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Wie die Welt endet: Roman (German Edition)

Wie die Welt endet: Roman (German Edition)

Titel: Wie die Welt endet: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will McIntosh
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trennte. Ich glaube, jeder kennt diese Linie. Seit Beginn des Niedergangs hatte sich alles verändert, und es gab keinen Grund, warum ausgerechnet die Liebe von diesem Umbruch verschont bleiben sollte.
    Ich ging nach Hause. Die Sonne stand schon tief am Himmel, ihr Licht fiel durch die gewundenen, mit Spanischem Moos behängten Äste der Eichen und warfen einen Goldschimmer auf die roten Backsteine des Gehsteigs. Ange tat mir so leid. Sie war mir so nah. Ein Rigorosum von zwei Stunden, drei Unterschriften, und sie hätte ihren Doktortitel gehabt. Dann hätte sie an der Universität unterrichten oder ihre Forschungen für ein landwirtschaftliches Unternehmen weiterführen können. Für sie stand so viel auf dem Spiel. Früher hatte es eine Menge akzeptabler Alternativen gegeben, wenn man nicht in einem lukrativen Beruf Fuß fassen konnte. Heutzutage jedoch war der Graben zwischen Arm und Reich anscheinend zu einem Abgrund geworden. Es gab keine Mittelschicht mehr. Auf der einen Seite lebten die Reichen abgesichert und behaglich im Luxus, während wir auf der anderen Seite alle Mühe hatten, über die Runden zu kommen.
    Als ich mich dem Jackson Square näherte, blieb ich plötzlich stehen. Sebastian saß dort auf einer Bank, und neben ihm der Jumpy-Jump, der uns vor einer halben Stunde bedroht hatte. Sie lachten zusammen, als wären sie alte Freunde. Als Sebastian mich entdeckte, winkte er. Der Jumpy-Jump drehte sich auch zu mir und lächelte.
    » Der große Bruder von der Schnecke! Komm her, setz dich zu uns.«
    Ich ging zur Bank hinüber.
    » Ihr beiden kennt euch?«, fragte Sebastian.
    » Allerdings.« Der Jumpy-Jump streckte die Hand aus, die mittlerweile verbunden war. Er wirkte amüsiert, als hätten wir keine Auseinandersetzung gehabt, sondern uns Witze erzählt. Ich ignorierte seine Hand.
    » Unsere Begegnung eben war nicht besonders harmonisch, fürchte ich.« Er ließ die Hand sinken, streckte sich auf der Bank aus und seufzte zufrieden. » So, Mister Schnecke, was hältst du denn von unserem Dada Dschihad?«
    Seit der Vernissage damals hatte ich alles über die Jumpy-Jump-Bewegung gelesen, was ich in die Finger kriegen konnte. Sie hatte in Detroit begonnen, nach dem Massaker in Foxtown, als die Polizei eine Demonstration mit Nervengas aufgelöst hatte. Eine indianische Sängerin namens Dada Tanglefoot hatte daraufhin begonnen, eine seltsame Mischung aus Anarchie, Zen und Dadaismus zu predigen, die die Menschen ansprach. Tanglefood fiel bald darauf einem Attentat zum Opfer, das vermutlich im Auftrag der Regierung begangen worden war, aber ihre Worte verbreiteten sich in den Wohnvierteln der armen, aufgebrachten Stadtbevölkerung wie ein Virus. Soweit ich das beurteilen konnte, waren ihre Lehren wirrer Schwachsinn. Aber vielleicht waren sie auch erst so wirr geworden, seit sie von Mund zu Mund weitergegeben wurden?
    » Ich verstehe, warum ihr wütend seid, aber ich halte nichts davon, nach dem Zufallsprinzip Menschen umzubringen«, sagte ich. » Was versprecht ihr euch denn davon?«
    » Meinst du mich?«
    » Ich meine die Jumpy-Jumps allgemein.«
    » Wir versprechen uns nichts davon.« Er zuckte die Achseln, aber seine Augen blitzten.
    » Das verstehe ich nicht.«
    » Kann man denn überhaupt irgendwas verstehen? Alles ist doch absurd. Wir lassen doch nur ein bisschen absurde Bosheit auf die Leute los, um das deutlich zu machen.« Er stand auf und machte das Peace-Zeichen. » Sebastian, es war mir ein Vergnügen.«
    Sebastian erwiderte die Geste. » Mir auch, Rumor.«
    » Unten ist oben und Sünder sind Heilige, Mister Schnecke«, sagte Rumor, indem er sich zum Gehen wandte.
    » Ich heiße Jasper.«
    » Unten ist oben und Sünder sind Heilige, Jasper.«
    Am Rand des Platzes blieb Rumor stehen, um einen Lastwagen vorbeifahren zu lassen, dann schlenderte er zwischen zwei für immer abgestellten Spritfressern hindurch und überquerte die Straße.
    » Warum hast du mit dem Arschloch geredet?«, fragte ich Sebastian. » Noch vor einer halben Stunde hat er Ange und mich mit Macheten bedroht. Wenn Uzi nicht gewesen wäre, hätte er uns wahrscheinlich die Kehle durchgeschnitten, und wir wären jetzt tot.«
    » Ich rede eigentlich mit jedem«, erklärte Sebastian.
    » Na, bravo.«
    Auf meinen Sarkasmus reagierte er mit einem breiten Grinsen. » Wenn man immer nett und freundlich ist, verkleinert man die Chance, mit durchgeschnittener Kehle auf der Straße zu enden, auf ein Minimum.«
    » Bei Jumpy-Jumps kannst du die

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