Wie die Welt endet: Roman (German Edition)
alter Witz, aber ein paar aus unserer Sippe lachten trotzdem.
» Macht, dass ihr weiterkommt, verdammte Zigeuner, hier kauft euch keiner was ab«, brüllte der Mann zurück. Er trug so eine idiotische schwarze Brille, wie sie vor fünfzehn Jahren groß in Mode gewesen war.
Ange zeigte ihm den Stinkefinger.
» Wann hat das mit den Witzen übers Rasenmähen eigentlich angefangen?«, fragte ich Colin.
» Hmm.« Er überlegte. » Im Sommer 2019, würde ich sagen. Die richtig armen Leute hatten ja schon ein paar Jahre früher mit dem Rasenmähen aufgehört, aber in dem Jahr war der Höhepunkt. Ich glaube, in den ersten Witzen ging es ums Rasensprengen, aber–« Colin blieb stehen. » Ach du Scheiße.«
Mit Gewehren in den Händen kamen zwei weitere Männer aus der Garage. Einer schleuderte eine leere Bierdose ins Unkraut und stürmte dann über die Einfahrt auf uns zu.
» Findest du das witzig?« Er brüllte es Ange direkt ins Gesicht und verstellte ihr den Weg. Dieser Mann trug keine Brille. Er war ein Muskelpaket und die Großkotzigkeit in Person, der typische wütende Kriegsveteran.
Ange schwieg.
» Und?«, schrie er. » Findest du das witzig?« Er schlug sie ins Gesicht, hart.
Ohne jedes Zögern spuckte Ange ihm ins Gesicht. Selbst aus zehn Metern Entfernung sah ich die Wut in seinem Blick, als er sich mit dem Handrücken eine Stelle direkt unter dem Auge abwischte.
» Wir gehn ja schon, wir gehn ja schon«, sagte ich, indem ich mich den beiden langsam näherte. » Entschuldigen Sie bitte.« Als der Kerl mich ins Visier nahm, klopfte mir das Herz bis zum Hals.
» Haut bloß ab. Das ist das Beste, was ihr machen könnt.«
Er packte Anges Handgelenk und riss an ihrem Arm. Sie schrie auf, stemmte die Füße in den Boden und kratzte an den Fingern, die ihr Handgelenk umklammerten.
Wir stürzten alle los, um ihr zu helfen, blieben aber sofort wieder stehen, als der dritte Mann rasch ein paar Schritte vortrat, sein Gewehr hob und auf Colins Brust zielte.
Der Kerl mit der Brille packte jetzt auch Anges freien Arm, dann schleiften sie die schreiende Frau zu zweit die Auffahrt entlang und die Vordertreppe hoch. Der Dritte, ein kleiner Kahlkopf, folgte ihnen im Rückwärtsgang und zielte dabei mit seiner Flinte immer abwechselnd auf einen von uns.
» Wenn ihr wisst, was gut für euch ist, verschwindet ihr jetzt«, sagte er auf der obersten Stufe. Er senkte das Gewehr und folgte den anderen ins Haus.
Drinnen schrie Ange.
» Helft ihr doch!«, rief Jeannie einer Traube von Zuschauern zu, die sich auf der anderen Straßenseite gebildet hatte. Doch niemand rührte sich.
» Ach du Scheiße«, wiederholte Colin. » Was machen wir bloß?«
» Wenn ich das wüsste«, sagte ich. » Wir müssen sie da rausholen.«
Colin nickte. Er keuchte, als wäre er außer Atem. » Aber wie?«
Drinnen kreischte Ange: » Lasst mich los!«
» Kann bitte jemand die Polizei rufen?«, bat Jeannie.
» Schon passiert. Vor fünf Minuten«, sagte ein junges Mädchen.
Ich schaute die Straße entlang, in beide Richtungen. Nichts. Aus dem Haus dröhnte rohes Gelächter, und ich ging rasch ein paar Schritte die Einfahrt hinauf.
» Das würd ich nicht machen«, rief jemand von der anderen Straßenseite.
» Da kommen sie!«, brüllte Jim. Ein Streifenwagen näherte sich. Wir winkten wie verrückt. In Zeitlupe schien er heranzukriechen.
Das Wagenfenster wurde heruntergelassen. » Was ist hier los?«, fragte ein Polizist mit dunkler Sonnenbrille gelassen aus dem klimatisierten Wageninneren.
Wir antworteten alle gleichzeitig und zeigten dabei auf das Haus. Anges Schreie waren jetzt gedämpft, als halte ihr jemand den Mund zu.
» Wie viele Männer?«, fragte der Polizist.
» Drei«, antwortete ich.
» Bewaffnet?«
Ich nickte. » Mindestens zwei Gewehre. Wir müssen schnell machen.«
Der Polizist schüttelte den Kopf. » Drei bewaffnete Männer? Glaubt ihr denn, ich bin Wyatt Earp?«
» Bitte. Bitte, unternehmen Sie etwas«, flehte Jeannie. » Wir helfen Ihnen.«
Wieder schüttelte er den Kopf. » Ihr hättet euch gar nicht erst mit denen anlegen sollen.« Er ließ die Scheibe hochfahren.
» Fordern Sie Verstärkung an!«, schrie ich, aber der Streifenwagen fuhr schon los. Jeannie trommelte auf den Kofferraum, um ihn wieder anzuhalten.
Ich schaute Colin an. Schweiß rann über sein schmutziges Gesicht. » Wir müssen da rein«, sagte ich.
Colin nickte. » Ich weiß.«
» Was haben wir für Waffen?«, fragte Jim. Er stand neben
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