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Wie Blueten Am Fluss

Wie Blueten Am Fluss

Titel: Wie Blueten Am Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
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langer Zeit hätte sie die kostbarste Seide oder das weichste Leder für ihre Slipper bestellt, und das, ohne auch nur einen einzigen Gedanken daran zu verschwenden, wie lange sie sie würde tragen können. Aber das war zu einer Zeit gewesen, da sie sich darauf hatte verlassen
    können, daß ihr Vater für all ihre Kleider und sonstigen Bedürfnisse aufkam. Jetzt mußte sie Rücksicht auf die eingeschränkten finanziellen Mittel des Mannes nehmen, der über sie verfügte, und alles daransetzen, ihm möglichst wenig zur Last zu fallen. »Sie müssen bequem sein und dürfen nicht
    allzuviel kosten.«
    »Ich habe zwei Modelle, die da in Frage kämen«, informierte Mi—
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    les sie, während er an seine Werkbank trat. Nachdem er ein kleines, kunterbuntes Häufchen von
    Modellen durchsucht hatte, kam er mit zwei verschiedenen Schuhen zurück, die der jungen Frau
    gewiß gute Dienste leisten würden. »Diese sind ziemlich unförmig und nicht besonders hübsch
    anzusehen, aber sie sind äußerst strapazierfähig, Miss.«
    Die Häßlichkeit beider Modelle bestürzte Shemaine einigermaßen, und sie fragte sich, wie sie sie
    überhaupt längere Zeit tragen konnte, ohne daß das steife Leder ihre Füße aufschürfte oder das
    Gewicht der massigen Schuhe ihr einen Krampf im Bein bescherte. Unglücklicherweise durfte sie es
    sich nicht gestatten, über so unwesentliche Einzelheiten nachzusinnen. Sie war nur eine
    Vertragsarbeiterin, rief sie sich energisch ins Gedächtnis, und es stand ihr nicht an, wählerisch zu sein.
    »Wenn Mr. Thornton einverstanden ist...«
    Zwei Augenpaare blickten fragend zu Gage auf, der seine Aufmerksamkeit von dem Mädchen
    losreißen mußte. Während er sich im Geiste schalt, daß er für Shemaines Reize genauso empfänglich
    war wie Miles Becker, nahm er einen Schuh in jede Hand, hielt sie nebeneinander und erprobte dann
    die Biegsamkeit und das Gewicht eines jeden, bevor er sie dem Schuster mit einem tadelnden Blick
    zurückgab. »Sie sollen kein Pferd beschlagen, Miles. Das Mädchen wird etwas Leichteres und
    Biegsameres brauchen als diese klobigen Dinger.«
    »Ein besseres Leder wird Sie aber mehr kosten, Gage«, wollte der Schuster ihn beraten. »Und es
    würde vielleicht nicht so lange halten.«
    »Habe ich Sie gebeten, sich um meine Börse zu sorgen?« fragte Gage gereizt. »Lassen Sie mal sehen,
    was Sie sonst noch haben. Ich möchte nicht, daß Shemaine in diesen unförmigen Dingern
    herumhumpelt.«
    Miles fügte sich, und sie einigten sich schließlich auf ein Passenderes Paar, das überdies auch
    hübscher aussah. Gage zählte die Münzen für eine Anzahlung ab, nickte dem Schuster zum Abschied
    kurz zu und nahm Andrew auf den Arm. Shemaine folgte den beiden nach draußen.
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    Es dämmerte bereits, und in der Taverne, die nur ein kleines Stück den Gehsteig hinunter lag, hatte
    man die Lampen entzündet. Wildes, ausgelassenes Lachen und lebhafte Klänge von einem
    Saiteninstrument drangen durch die Türen der Gaststube auf die Straße hinaus.
    »Papa, Andy... will essen...«
    »Ich auch, Andy«, erwiderte Gage, dem aufging, daß sie seit dem Frühstück nirgends lange genug
    verweilt waren, um etwas zu essen. »Ich habe viel zuviel Hunger, um abzuwarten, bis wir nach Hause
    kommen.«
    Mit einem Seitenblick auf Shemaine deutete er auf die Taverne. »Es ist keine richtige Taverne und
    auch kein Cafehaus, wie ich sie in den Carolinas besucht habe. Für gewöhnlich geht es da drin
    ziemlich laut zu, und es wird eine Menge getrunken, beträchtlich mehr, als einer wohlerzogenen
    jungen Dame recht sein kann. Aber in Newportes Newes ist diese Taverne nun mal zufällig das beste
    Lokal, wenn man außerhalb eines Privathauses etwas essen möchte. Aber wenn es dir lieber wäre,
    nicht...«
    Shemaine lächelte kurz zu ihm auf. Nach ihrem Zusammenstoß mit Potts war ihr bei Mrs. McGee
    nicht nach Essen zumute gewesen. »Um die Wahrheit zu sagen, ich bin halb verhungert, und solange
    es da drin etwas zu essen gibt, ist mir alles egal, selbst wenn das Haus eine alte Scheune wäre.«
    »Wir werden da wahrscheinlich noch mehr Matrosen von der London Pride treffen«, warnte Gage sie.
    »Es ist ein Lokal, das sich bei Seeleuten und ihren Damen größter Beliebtheit erfreut.«
    Shemaine, die sich auch von dieser Information nicht aus der Ruhe bringen ließ, antwortete mit einem
    beiläufigen Achselzucken. Er versuchte offensichtlich, sie auf die Möglichkeit vorzubereiten, daß in
    diesem Etablissement

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