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Wie Blueten Am Fluss

Wie Blueten Am Fluss

Titel: Wie Blueten Am Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
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hätte, um die Gefängniswärter dazu zu bewegen, meiner
    Familie eine Botschaft zu überbringen, bezweifle ich doch ernsthaft, daß einer von ihnen weiter als bis zur nächsten Bierschänke gekommen wäre. Nun, ehe ich mich der Gefahr aussetzte, in Newgate vergewaltigt oder vielleicht sogar ermordet zu werden, habe ich meinen Namen auf die Liste der
    Gefangenen gesetzt, die einverstanden waren, sich als Vertragsarbeiter in die Kolonien verkaufen zu
    lassen.«
    Es fiel Gage nicht weiter schwer, zu glauben, daß sie Umgang mit Aristokraten gepflegt hatte. Obwohl
    ein scharfes Ohr einen leichten irischen Akzent aus ihrer Sprache heraushören konnte, ging ihre
    Wortgewandtheit doch weit über das übliche hinaus, und sie besaß trotz ihres aufbrausenden
    Temperaments gute Manieren. Was ihre Behauptung betraf, keinerlei Verbrechen begangen zu haben,
    mußte er ihre Beteuerungen fürs erste akzeptieren, bis er Gegenteiliges herausfand. »Es sieht so aus,
    als sei dein Mißgeschick mein Glück gewesen, Shemaine. Obwohl es mir durchaus leid tut um das,
    was du durchgemacht hast, kannst du vielleicht verstehen, daß ich keinen Kummer heucheln kann, daß
    du jetzt hier bist.«
    Shemaine spürte seinen prüfenden Blick und erkundigte sich leise: »Wäre es unpassend, wenn ich nun
    gern auch etwas über Sie in Erfahrung brächte, Mr. Thornton?«
    Gage hob den Kopf und blickte für einen Moment in die Ferne, bevor er ihrem Wunsch nachkam. »Ich
    bin Schiffsbauer aus Neigung und Möbeltischler aus Notwendigkeit. Ich habe ein kleines Stück von
    hier entfernt an den Ufern des James River ein Blockhaus und eine Werkstatt. Zur Zeit baue ich ein
    Schiff nach eigenen Plänen, aber es wird noch mehrere Monate dauern, bis die Brigantine fertig ist.
    Sobald ich sie dann verkauft habe, werde ich meine ganze Energie dem Bau eines neuen Schiffes
    widmen, in der Hoffnung,

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    daß ich eines Tages vielleicht ein bedeutender Schiffsbauer werde. Bis dahin muß ich die Arbeiter und
    die notwendigen Baumaterialien mit dem bezahlen, was ich für meine Möbel bekomme.«
    Shemaine konnte sich kaum vorstellen, daß ein Mann von begrenzten finanziellen Mitteln diese
    Beharrlichkeit gezeigt hatte, sie zu kaufen. »Ich war mir sicher, daß Sie ein wohlhabender Mann seien, Mr. Thornton.«
    Gage wunderte sich, was dies betraf, selbst. »Du scheinst so vollkommen meinen Zwecken zu
    entsprechen, Shemaine. Selbst wenn ich auf allen Schiffen gesucht hätte, die hier einlaufen, wäre ich
    doch sicher kein zweites Mal auf eine Frau wie dich gestoßen.« Dann schwieg er einen Augenblick,
    runzelte die Stirn und wurde merklich ernster, als er auf die Gründe zu sprechen kam, die ihn selbst in die Kolonien geführt hatten. »Vor neun Jahren war ich gezwungen, London zu verlassen. Ich hatte einen Zwist mit meinem Vater, weil ich mich weigerte, eine junge Frau zu heiraten, die behauptete,
    ich hätte ihr die Unschuld geraubt und sie geschwängert. Sie war die Tochter eines alten Bekannten
    meines Vaters. Wahrscheinlich aus Loyalität zu seinem Freund versuchte mein Vater, mich zu einer
    Heirat mit dieser Frau zu zwingen. Ich glaube, er hatte Angst, unser Name würde beschmutzt werden,
    wenn ich Christines Forderung nicht nachkam, sie auf der Stelle zu heiraten. Aber ich wollte mich
    nicht durch die Ehe an diese kleine Lügnerin binden. Außerdem widerstrebte es mir, dem Balg eines
    anderen Mannes meinen Namen zu geben. Ich habe nie erfahren, ob es nur eine List war, mich zur
    Heirat zu zwingen, oder ob Christine wirklich schwanger war. Hübsch genug, um eine ausreichende
    Zahl von Verehrern anzuziehen, war sie gewiß auch ohne den Reichtum ihres Vaters. Weil ich mich
    aber weigerte, mich seinen Wünschen zu fügen, hat mein Vater mich aus dem Haus geworfen. Du
    siehst also, Shemaine, daß wir beide von den Ränken hinterhältiger Frauen aus der Bahn geworfen
    wurden. Diesen beiden Xanthippen würde nur recht geschehen, wenn wir es hier in diesem wilden
    Land zu etwas brächten.«
    »Da haben Sie gewiß bessere Chancen als ich, Mr. Thornton«, erj widerte Shemaine trostlos. »Meine
    einzige Rettung wäre es, wenn

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    mein Vater irgendwie erführe, wohin man mich gebracht hat, und hierherkäme, um mich freizukaufen.
    Aber das scheint mir eingedenk meiner früheren Bemühungen doch recht weit hergeholt. Mein Vater
    käme wohl im Traum nicht auf die Idee, in Newgate nach mir zu forschen. Und ich habe jetzt
    ebensowenig Geld wie in Newgate, um jemanden für die

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