungen
    anzuhören, entweder direkt aus ihrem Mund oder aus zweiter Hand. Mit schöner Regelmäßigkeit gab
    sie ihre Meinung zu Dingen zum besten, die sie nicht im mindesten betrafen; genauso großzügig war
    sie mit ihren Ratschlägen. Nie würde er den Nachmittag vergessen, an dem er Victoria in den Sarg
    legte, den er eigens für sie gebaut hatte. Er hatte sie auf seinem Wagen in die Stadt gebracht; die
    Nachricht von ihrem Tod hatte sich schnell herumgesprochen, und Alma Pettycomb hatte sich an die
    Spitze jener gestellt, die die genauen Umstände ihres Unfalls zu wissen verlangten. Als sie erfuhr, daß seine Frau vom unvollendeten Bug seines Schiffs in den Tod gestürzt war, wollte sie wissen, welche Rolle er dabei gespielt haben könne, und ging sogar so weit, anzudeuten, daß er Victoria in einem
    Wutanfall hinuntergestoßen haben könnte. Immerhin hatte er kaum einen Monat zuvor einem Mann in
    ihrem Dorf offensichtlich grundlos eine gehörige Tracht Prügel verabreicht.
    Roxanne hatte sich schier überschlagen, zu erklären, daß er unmöglich habe Victoria ermorden und
    doch rechtzeitig die Hütte habe erreichen können, wo sie ihn selbst nur wenige Sekunden nach
    Victorias Sturz sah. Aber es war auch geltend gemacht worden, daß alles, was die Tochter des
    Schmieds erzählte, mit Zweifel betrachtet werden müsse; man deutete an, daß Roxanne schon seit
    Jahren hoffnungslos in den Mann verliebt

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