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Wie die Madonna auf den Mond kam

Wie die Madonna auf den Mond kam

Titel: Wie die Madonna auf den Mond kam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Bauerdick
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und mir zu verstehen, den Mund zu halten. »Darf ich offen zu Ihnen sprechen?«
    »Bitte. Nur zu. Aber ich habe nicht viel Zeit.«
    Paula Petrin hörte ernsthaft zu, als der Ungar die Ereignisse in Baia Luna ohne Ausschweifungen und dramatische Details, doch anschaulich und treffend schilderte.
    »Zwei Menschen wurden, wie Sie meinen, ermordet. Danach zur Autopsie hierher gebracht, und nur eine der Leichen kam zurück in ihren Heimatort. Das ist in der Tat merkwürdig. Ich bin noch nicht sehr lange hier, aber wenn so ein Fall früher schon mal vorgekommen wäre, das hätte mein Vater bestimmt zu Hause erzählt. Aber lassen Sie mich nachschauen.«
    Paula Petrin zog die Schublade eines Karteischranks auf und ließ ihre Finger über die Karten gleiten. Sie schält nie Kartoffeln, dachte ich. Kein Mädchen aus Baia Luna hatte so schlanke, so wohlgeformte Finger. Nicht einmal Buba.
    »Am letzten Sonntag wurden die Leichen abgeholt?« »Ja.«
    »Dann müssen sie gegen Abend hier in der Leichenhalle angekommen sein. Aber sonntags ist hier niemand. Also müssen wir bei Montag schauen. Montags ist hier immer viel los, weil sich die Fälle vom Wochenende aus dem ganzen Bezirk ansammeln und abgearbeitet werden müssen. Ich hab's. Baia Luna. Am Montag. Ja, Sie haben recht. Es hat am Wochenende in ihrem Dorf wohl einen unklaren Todesfall gegeben.«
    »Nein, zwei!«, riefen Istvan und Petre gleichzeitig.
    »Warten Sie. Hier!« Paula Petrin legte eine Karteikarte auf den Tisch. »Fernanda Klein. Ja, ich erinnere mich, eine ältere Dame aus Baia Luna. Ich erinnere mich sogar gut. Manchmal sieht man den Toten an, wie sie im Leben waren. Sie war gewiss eine angenehme Person. Alleinstehend, aber schrecklich neugierig. Stimmt's? Angina pectoris. Ganz eindeutig. Ihr Herz hat zu wenig Sauerstoff erhalten. Kalziumablagerungen haben ihre Arterien verstopft. Das zieht sich über Jahre hin und ist keine seltene Todesursache bei Menschen im Alter von Frau Klein. Wenn ich die Daten recht betrachte, muss die Dame in den letzten Jahren mit einem enorm hohen Blutdruck gelebt haben. Gut möglich, dass ihr Körper eine schwere Anstrengung nicht verkraftet hat, ja, und dann ... «
    »Fernanda brauchte sich niemals anzustrengen«, schnitt Istvan der Ärztin das Wort ab.
    »Nun, es muss auch keine große körperliche Aktivität gewesen sein, manchmal kann auch eine starke emotionale Belastung eine Angina auslösen.«
    »Sie meinen, ein heftiger Schock?«, fragte ich.
    »Ja, das ist nicht auszuschließen. In einer extremen Situation, sagen wir, bei panischer Angst oder bei einer gefährlichen Bedrohung, reagiert der menschliche Körper mit einer gesteigerten Blutzufuhr zum Herzen. Doch wenn die Wege infolge einer Arteriosklerose verengt sind, erhält der Herzmuskel zu wenig Sauerstoff. Aber was sollte der lieben Frau Klein um Himmels willen denn solch einen Schrecken eingeflößt haben?«
    »Der Mord an unserem Priester«, sagte der Ungar. »Fernanda Klein war die Wirtschafterin unseres Pfarrers.«
    »Und deshalb sind wir hier«, warf Petre ein. »Diese Kerle haben Pater Johannes im Pfarrhaus den Hals durchgeschnitten.«
    »So ist es«, bestätigte Istvan. »Seine Leiche und die seiner Haushälterin wurden von der Polizei zur Obduktion abgeholt, doch zur Beerdigung kam nur der Sarg mit Fernanda zurück.«
    Paula Petrin kaute auf ihrer Unterlippe. »Das ist wirklich seltsam. Aber ich gebe Ihnen mein Wort, ein Mordopfer mit durchtrennter Kehle hat nicht auf meinem Obduktionstisch gelegen. Das kann ich Ihnen hoch und heilig versprechen. Bei der Suche nach dem Leichnam Ihres Pfarrers kann ich Ihnen leider nicht weiterhelfen. Hier war er definitiv nicht. Wer hat denn in Baia Luna den Fall untersucht?«
    »Ein älterer, dicker Polizist mit strohigem Haar. Ich meine, er hieß ... « Istvan rieb sich die Stirn.
    »Patrascu«, rief Paula Petrin aus.
    »Genau«, sagte Petre. »Und dieser Patrascu machte nicht den Eindruck, als würde er sich auf seine alten Tage noch für irgendetwas den Arsch aufreißen.«
    »Sie meinen, er wirkte unmotiviert«, korrigierte Dr. Petrin lächelnd. »Aber Patrascu ist ein guter Polizist. Durch meinen Vater kenne ich den Kommissar schon seit Kindertagen. Patrascu ist schwer in Ordnung, auch wenn er möglicherweise, um es salopp auszudrücken, seinen Hintern nicht mehr so richtig hoch kriegt. Sie sollten ihn einfach aufsuchen. Die Polizeistation ist nicht weit von hier. Ich denke, Kommissar Patrascu wird Ihnen weiterhelfen. Bringen

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