Wie der Vater so der Tod
geben.«
»Überraschung?«
Alex zieht den Reißverschluss seines Rucksacks auf und wirft mir eine Packung Ritz Bits zu.
»Danke«, sage ich und lächle. Wo bist du mein ganzes bisheriges Leben gewesen, Alex Maloy? »Jetzt frage ich dich: Woher hast du das gewusst?«
»Oh, ich habe meine Quellen. Na schön, eine Quelle. Ein gewisser Zach.«
Ich öffne die Packung. »Möchtest du welche?«
»Hasst mich Robertson? Aber klar doch.«
Statt die Ritz Bits zu nehmen, hält Alex meine Hand mit den Crackern fest.
»Maloy!«, ruft Mr. Robertson.
Alex lässt meine Hand los. Die Ritz Bits fallen auf den Boden.
»Melde dich bei Altman!«
»Wegen des Händchenhaltens?«
»Nein, nicht wegen des Händchenhaltens.« Mr. Robertson rollt mit den Augen und seufzt. »Wegen irgendwelcher anderer Schwierigkeiten, in die du dich gebracht hast.«
»Ach so. Nun, da ich bereits in Schwierigkeiten stecke …« Alex beugt sich vor und küsst mich. Und noch einmal. Und erneut …
Die Klasse flippt aus.
»Raus!«
Ich setze mich, in eine Wolke aus Verlegenheit und Glück gehüllt, und Mr. Robertson will mit dem Unterricht beginnen. Er ist kaum zu hören, denn es wird noch immer gelacht und gepfiffen. Ich achte überhaupt nicht auf ihn und bin viel zu sehr damit beschäftigt, an Alex zu denken, daran, ihn zu küssen, und an seine Sorge um Jimmy. Vor dem inneren Auge sehe ich noch einmal, wie er nach dem Spind tritt. Nach dem Spind . Plötzlich fällt mir etwas ein. Von einem Augenblick zum anderen erinnere ich mich daran, woher ich den Namen Carter kenne: Carter Mini Storage . Wir sind ein paarmal daran vorbeigefahren, als Dad Matt auf den Nebenwegen hinter seinem Laden das Fahren mit manueller Schaltung beibrachte. Ich weiß noch, was mein Vater sagte. »Wozu brauchen die Leute irgendwelche Lagerräume? Wenn nutzlose Sachen zu Hause keinen Platz mehr haben – weg damit!«
Hat Dad einen Lagerraum angemietet? Er wirft auch Dinge weg, die andere seiner Meinung nicht mehr brauchen (zum Beispiel Sam). Die einzigen unbenutzten Sachen, die er behält, befinden sich in Matts Zimmer, vielleicht deshalb, weil er in seinem Wahn glaubt, dass Matt noch lebt.
Ich nehme meine Handtasche aus dem Rucksack und suche darin nach dem Zettel. Zuerst überprüfe ich die Innentaschen, in denen man Gegenstände verstauen kann, die niemand sehen soll, wenn man die Handtasche öffnet. Soweit ich feststellen kann, ohne die Innentaschen ganz zu leeren, befindet sich kein Zettel darin. Anschließend nehme ich mir das Durcheinander aus alten Quittungen im Hauptfach der Handtasche vor. Wo ist der verdammte Zettel? Ich möchte nicht noch einmal in den Eisenwarenladen einbrechen müssen. Ich meine, eigentlich war es kein Einbruch, gut, aber mir graut trotzdem bei der Vorstellung. Schließlich hole ich mein Portemonnaie hervor und suche zwischen den Banknoten.
»Sara, dies ist nicht der richtige Zeitpunkt, dein Geld zu zählen«, sagt Mr. Robertson. »Bitte pass auf!«
Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie Lehrer Bitte sagen können, wenn sie in Wirklichkeit meinen: Sonst drehe ich dir den Hals um.
»Ja, gut«, sage ich und nehme die Kleinigkeiten aus dem Portemonnaie, die dort verstaut sind, wo die Kreditkarten stecken, wenn man welche besitzt.
Ich finde den Zettel in der Mitte dieses kleinen Stapels. Carter. Drei, sechs, zwei, neun, vier, sieben. Ich stecke den Rest ins Portemonnaie zurück, das ich anschließend in die Handtasche lege. Dann nehme ich den Kugelschreiber, kritzle auf meinem Arbeitsblatt herum und zähle stumm bis zehn. Ich behalte den Kugelschreiber zur Tarnung in der rechten Hand und blicke aufs Lehrbuch hinab, während ich mit der linken Hand das Handy aus den Jeans ziehe und Zach eine SMS schicke:
BRAUCHE DEINEN WAGEN. HINTERTÜR BEIM CHORRAUM. DRINGEND!
»Sara, du weißt doch, dass Handys während des Unterrichts nicht erlaubt sind. Gib es mir!«
Irgendwie steht Mr. Robertson neben meinem Tisch, aber ich glaube nicht, dass er die Nachricht an Zach gelesen hat. Er streckt die Hand aus.
»Es war meine Mom. Sie möchte, dass ich sie anrufe. Ich habe ihr geschrieben, dass ich im Unterricht bin und mich in der Mittagspause melde. Ich lege es weg.«
»Tut mir leid, du kennst die Regeln. Gib mir das Handy!«
Ich stecke es in die Hosentasche. Auf keinen Fall trenne ich mich von meinem Handy. Es ist die einzige Möglichkeit für meine Mutter, Verbindung mit mir aufzunehmen.
»Ich kann nicht«, sage ich schlicht.
»Sara, ich muss einen
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