Wie Blüten im Wind: Roman (German Edition)
melden sollten, sagen Sie nichts, sondern geben ihnen nur meine Telefonnummer. Sagen Sie gar nichts , ich kann es nicht oft genug wiederholen. Ich werde ihnen erklären, dass ich Sie vertrete, und dann so viel wie möglich über den Fall herausfinden. Wenn wir Glück haben, kommt es erst gar nicht zur Anklage. Wenn nicht …« Er zuckte mit den Schultern.
Eva stand auf. »Danke, Mr Jacobs.«
»Bitte nennen Sie mich Scot. Und keine Angst, Lexi. Wir sorgen dafür, dass Sie nicht ins Gefängnis müssen.«
»Bist du sicher, dass du das wirklich willst?«, fragte Eva.
Lexi stand am Fenster und starrte hinaus. »Soll ich etwa nicht zur Beerdigung meiner besten Freundin?«
»Aber das wird hart.«
»Ich hab sie getötet«, sagte Lexi leise. »Da kann ich nicht erwarten, dass es leicht wird.« Sie glaubte nicht, dass irgendetwas jemals wieder leicht sein würde. Aber sie musste es tun. Sie musste dort tief beschämt stehen und ihren Freunden zeigen, was dabei herauskam, wenn man betrunken Auto fuhr. Außerdem musste sie Zach noch mal sehen, ein einziges Mal – und seine Eltern –, um ihnen zu sagen, wie leid es ihr tat.
Sie ging ins Bad und setzte sich auf den beigefarbenen Fiberglasrand der Badewanne. Als sie die Augen schloss, spürte sie Mia neben sich. Möchtest du nach der Schule mit zu mir kommen? Wir treffen uns am Fahnenmast … sie ist einfach so zu mir gekommen, madre , und hat gefragt, ob sie sich zu mir setzen könnte … rück rüber, Zach, du zerquetschst meine beste Freundin …
Da weinte sie, bis sie keine Tränen mehr hatte. Schließlich holte sie tief Luft, atmete ganz langsam wieder aus und stand auf.
Sie zog sich eine schlichte schwarze Hose an, schwarze flache Schuhe und einen kurzärmligen blauen Angorapulli, den Mia ihr geschenkt hatte. Sie fühlte sich innerlich hohl und zittrig.
Im Wohnzimmer stand Eva ganz in Schwarz am Küchentisch und trank mit besorgter Miene einen Kaffee nach dem anderen – wie immer, wenn sie nervös war. Das wusste Lexi mittlerweile über sie. Wann immer Eva ihre Zigaretten fehlten, trank sie so viel schwarzen Kaffee, bis es vorbei war. »Das ist wirklich keine gute Idee. Was ist, wenn Reporter da sind?«
»Früher oder später muss ich mich denen ohnehin stellen.«
Eva warf ihr einen letzten besorgten Blick zu und wollte etwas sagen. Doch dann überlegte sie es sich anders. Sie presste die Lippen zusammen, verließ den Wohnwagen und ging voran zu ihrem alten Ford Fairlane.
Schweigend fuhren sie zur Insel.
Als sie an der Highschool vorbeikamen, bemerkte Lexi, dass jetzt auf der Anschlagtafel stand: Gedenkgottesdienst für Mia Farraday. Grace Church, heute 16 . 00 Uhr/ ABSCHLUSS SAMSTAG 13 . 00 Uhr.
Der Parkplatz vor der Kirche war voll.
Lexi atmete geräuschvoll aus.
Eva fand einen leeren Parkplatz und hielt.
Lexi stieg aus dem Wagen. Als sie zur Kirche ging, fing ihr gebrochener Arm an zu schmerzen, und ihr wurde flau im Magen.
»Du schaffst das.« Eva nahm Lexis gesunden Arm.
Die Kirche war brechend voll. Bis zur letzten Bank saßen Jugendliche, Eltern und Lehrer. Oben am Altar hing ein Poster von Mia in ihrem Kostüm von Once upon a Mattress . Mit ihrem perlenbesetzten Mieder und dem Bühnen-Make-up, das ihre grünen Augen betonte, wirkte sie strahlend schön – eine junge Frau mit einer großen Zukunft.
Lexi taumelte. Eva hielt sie aufrecht.
Als sie an den Bänken vorbeigingen, hörte Lexi das Flüstern der Leute.
»… Lexi Baill … Überraschung …«
»… wäre sie eine bessere Freundin gewesen …«
»… die Arme …«
»… hat vielleicht Nerven …«
»Hey, Lexi, willst du hier sitzen? Lexi .«
Langsam drehte sie sich um und sah Amanda Martin, Zachs Exfreundin, in einer Bank rechts von ihr sitzen.
Amanda rutschte zur Seite und zwang damit ihre Eltern dichter zusammen.
Lexi nahm neben Amanda Platz. Sie sah ihr in die Augen, die sie traurig anblickten, und plötzlich mussten beide weinen. Zwar waren sie auf der Schule nicht befreundet gewesen, aber das war jetzt ganz gleich. All das fiel jetzt von ihnen ab. »Es war nicht im allermindesten deine Schuld«, sagte Amanda. »Mir ist egal, was die anderen sagen.«
Überrascht merkte Lexi, wie viel ihr das bedeutete. »Danke.«
Bevor Amanda noch etwas hinzufügen konnte, fing der Gottesdienst an.
Als der Geistliche Mias Namen sagte, brachen alle Mädchen – und einige Jungen – in Tränen aus. In seiner Ansprache beschwor der Geistliche das Bild einer glücklichen Achtzehnjährigen
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