Wie Blüten im Wind: Roman (German Edition)
aushalten?«
»Baill?«
Die Stimme, die ihren Namen nannte, drang kaum durch ihren Schmerz. Als die Wehe abgeklungen war, blickte sie benommen auf.
Miriam Yungoh, die Gefängnisärztin, war gekommen. »Ich höre, hier will ein Baby rauskommen und spielen.«
»Spritzen«, bat Lexi. »Ich brauche Betäubungsspritzen.«
Dr. Yungoh lächelte. »Darf ich Sie zuerst untersuchen?«
»Ja«, sagte Lexi. »Machen Sie, was Sie wollen.«
Die nachfolgenden Prozeduren bekam sie kaum mit. Wahrscheinlich war das auch gut so. Zuerst kam die Muttermunduntersuchung, die jeder, der an der Zelle vorbeiging, sehen konnte, dann die Leibesvisitation in der Aufnahme (um sicherzustellen, dass sie nicht versuchte, in ihrer Vagina etwas aus dem Gefängnis zu schmuggeln – ha!). Zuletzt bekam sie wieder Handschellen und Fußketten.
Erst als sie im Krankenwagen lag, gekettet an die Metallstäbe der Trage, entspannte sie sich. »Darf Tamica mitkommen? Bitte! Ich brauche sie im Krankenhaus«, bettelte Lexi zwischen zwei Wehen.
Doch sie bekam keine Antwort, und als die nächste Wehe einsetzte, vergaß sie alles andere. Als sie im Krankenhaus ankamen, folgten die Wehen so dicht aufeinander, dass Lexi sich vorkam, als trommelten die Faustschläge eines Preisboxers auf sie nieder. Sie wurde in ein Privatzimmer geschoben und von einer Wärterin sowohl innerhalb als auch außerhalb des Zimmers bewacht. Sie wollte sich herumdrehen, gehen oder sich auch nur aufsetzen, aber das war ihr unmöglich, weil sie an der linken Seite des Bettes angekettet wurde. An einem Handgelenk und einem Fußgelenk. Narkose bekam sie auch nicht, weil es schon zu spät dafür war. Was auch immer das heißen sollte!
Eine neue Wehe überflutete sie. Es war die bislang schlimmste. Sie schrie auf, und ihr Bauch wurde so hart, dass sie dachte, jetzt würde sie sterben.
Als der Schmerz nachließ, versuchte sie, sich aufzurichten, und sagte zur Wärterin: »Holen Sie bitte einen Arzt oder eine Schwester. Irgendwas stimmt nicht. Das spüre ich. Es tut einfach zu weh. Bitte.« Sie keuchte und hielt mühsam ihre Tränen zurück.
»Das ist nicht meine Auf …«
Die Frau kniff die Augen zusammen und blickte Lexi prüfend an. Lexi fragte sich, was sie sah: eine ans Bett gekettete Mörderin oder eine Achtzehnjährige, die ein Kind gebar, das sie wahrscheinlich nie kennenlernen würde.
»Ich seh mal nach«, sagte die Wärterin und verschwand.
Lexi sank in die Kissen zurück. Sie versuchte, stark zu sein, hatte sich aber noch nie so allein gefühlt. Sie brauchte jetzt Tante Eva in ihrer Nähe, oder Tamica, oder Zach, oder Mia.
Eine neue Wehe setzte ein. Lexi drückte sich gegen die Ketten, spürte, wie das kalte Metall ihr ins Fleisch schnitt. Dann war es vorbei.
Aufatmend sackte sie in die Kissen zurück. Ihr ganzer Körper war ausgelaugt.
Sie berührte ihren Bauch und spürte, wie ihr Baby zappelte. Wahrscheinlich versuchte es auch, seinen Weg aus dem Schmerz zu finden. »Ist schon gut, Kleines. Wir schaffen das.«
Sie kniff die Augen zu und versuchte, sich das Kind in ihrem Leib vorzustellen. Seit Monaten schon träumte sie auf ihrer einsamen Gefängnispritsche von diesem Kind, und in ihren Träumen war es immer ein Mädchen.
Als die nächste Wehe kam, schrie sie laut auf, weil sie überzeugt war, ihr Bauch würde aufreißen wie in Alien . Sie schrie noch, als der Arzt in Begleitung einer Schwester ins Zimmer trat.
»Sie ist angekettet? Wo sind wir denn, im Mittelalter? Ketten Sie sie los. Auf der Stelle.«
»Tut mir leid, Doktor, aber das darf ich nicht«, antwortete die Wärterin. Allerdings wirkte sie zumindest aufrichtig besorgt.
»Hallo, Lexi. Ich bin Dr. Farst«, sagte der Arzt, als er an ihr Bett trat.
»H … hi«, erwiderte sie. »Ich glaube, ich sterbe. Kann es sein, dass der Bauch reißt?«
Er lächelte. »Das fühlt sich nur so an. Ich werde Sie jetzt untersuchen.«
»Ist gut.«
Er schob ihren Kittel beiseite und führte seine Hand zwischen ihre Beine.
»Können Sie sie schon sehen? Aaaah …« Vor Schmerz wölbte sich Lexi nach oben.
»Okay, Alexa, es sieht so aus, als wollte da jemand auf die Welt kommen. Wenn ich ›pressen‹ sage, dann müssen Sie sich so fest wie möglich nach unten drücken.«
Lexi war so erschöpft, dass sie sich kaum noch rühren konnte. »Wie genau soll ich das machen?«
»So als hätten Sie Verstopfung und pressten mit dem ganzen Körper nach unten.«
»Ah.«
»Okay, Alexa. Pressen.«
Lexi presste und drückte und
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