Wie Blüten im Wind: Roman (German Edition)
Möglichkeiten hat wie du. Wir waren wohl etwas unsensibel. Komm jetzt.« Sie gingen zur Kasse, wo Jude für beide Kleider bezahlte. Dann bat sie die Verkäuferin, Lexis einzupacken. »Zieh dich an, Süße. Ich rede mal mit Lexi.«
Jude verließ die kleine Boutique und trat mit der Tüte in der Hand in die betriebsame Mall. Wohin sie auch blickte, sah sie Gruppen von Mädchen, die zweifellos mit der elterlichen Kreditkarte bewaffnet waren. Kein Wunder, dass Lexi so aufgebracht war. Es war bestimmt nicht leicht, so anders zu sein als alle, die man kannte, anders sogar als die beste Freundin, die alles bekam, was sie wollte.
Dann entdeckte sie Lexi auf einer Bank vor dem Buchladen. Sie saß vornübergebeugt, und ihr langes schwarzes Haar verdeckte ihr Gesicht.
Jude ging zu ihr und setzte sich. Lexi rutschte beiseite, um ihr Platz zu machen.
»Tut mir leid, dass ich so rumgemotzt habe«, murmelte Lexi.
»Ich hätte nicht so unsensibel sein sollen. Ich weiß, dass diese Kleider teuer sind.«
»Darum geht es nicht.«
Jude strich Lexi das Haar hinters Ohr, so dass sie ihr Gesicht sehen konnte. »Ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen.«
»Ist schon in Ordnung. Ich hätte nicht so eine große Sache daraus machen sollen.«
Jude lehnte sich zurück. Lexis Kummer zerriss ihr das Herz. Sie wusste, wie schwer sie es gehabt hatte, wie schwer sie es jetzt auch noch hatte. Während die meisten Jugendlichen von der Insel – ihre Kinder eingeschlossen – im ganzen Land nach dem perfekten College Ausschau hielten, hatte Lexi vor, nach ihrem Abschluss aufs hiesige Junior College zu gehen. Sie hatte unzählige Stunden dafür in der Eisdiele gearbeitet und jeden Penny gespart. Ihr größter Traum war ein Vollstipendium an der Universität von Washington, aber es gab nur wenige. Jude schmerzte die Vorstellung, dass Lexi den Schulball versäumen würde, der einem Initiationsritus gleichkam. »Ich hab gehört, dass Zach gute Chancen hätte, zum beliebtesten Schüler gewählt zu werden.«
»Er wird’s bestimmt.«
»Und Kay Hurtt könnte die beliebteste Schülerin werden.«
»Oder Maria de la Pena.«
»Aber Zach wird nicht hingehen, weil Amanda in L. A. ist.«
Lexi legte den Kopf schräg und sah sie an. Hätte Jude es nicht besser gewusst, dann hätte sie gesagt, dass Lexi beunruhigt aussah. »Das wusste ich nicht.«
»Ich möchte nicht, dass einer von euch den Schulball verpasst. Zach würde nie eine andere einladen, weil er mit Amanda zusammen ist, aber du bist die beste Freundin seiner Schwester. Dagegen hätte Amanda nichts. Und ihr drei könntet beim Ball viel Spaß haben. Es wäre eine Erinnerung fürs Leben.«
»Ich halte das nicht für eine gute Idee«, entgegnete Lexi leise. »Was ist mit der Sache mit Haley?«
»Ach, Schatz. Du würdest Mia nie so etwas antun. Das ist doch was ganz anderes.« Jude lächelte. Sie wusste, wie sehr Lexi darauf achtete, die Grenzen zu wahren, aber dies hier wäre gut für alle. »Wie wär’s, wenn wir Zach entscheiden ließen?«
Lexi starrte sie eine ganze Weile lang wortlos an.
»Das ist keine Mitleidsnummer, Lexi. Sondern ein Abend mit Freunden. Außerdem finde ich wirklich, dass Zach anwesend sein sollte, wenn er zum beliebtesten Schüler gewählt wird. Du nicht auch?«
Lexi seufzte. »Ja, schon.«
Jude hielt ihr die Tüte hin. »Ich hab dir das Kleid gekauft.«
»Das kann ich nicht annehmen«, erwiderte Lexi. »Das ist zu viel.«
Jude sah, wie dankbar Lexi war, aber es lag auch herzzerreißende Scham in ihrem Blick. »Du gehörst zur Familie, Lexi. Das weißt du doch. Bitte erlaube mir dieses Geschenk, ja? Ich weiß, du willst zum Ball. Geh doch mit Zach hin.«
Lexi starrte auf den gefliesten Boden. Wieder fiel ihr das Haar ins Gesicht, so dass Jude ihre Miene nicht sehen konnte. »Ist gut«, war Lexi schließlich einverstanden. »Wenn Zach mit mir hinwill, gehe ich. Aber …«
»Aber, was?«
Lexi schüttelte den Kopf, und ihr Haar schimmerte bei dieser Bewegung. »Wundere dich nicht, wenn er ablehnt.«
F ÜNF
»Gut. Augen auf!« Jude legte ihre Hände auf Lexis Schultern.
Lexi holte tief Luft und gehorchte. Vor ihr hing ein großer Spiegel mit einem Rahmen aus winzigen Lichtern. Für den Bruchteil einer Sekunde sah sie eine Fremde vor sich – ein Mädchen mit perfekt gewölbten Augenbrauen und seidig glänzenden schwarzen Haaren, die ihr Gesicht umschmeichelten. Rouge akzentuierte ihre hohen Wangenknochen, und sorgsam aufgetragener violetter Eyeliner betonte
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