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Wie der Vater so der Tod

Wie der Vater so der Tod

Titel: Wie der Vater so der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tracy Bilen
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Ich sehe Alex an und hebe den Zeigefinger an die Lippen.
    »Ist dein Bruder zu Hause?«
    Wie lautet die richtige Antwort? Was ist, wenn ich Ja sage und Dad dann mit Matt reden möchte? Was dann? Hört er Alex atmen?
    »Ich glaube, er ist draußen.«
    »Sag ihm, er soll die Garage fegen.«
    »Ja, Dad.« Ich lege auf und stütze den Kopf an Alex’ Schulter. »Ich muss die Garage fegen. Wie ist deine Einstellung zu körperlicher Arbeit?«
    »Wenn ich dich schwitzen sehe, habe ich nichts dagegen.«
    Als wir die Garage betreten, stutzt Alex. »Soll das ein Witz sein?«, fragt er. »Der Boden ist so sauber, dass man davon essen kann.«
    »Ich befolge nur die Anweisungen«, erwidere ich. »Mein Vater möchte, dass hier jede Woche gefegt wird, ob es nötig ist oder nicht.«
    Wir fegen, kehren dann ins Wohnzimmer zurück und machen dort weiter, wo wir aufgehört haben. Ich möchte Alex in mein Zimmer mitnehmen, aber dann müsste ich den Plüschhund auf meinem Bett erklären. Außerdem bin ich kein solches Mädchen, obwohl ich es im Augenblick gern wäre. Nach fünf Minuten – vielleicht auch nach einer halben Stunde – singt der Vogel der Kuckucksuhr, dass es fünf geworden ist. Sonst mag ich den Vogel, aber heute bin ich sauer auf ihn, weil er uns unterbricht. Alex weicht zurück.
    »Ich sollte mich wohl besser auf den Weg machen«, sagt er.
    »Ja.« Meine Lippen sind noch immer heiß. »Mein Vater kommt bald nach Hause. Jetzt tut es dir sicher leid, dein Footballtraining verpasst zu haben.«
    »Mhm. Wahrscheinlich muss ich eine Woche lang Intervalltraining machen. Oder zwei. Aber das war es wert.« Er küsst mich auf die Nase.
    Ich begleite ihn zur Tür, beobachte aber nicht, wie er wegfährt. Ich will nicht sehen, wie er mich verlässt – ich würde mich sonst noch einsamer fühlen.
    Ich setze mich wieder auf die Klavierbank und erröte, als ich daran denke, was wir hier gemacht haben. Dann spiele ich noch einmal Wildfire , schließe die Augen und stelle mir vor, dass Alex noch immer bei mir ist.
    Ich hole eine Karotte für Chester und frage mich, wie oft ich ihn noch füttern kann.
    »He, du …«
    Chester lahmt von der anderen Seite der Weide auf mich zu. Als er mich erreicht, sehe ich, dass sein Bein angeschwollen ist.
    »Es wird nicht besser, wie?«, frage ich und reibe ihm den Kopf. Dann bekommt er die Karotte. »Keine Sorge. Ich sorge dafür, dass sich ein Tierarzt um dich kümmert«, verspreche ich. »Sobald du deine Medizin bekommen hast, bist du wieder ganz der Alte.«
    Chester stößt mich an die Schulter.
    Ich hole mein Handy hervor. Zwar bin ich sicher, dass Mr. Jenkins inzwischen zu Hause ist, aber er nimmt nicht ab. Ich hinterlasse eine Nachricht.
    »Hallo, Mister Jenkins? Ich bin’s, Sara, Ihre Nachbarin. Ich wollte Ihnen nur sagen, dass Chester ziemlich stark lahmt. Ich glaube, Sie sollten … Sie müssen ihn von einem Tierarzt untersuchen lassen. Damit er Medizin bekommt.«
    Ich reibe Chester die Schnauze und gebe ihm noch eine Karotte. »Na bitte, ich habe angerufen!« Wenn ich nur sicher sein könnte, dass es etwas nützt!
    Chester frisst den Rest seiner Karotte und hinkt davon.
    Ich kehre schweren Herzens ins Haus zurück.
    Im Wohnzimmer sehe ich mir The Winds of Change an.
    Julia erinnert sich an ihren wahren Ehemann Robert. Jetzt ist es so weit! Sie wird sich von Ramón befreien! Ich juble. Aber leise, um meinen Vater nicht zu stören. Doch anstatt zu entkommen, anstatt möglichst weit wegzulaufen, erzählt Julia Ramón von den Erinnerungen. Er lacht nur und meint, dass sie an einen alten Film denkt, den sie zusammen gesehen haben. Irgendwie glaubt sie ihm und bleibt.
    Ich frage mich, wie lange Julia braucht, bis sie begreift, dass sie gehen und Ramón verlassen muss. Hoffentlich braucht sie nicht so lange wie meine Mutter. Denn wenn sie sich so viel Zeit lässt …
    Dann ist es vielleicht zu spät für sie.

7
Freitag
    Am nächsten Morgen wecken mich die Vögel vor dem Wecker. Ich öffne den Kleiderschrank und wühle in meinen Sachen, bis ich zwei Teile finde, an denen noch die Preisschilder hängen. Ich habe sie vor einigen Wochen in der Brookton Mall gekauft. Es ist kein besonders großes Einkaufszentrum. Dort gibt es einen Sears- und einen Dollar-Laden, mit einem Dutzend Geschäften dazwischen, unter anderem einem Zone – dem einzigen Klamottenladen, der wenigstens ein bisschen was taugt. Mom und ich im Einkaufszentrum, das läuft ungefähr so.
    Mom: »Dies könnte dir stehen.«
    Ich: »Es

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