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Wie Blueten Am Fluss

Wie Blueten Am Fluss

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kein Mensch.«
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    »Oh, ein Mensch bin ich durchaus«, erklärte Gage, während er ihren Fuß mit den Fingern liebkoste.
    Seine beiden Daumen wanderten gemächlich über den Fuß, um ihn herum und darunter her. Es ging
    ihm durch den Sinn, daß er bisher nichts an seiner Sklavin gesehen hatte, das nicht perfekt gewesen
    wäre. Nicht einmal ihr zartknochiger Fuß stellte da eine Ausnahme dar.
    »Wir sind alle menschlich«, seufzte Shemaine. »Keiner von uns ist vollkommen, und wir sollten auch
    von den anderen Menschen in unserer Nähe keine Vollkommenheit erwarten. Ja, ich denke, wenn wir
    unsere eigenen Fehler besser verstünden, wären wir den Schwächen anderer gegenüber toleranter und
    würden uns nicht beim geringsten Anlaß gekränkt fühlen. Wenn die Männer mit demselben
    leidenschaftlichen Geist vergeben könnten, mit dem sie in den Krieg ziehen, gäbe es wohl mehr
    Frieden unter den Menschen. Andererseits gibt es natürlich Menschen, die so schlecht sind, daß wir sie einfach nicht dulden dürfen.«
    Gages Hände wanderten ein Stückchen weiter hinauf, um ihren Knöchel zu massieren. »Hast du
    jemanden von der Art an Bord der London Pride kennengelernt?«
    Shemaine wußte, daß nun die Zeit gekommen war, ihm von ihren Feinden zu berichten. »Es gab
    mehrere Menschen an Bord der London Pride, für die das gilt. Gertrude Fitch, die Frau des Kapitäns, ist einer davon. Jacob Potts ein weiterer. Aber Morrisa Hatcher ist die raffinierteste von den dreien. Sie hat ihre Ränke geschickt geschmiedet, um die beiden anderen anzustacheln. Sie hat Potts ihre Gunst versprochen, der seinerseits in der Lage schien, Mrs. Fitch mit seinen hinterhältigen Lügen gegen uns
    andere aufzubringen. Jeder, der sich weigerte, vor ihm oder Morrisa zu buckeln, mußte damit rechnen,
    bestraft zu werden, hauptsächlich wegen irgendeiner Vollmacht, die Mrs. Fitch ihrem Mann mit
    Schmeichelei oder bösen Worten hatte abringen können. Obwohl Mrs. Fitch sich für so klug hält, ist
    sie in Wirklichkeit die leichtgläubigste von den dreien. Potts wußte zumindest, was er als
    Gegenleistung bekam, wenn er Morrisas gemeine Pläne unterstützte. Es war ein Teufelskreis, aber
    Morrisa war diejenige, die am meisten davon profitiert hat. Sie schien auch die größte
    Entschlossenheit an den Tag zu le—
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    gen, wenn es darum ging, Unglück über ihre Feinde zu bringen, vor allem über mich. Aber es war
    offensichtlich, daß alle drei starken Haß gegen mich hegten und mich am liebsten tot gesehen hätten.«
    Gage bemerkte, daß Shemaine nervös wurde, so als fürchte sie sich vor etwas. »Glaubst du, daß sie
    ihre Pläne, dich zu töten, weiterverfolgen werden?«
    »Obwohl Mrs. Fitch mir sicher die Pest an den Hals wünscht, würde sie hier in den Kolonien nicht
    aktiv versuchen, mich zu töten. Es ist eine Sache, auf einem Schiff, das ihrem Vater gehörte, das
    Zepter zu schwingen, aber doch etwas ganz anderes, sich in einem fremden Land vielleicht den
    britischen Behörden verantworten zu müssen. Was die beiden anderen betrifft, die werden, solange sie
    hier sind, ihr Ziel nicht aus den Augen lassen«, stellte Shemaine ohne jeden Zweifel fest. »Genau das
    haben sie mir auch angedroht. Morrisa wird Potts aussenden, damit dieser die Schmutzarbeit für sie
    tut, und wenn es geschehen ist, wird sie sich ins Fäustchen lachen.«
    »Ist das einer der Männer, die ich auf dem Schiff gesehen habe?« fragte Gage und widmete sich
    abermals ihrem Fußknöchel.
    »James Harper hat ihn, nur wenige Augenblicke bevor Sie an Bord kamen, ins Kabelgatt verbannt.
    Potts ist ein Riese von einem Mann, anderthalbmal so groß wie Sie, mit strohfarbenem Haar, rötlichen
    Wangen und einer gewaltigen Knollennase.«
    Nur ein Zucken seiner Lippen verriet Gages Belustigung. »Bei deiner Beschreibung muß ich mich
    doch fragen, ob Potts nicht des Nachts deine Träume heimsucht. Du hast ihn offensichtlich gut in
    Erinnerung behalten, Shemaine.«
    »Ich würde ihn aus fast jeder Entfernung erkennen, das steht fest.«
    »Hoffentlich wirst du genug Zeit haben, mich zu warnen, wenn du ihn kommen siehst.«
    »Aber Sie werden mir doch recht bald zeigen, wie man eine Muskete benutzt, nicht wahr?« hakte sie
    ängstlich nach, denn sie wußte, daß es gewiß Tage geben würde, an denen er nicht daheim war. Wenn
    Potts sie an einem solchen Tag aufspüren sollte, würde sie sich allein verteidigen müssen.
    Gage hob skeptisch eine Augenbraue und stellte dann die

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