Wie Blüten im Wind: Roman (German Edition)
aber, dass sein Wunsch nicht reichen würde.
»Mia«, sagte sie nur. Ihr widerstrebte es, ihn daran zu erinnern, doch was wäre sie sonst für eine Freundin gewesen? Sie liebte Mia genauso, wie sie Zach liebte.
Zach seufzte. »Was soll ich denn machen?« Er blickte an ihr vorbei auf den Sund. Dann wiederholte er, diesmal leiser: »Was soll ich denn machen?«
»Wir sollten nicht mal darüber reden, Zach. Wozu auch?«
»Aber es könnte doch klappen. Warum denn nicht? Wir könnten uns zu dritt eine Wohnung in Seattle nehmen. Dann könnten wir ein, zwei Jahre auf das Seattle Central Community College gehen und später zur Uni wechseln. Ich finde schon noch eine gute Fakultät für Medizin. Schließlich ist die USC nicht die einzige gute Uni auf der Welt.«
Lexi fühlte sich wie ein Kind, das mühelos von einem Heißluftballon in die Höhe gezogen wird. Sein Traum war so verlockend. Und einen kostbaren Moment lang erlaubte sie sich, daran zu glauben. Dann sagte er: »Ich werde ihnen sagen, was ich vorhabe.« Da entglitt ihr die Leine des Ballons, und sie landete auf dem Boden der Tatsachen.
»Noch nicht«, sagte sie und schmiegte sich so eng wie möglich an ihn. Ohne ein weiteres Wort reckte sie sich zu ihm hoch und küsste ihn, bis die Tränen in ihren Augen getrocknet waren. Mit ihren Händen und ihren Lippen zeigte sie ihm, wie sehr sie ihn liebte.
Danach lagen sie engumschlungen da, lauschten der nahenden Flut und sahen zu, wie der strahlend blaue Himmel langsam dunkler wurde. Als der Tag schließlich in einen lavendelfarbenen Abend überging, mussten sie ihre kleine Welt verlassen, in der die Aussicht immer gleich war und niemand zu ihnen eindringen konnte.
Die gesamte Rückfahrt hielt Lexi seine Hand. Sie hatte Angst, sie loszulassen. Als sie in die Night Road einbogen, wuchs ihre Anspannung, bis sie sich in hartnäckigen, pochenden Kopfschmerzen manifestierte.
Sie liebte Zach, aber er wusste nichts über Enttäuschung. Für ihn war alles immer leicht gewesen. Und er ging davon aus, dass es stets so bleiben würde.
Sie entdeckte in seiner Miene eine eiserne Entschlossenheit, die so wenig zu seinem hübschen Gesicht passte. Es war, als wäre ein Junge in die Schuhe seines Vaters geschlüpft und gäbe vor, sie passten ihm.
»Bist du bereit?«, fragte er, als er ihr die Tür öffnete.
»Nein.«
Er lächelte sie voller Selbstvertrauen an. »Es wird cool sein. Wirst schon sehen. Los.«
Sie ließ sich von ihm ins Haus führen.
Miles und Jude lagen aneinandergeschmiegt auf dem Sofa und lasen. Mia fläzte am anderen Ende der Sitzgruppe und sah fern. In ihrem rosafarbenen Frotteekapuzenshirt, der ausgebeulten grauen Jogginghose und den Strass-Flipflops wirkte sie wie ein kleines Mädchen, das Verkleiden spielt. Erst wenn man ihre verweinten Augen sah, merkte man, wie verletzt und zerbrechlich sie noch war.
Mia stand auf. »Hey, ihr beiden«, sagte sie etwas zu munter.
Lexi zerriss es das Herz. Sie spürte, wie sehr sich ihre beste Freundin bemühte, stark zu sein. Sie ging zu ihr und drückte sie heftig an sich. »Wie geht es dir?«
»Mir geht’s gut«, antwortete Mia. »Wenn nicht jetzt, dann später. Ihr solltet euch keine Sorgen um mich machen.«
»Mom? Dad?«, sagte Zach und trat zu ihnen. »Ich muss mit euch reden.«
Jude blickte abrupt auf. Lexi musste unwillkürlich an einen Naturfilm denken, wo ein Raubtier plötzlich aufblickt, wenn ein Beutetier auf einen Zweig tritt. Genau so sah Jude jetzt aus: wachsam. »Du willst mit uns reden? Was ist denn?« Sie stand rasch auf und ging zu ihrem Sohn.
Zach holte tief Luft. »Ich gehe nicht auf die USC . Ich möchte, dass wir alle drei zur Seattle Central CC gehen. Mia? Wir könnten uns zusammen eine Wohnung nehmen.«
Jude erstarrte.
»Was?« Jetzt stand auch Miles auf. »Wir haben doch schon die Anzahlung für die Studiengebühren gemacht. Die wird nicht erstattet. Verdammt, Zach …«
»Ich hab euch nicht darum gebeten!«, rief Zach laut.
»Aber du hast es auch nicht verhindert«, erwiderte Miles scharf. Er trat zu Jude, die blass geworden war. »Ich will dir mal eins sagen: Ich werde nicht für eure verdammte Wohnung bezahlen. Wenn du eine solche Chance ausschlagen willst, dann bist du auf dich allein gestellt. Dann kannst du mal sehen, dass das College kein Spaß ist, wenn man nebenbei Vollzeit arbeiten und alle Rechnungen selbst bezahlen muss.«
»Das ist nicht fair«, wandte Zach ein. »Du kannst doch nicht …«
»Schluss!«, zischte Jude und
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