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Wie Blüten im Wind: Roman (German Edition)

Wie Blüten im Wind: Roman (German Edition)

Titel: Wie Blüten im Wind: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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auch wenn sie nicht wusste, was. Die Menschen mochten sie nicht, nicht mal ihre Grandma. Grace versuchte zwar, lieb und nett und leise zu sein, wirklich, aber es half nichts, und alles ging immer schief, ganz gleich, wie sehr sie sich bemühte. Sie machte Sachen kaputt oder stolperte und konnte auch irgendwie keine Buchstaben lernen.
    Hey, Gracerina , sagte Ariel.
    Grace blickte in den kleinen, runden Spiegel. Sie konnte Ariel nicht wirklich sehen. So war das nicht. Sie wusste nur einfach, dass ihre Freundin jetzt da war. Sie hörte ihre Stimme in ihrem Kopf.
    Die Erwachsenen fragten Grace ständig, woher sie wusste, dass Ariel da war, oder wie ihre beste Freundin aussah. Dann erklärte Grace ihnen, dass Ariel so aussah wie Cinderella.
    Das stimmte auch irgendwie.
    Sie konnte Ariel nicht wirklich sehen , wusste aber genau, wann sie im Spiegel war und wann nicht. Und sie sah wirklich aus wie Cinderella, das hätte sie schwören können.
    Sie wusste noch, wann Ariel das erste Mal erschienen war.
    Da war Grace noch ein Baby gewesen, mit Windeln. Sie war bei Nana zu Hause gewesen, die sie früher gehütet hatte, wenn Daddy fleißig lernen musste. Aus dieser Zeit hatte Grace nur noch in Erinnerung behalten, wie Nana weinte. Alles machte Nana traurig: Musik im Radio, die Farbe Pink, der blöde alte grüne Pullover in der Garderobe, die verschlossene Tür oben. Und Grace.
    Ein Blick auf Grace reichte, und Nana fing an zu weinen.
    Eines Tages hatte Grace was falsch gemacht. Was genau, wusste sie nicht. In der einen Minute stand sie noch mit dem rosafarbenen Stofftier da, das sie im Schlafzimmer ihrer Großeltern gefunden hatte, und in der nächsten riss es Nana ihr so heftig aus der Hand, dass Grace das Gleichgewicht verlor und auf den Po fiel.
    Nana brach in Tränen aus, genau wie Grace. Sie sehnte sich nach ihrem Daddy, aber als er nicht kam, blieb sie einfach sitzen und lutschte an ihrem Daumen.
    Da hörte sie, wie jemand ihren Namen rief.
    Gracie, komm her … folge mir …
    Sie wischte sich die verrotzte Nase ab und stand auf. Mit ihrer gelben Decke im Arm folgte sie der Stimme die Treppe hinauf, bis sie vor der Tür landete, die immer zu war. In diesem Zimmer spielte nie jemand.
    Darin sah es aus wie im Märchen: Alles war gelb und rosa und einfach perfekt.
    An der Kommode hing ein großer Spiegel, der die gleiche Form hatte wie ein Football. Im Scharnier steckte eine rot-goldene Fahne. Gold-glitzernde Armreifen, Blumen und Regenbögen umrahmten den Spiegel.
    Gracerina?
    Sie wusste noch, dass sie im Spiegel etwas in Gelb und Rosa blitzen sah.
    Alles in Ordnung mit dir?
    Grace runzelte die Stirn, blickte genauer in den Spiegel und sah … etwas. Ein Mädchen vielleicht, das etwas älter war als sie. Alles in Ordnung mit dir? , wiederholte das Mädchen.
    »Ich bin böse«, sagte Grace und spürte, wie ihr wieder die Tränen kamen. »Grace ist böse.«
    Du bist nicht böse.
    »Wer bist du?«
    Ich heiße Ariel und bin deine Freundin, solange du mich brauchst. Leg dich auf den Teppich, Gracerina, und mach ein Nickerchen. Ich könnte dir eine Geschichte erzählen.
    Grace war so müde gewesen. Daher hatte sie sich auf dem weichen Teppich zusammengerollt und ihre Decke über sich gezogen. Mit dem Daumen im Mund war sie beim sanften Klang von Ariels Stimme eingeschlafen. Seitdem war Ariel ihre beste – ihre einzige – Freundin.
    Warum spielst du nicht mit den anderen Kindern?
    Grace sah auf ihr Handgelenk. »Die sind blöd.« Sie stocherte mit einem Stock im Sand.
    Achtung, Jungenalarm.
    Grace richtete sich auf und blickte sich um. Tatsächlich kam Austin Klimes auf sie zugelaufen. Sein Gesicht war platt und rund, so als hätte ihn jemand mit der Bratpfanne gehauen. »Ey, willst du mit uns Himmel und Hölle spielen?«, fragte er außer Atem. Seine Wangen waren hochrot.
    Die Betreuerin hatte ihn geschickt. Grace sah, dass die anderen Kinder zusammengeschart am Strand standen und kichernd zu ihr herüberblickten. Sie fanden es lustig, dass niemand sie mochte.
    »Ariel darf das nicht spielen.«
    Austin runzelte die Stirn. »Jeder darf das spielen.«
    »Eine Prinzessin nicht.«
    »Deine eingebildete Freundin ist doch keine Prinzessin.«
    »Du hast ja keine Ahnung.«
    »Und du bist eine fette Lügnerin.«
    »Bin ich nicht.«
    »Bist du wohl.« Er verschränkte seine dicken Arme über der Brust.
    Ganz ruhig, Gracerina. Der ist doch bloß ein Angeber.
    »Du hast nur eine Freundin, und die kann man nicht mal sehen«, sagte Austin und

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