Wie deutsch ist das denn?!
dem Wiener Automobilhersteller Gräf & Stift, der 1971 von MAN übernommen wurde. Im Jahr 1900 meldeten Gräf & Stift diese Technik zum Patent an, doch erst viel später– in den Zwanzigerjahren des vorigen Jahrhunderts– gelang es der französischen Firma Tracta, sie zu wirklicher Serienreife zu bringen. Die Lizenz dieser Konstruktion wurde an verschiedene europäische Automobilunternehmen verkauft, darunter auch die deutschen Firmen DKW und Adler. Erster deutscher Hersteller eines Modells mit Frontantrieb war allerdings der Fahrzeug- und Nähmaschinenfabrikant Stoewer in Stettin. Sein Kleinwagen Stoewer V5 kam 1931 heraus und wurde insgesamt 2100-mal gebaut.
Die nächste Weltpremiere, ebenfalls 1931, war ein Ergebnis deutsch-dänischer Zusammenarbeit: Der in Kopenhagen geborene Unternehmer Jørgen Skafte Rasmussen hatte 1916 im sächsischen Zschopau die Marke DKW gegründet (was ursprünglich für » Dampf-Kraft-Wagen « stand). 1925 übernahm seine Firma, die nach dem vorhersehbaren Flop des Dampfmobils alle möglichen Zweiräder und Motoren produzierte, die marode deutsche Automarke Slaby-Beringer und wurde damit selber zum Automobilunternehmen. Sechs Jahre später gelang Rasmussen dann ein Coup, der DKW zum zweitgrößten Automobilhersteller Deutschlands machen sollte: das weltweit erste Auto mit Vorderradantrieb und quer eingebautem Frontmotor, der DKW F1. Im Frühjahr 1931 wurde der dreisitzige Roadster mit lederbespannter Holzkarosse auf der Internationalen Automobilausstellung in Berlin vorgestellt– technisch gesehen, der Urahn des heutigen VW Golf, auch wenn der überwiegend aus Blech besteht.
1938 nahm auch der französische Hersteller Citroën das Grundkonzept des Golf in weiten Teilen vorweg: Der in nur wenigen Exemplaren gebaute Traction Avant Commerciale war das erste Auto mit Frontantrieb, Schrägheck und voll nutzbarer Ladeöffnung. Allerdings war seine Heckklappe in der Mitte zweigeteilt, und anders als beim DKW F1 steckte der Motor in traditioneller Bauweise längs unter der Haube.
Wir übergehen den Zweiten Weltkrieg, machen einen Zeitsprung und erleben gut zwanzig Jahre später das Auftauchen einer radikal neuen Karosseriebauweise– der Countdown zur Golfklasse beginnt. Zunächst überraschen die Briten die automobile Welt mit einer buchstäblich winzigen, aber dennoch weitreichenden Revolution: Die Urversion des Mini ist der erste moderne Kleinwagen mit Frontantrieb, quer eingebautem Motor und kurzem, abgeschrägtem Steilheck.
Der Mini ist größtenteils die Schöpfung eines einzigen Mannes– des Ingenieurs Alexander » Alec « Issigonis, geboren 1906 im damals noch griechischen Smyrna (heute das türkische Izmir) als Sohn eines Griechen mit britischem Pass und einer deutschen Mutter. Nach seinem Studium in London beginnt er 1936 in der Automobilindustrie zu arbeiten und landet nach mehreren Stationen im Austin-Werk Longbridge, das zu jener Zeit gemeinsam mit Morris in Cowley die British Motor Corporation ( BMC ) bildete. Die Idee zum Mini entsteht 1956, nachdem die Sueskrise einen ersten Ölschock ausgelöst hat. Die Konstruktion eines sparsamen Kleinwagens ist dringend geboten, und Issigonis lässt sich dadurch zu einem Geniestreich inspirieren. 1959 wird das winzige und witzige Unikum erstmals vorgestellt– damals allerdings noch nicht unter der Modellbezeichnung Mini, sondern je nach Markenzugehörigkeit als Austin Seven oder Morris Mini-Minor. Der Neue ist ein Riesenerfolg, und Issigonis wird dafür 1969 zum » Sir « geadelt. Mit insgesamt 5,3 Millionen Exemplaren (der moderne BMW -Nachfolger nicht mitgerechnet) ist der Mini bis heute das meistverkaufte britische Auto aller Zeiten.
Mit einer weiteren wegweisenden Entwicklung warten 1961 die Franzosen auf: Der Renault 4 ist das erste Großserienauto mit » fünfter Tür « , also einer vollständig öffnenden Heckklappe, und einer komplett umlegbaren Rücksitzbank. Die Idee dazu stammt von dem damaligen Renault-Vorstandschef Pierre Dreyfus, der sich große Marktchancen von einem preisgünstigen, praktischen, unkomplizierten und » klassenlosen « Automobil verspricht. Und er behält recht: Obwohl der R4 auf heftigen internen Widerstand stößt, wird er wie geplant realisiert– und erweist sich als wahre Verkaufsrakete. Bis 1992 entstehen in fast unveränderter Form über acht Millionen Exemplare des R4, die in mehr als 100 Länder rund um die Welt verkauft werden.
1969 schließlich springt die italienische Fiat-Tochter
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