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Wie du befiehlst

Wie du befiehlst

Titel: Wie du befiehlst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Dirks
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Alptraum geworden. Er schloss die Tür hinter sich. Auf Nimmerwiedersehen, Melissa.

    Melissa starrte noch lange die Tür an, durch die Andrew verschwunden war. Durch das geschlossene Fenster hörte sie das Surren eines Motorboots. Erst da wurde ihr richtig bewusst, was soeben geschehen war.
    Es war aus! Der Mann, mit dem sie seit der Schulzeit zusammen war, den sie besser kannte als jeden anderen, hatte sich von ihr getrennt – oder sie sich von ihm. Doch sie war nicht traurig. Überrascht, vielleicht, denn bis vor kurzem hätte sie nie gedacht, diesen Schritt jemals zu tun.
    Und bis vor kurzem hatte sie aber auch dieses Leben nicht gekannt. Es war so anders. Sie fühlte sich frei. Unabhängig. Glaubte, sich selbst neu kennenzulernen und Tiefen zu entdecken, die sie bis dato nicht für möglich gehalten hätte.
    Espen hatte ihr diesen neuen Weg gezeigt, und sie war glücklich, dankbar. Sie wollte ihn nicht aufgeben, nicht zurückgehen in ihr altes Leben, das ihr nun trist und öde erschien.
    Nein, sie verspürte keine Trauer, sondern Erleichterung. Eilig ging sie zum Fenster, riss es auf, damit sein Duft, der ihr gemeinsames Zimmer füllte, hinausströmte. Aber das genügte nicht.
    Melissa fühlte sich wie ein wildes Tier, das aus der Gefangenschaft befreit worden war. Sie wollte laufen, toben, tun und lassen, was ihr gefiel, ohne Rücksicht auf die Befindlichkeiten eines anderen nehmen zu müssen. Und so eilte sie durch die Villa nach draußen, zum Strand hinunter, ließ sich von den Wellen fangen. Sie rannte immer weiter und weiter. So weit, bis die Villa nur noch ein verschwommener Fleck im Grünen war. Dann warf sie sich in den Sand, streckte alle viere von sich und lachte.
    Der Mann, von dem sie geglaubt hatte, sie würde ihn lieben – und er sie –, war in Wirklichkeit der Wärter ihres ­Gefängnisses gewesen. Er hatte immer alles bestimmt, die Entscheidungen für sie beide getroffen, wie auch in diesem Fall.
    Eine ganze Weile ließ sie einfach die Sonne auf sich her­unterscheinen, aber dann wollte sie wieder zurück. Espen sehen.
    Melissa erhob sich, nahm nun jedoch einen anderen Weg zurück und umkreiste somit die nördliche Hälfte von Venus Clams. Kurz bevor sie in den Sandweg einbiegen wollte, der durch die grüne Oase zur Villa führte, entdeckte sie etwas in einem Strauch, das sie innehalten ließ.
    Eine Wildkatze, doch sie regte sich nicht. War sie verletzt? Womöglich sogar tot? Melissa hielt den Atem an, kam dann aber schnell näher. Erstaunt, doch auch ziemlich erleichtert, stellte sie fest, dass es gar keine Katze war, sondern ein Stück Stoff. Ein Bikini mit Leopardenmuster. Sie entwirrte ihn aus den Zweigen und musterte das gute Stück von allen Seiten. Es gehörte mit Sicherheit nicht Serena. Dafür waren die Körbchen viel zu klein. Wahrscheinlich der Bikini einer Vorgängerin, die ihn hier vergessen hatte. Sie zuckte mit den Schultern und steckte ihn ein. Vielleicht konnten Espen oder Serena ihn an die Besitzerin zurückschicken. Die vermisste ihn gewiss, er sah nicht ganz billig aus.
    Sie kehrte zur Villa zurück, aber ihre Freude wurde schnell getrübt. Espen und Serena lagen am Pool. Sie auf ihm. Ihre Hände streichelten seine muskulöse Brust. Er küsste sie, doch dabei sah er sie, Melissa, an, und ein fieses Grinsen erschien auf seinen Lippen.
    Melissa fiel vor Schreck der Bikini aus der Hand. Rasch hob sie ihn auf und flüchtete über die Terrasse ins Innere der Villa.
    Dieser Anblick brachte sie ganz durcheinander. Aber war­um? Espen und Serena waren das Paar. Sie war nur die dritte Person in der Beziehung. Hatte sie wirklich geglaubt, er würde seine Finger von Serena lassen?
    Ja! Das hatte sie. Nachdem er ihr dieses wunderbare Geständnis gemacht hatte, hatte sie geglaubt, gehofft, er würde sich ihr zuwenden. Nur ihr.
    Aber Espen machte weiter wie bisher. Und Melissa war nun allein. Sie betrat das Gästezimmer, sah die leere Betthälfte und warf sich darauf, grub ihr Gesicht ins Kissen. Aber sie weinte nicht. Konnte es nicht. Wollte es nicht.

    Zwei Stunden später klopfte es an ihrer Tür. Aus einem In­stinkt heraus versteckte sie den Leopardenbikini unter ihrem Kopfkissen. Espen kam herein, ohne ihre Aufforderung zum Eintreten abzuwarten. Er grinste noch immer, und sie hätte ihm dieses fiese Grinsen am liebsten aus dem Gesicht

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