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Wie du Ihr

Wie du Ihr

Titel: Wie du Ihr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Beckett
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blieben mir im Hals stecken. Ich weinte nicht. Ich hörte einfach nur auf. Zu sprechen. Zu fühlen. Ich sah ihre leeren Gesichter und die Leere saugte mich aus. Wir sagten nichts, rührten uns nicht, sahen uns nicht einmal an. Keiner von uns wusste, wie es weitergehen sollte.
    »Oh Gott.« Lisa. Mehr Wimmern als Worte.
    »Das ist jetzt kein Witz, oder?«, fragte Jonathan mit so sanfter Stimme, dass ich sie kaum wiedererkannte. »Nein, natürlich nicht. 'tschuldige. Scheiße.«
    »Bist du sicher?«, fragte Rebecca.
    Ich nickte.
    »Was ist passiert?«
    Sie mussten mich fragen und ich musste es ihnen erzählen. Sie sahen mich mit großen Augen an und ich erzählte ihnen alles, was ich gesehen hatte. Jede grausame Einzelheit. Als ich geendet hatte, lag ein fragender Ausdruck auf ihren Gesichtern. Als hätte ich etwas Entscheidendes vergessen. Etwas, das einen Sinn ergab.
    »Aber wer sind sie?«, fragte Lisa.
    »Keine Ahnung. Kranke Typen. Verrückte.«
    »Aber warum haben sie Ms Jenkins festgehalten? Was wollten sie von ihr?« Lisa wollte es einfach nicht verstehen.
    »Was glaubst du denn?«, erwiderte Rebecca mit tonloser Stimme.
    »Nein. Das glaube ich einfach nicht. Niemand würde ... nicht drei auf einmal. Nicht beim Wandern. So passiert das nicht. Das würden die Leute nie tun.«
    »Haben sie aber.«
    »Du hast bestimmt was missverstanden, Marko. Vielleicht hast du was nicht richtig gehört. Oder es ist was passiert, bevor du gekommen bist.«
    Ich wusste genau, was sie meinte. Sie suchte nach dem, wonach auch ich gesucht hatte. Nach irgendeiner Erklärung, die es irgendwie besser machen würde. Aber leider gibt es Dinge, die man niemals besser machen kann. Es hätte ein Unfall sein können. Es hätte passieren können, als sie ihr helfen wollten. Aber dann wäre sie trotzdem immer noch tot. All die Dinge, die Ms Jenkins einmal gewesen war, hätten immer noch aufgehört. Sie würde nie mehr lachen, nie mehr weinen, nie mehr schwitzen und nie mehr atmen. Nie mehr. Nichts kann das jemals besser machen.
    »Aber wodurch genau ist sie gestorben?«, fragte mich Rebecca. »Man stirbt nicht einfach so von einem Schlag gegen den Kopf.«
    »Ich glaube, es lag daran, dass ihr Kopf gegen den Baumstamm geknallt ist.«
    »Bist du ganz sicher, dass sie tot ist?«
    »Sie haben nachgesehen. Und gesagt, dass sie tot ist.«
    »Aber vielleicht ist sie es ja gar nicht«, sagte Lisa hoffnungsvoll.
    »Sie ist tot. Kapiert, Lisa?«, sagte Jonathan gereizt.
    »Wie heißt sie?«, fragte Lisa. Ich dachte, jetzt wäre sie endgültig durchgedreht.
    »Ms Jenkins«, antwortete ich so sanft wie möglich, voller Angst, sie könnte laut losschreien und unser Versteck verraten.
    »Nein. Ich meine mit Vornamen. Ich finde, wir sollten ihren vollen Namen verwenden.«
    Aber keiner von uns kannte ihren Vornamen. Das war zu viel für mich. Der Schmerz kam in Wellen und brach aus mir heraus. Die Tränen lockerten jeden Muskel, schwemmten jede Beherrschung davon, bis ich unkontrolliert schluchzte.
    »He, Marko. Beruhige dich«, sagte jemand. Aber erst nach einer Weile. Die anderen weinten auch.
    Wir konnten nicht ewig so dasitzen. Wir brauchten einen Plan. Aber ohne Ms Jenkins gab es niemanden, der einen vorschlug. Schließlich war Rebecca die Stärkste von uns.
    »Hier können wir nicht bleiben«, sagte sie. »Wir müssen zur Hütte zurück.« Sie kommandierte uns nicht herum, sie übernahm nur die Führung. »Wir müssen unsere Sachen holen.«
    »Und dann?«, fragte Lisa.
    »Dann gehen wir zur Polizei und erzählen ihnen alles. Aber zuerst sollten wir zu der Stelle zurückgehen, wo es passiert ist, damit wir der Polizei sagen können, was sie mit ihr gemacht haben.« Rebecca war wieder die Alte und sprach mit ruhiger, sicherer Stimme.
    »Klingt gefährlich«, sagte Jonathan.
    »Das sind wir ihr schuldig.«
    »Und was ist, wenn sie uns in der Hütte auflauern?«, wandte ich ein.
    »Das glaube ich nicht. Die haben bestimmt Panik gekriegt. Die wollen so schnell wie möglich von hier weg und ihre Spuren verwischen.«
    »Ich bin ihre Spur«, rief ich ihr ins Gedächtnis.
    »Da hat er allerdings recht«, sagte Jonathan.
    »Was schlagt ihr denn vor?«, erwiderte Rebecca gereizt. Die alten Spannungen, nur mit neuem Hintergrund.
    »Ich sage nur, dass wir vorsichtig sein müssen. Das ist alles«, erwiderte Jonathan beschwichtigend.
    Und das waren wir. Wir brauchten eine halbe Stunde, um die fünfhundert Meter bis zur Hütte zurückzukriechen. Und dann schlichen wir

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