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Wie Du Mir

Wie Du Mir

Titel: Wie Du Mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Dunne
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seine Brust unter dem roten Jersey hob und senkte sich wie nach einer großen körperlichen Anstrengung.
    „Und wer bezahlt für Rory?“, schrie er plötzlich, machte einen Satz auf Hugh zu und packte ihn an der Jacke. Hugh konnte das Leder unter Pauls Fingern knirschen hören. „Mein einziger Bruder ist tot, meine Eltern sind verdammte Wracks, wer bezahlt dafür?“ So abrupt wie er Hugh gepackt hatte, ließ Paul ihn wieder los und schluchzte, genau einmal. Es klang hart und trocken, nicht unähnlich seinem Gelächter. Einen Augenblick lang sah es so aus, als breche er in Tränen aus, doch der Augenblick zog vorüber, seine Pupillen schwarze Stecknadeln im frostigen Blau.
    Mit einem Schlag erkannte Hugh, dass nicht die Trauer Pauls Problem war, sondern Angst, rein und ungestreckt. Angst um die Zukunft im Allgemeinen und sein eigenes Leben im Besonderen.
    Angst war gut. Damit konnte er etwas anfangen.
    „Jemand wird bezahlen“, er streckte seinen Arm bewusst langsam nach Paul aus, der zurückwich, doch nicht genug, um den Körperkontakt ganz abzubrechen. „Aber soll das ausgerechnet wieder deine Familie sein? Überleg doch mal, was passiert, wenn du dich jetzt Knall auf Fall von hier absetzt. Alle werden eins und eins zusammenzählen. Sullivan, der Informant. Wer hätte das gedacht? Vater ein Veteran aus dem Grenzkampf, Mutter trauert um ihren im Einsatz umgekommenen Sohn – gerade dann willst du dich als Verräter an der Sache und Rory präsentieren?“
    „Blödsinn, ich bin nicht –“
    „Jeder wird dich dafür halten, das ist es, was zählt. Dann kann sich deine Familie nie wieder in Belfast blicken lassen. Willst du ihnen das antun?“
    Paul starrte ihn nur feindselig an. Aber er sah aus, als denke er zumindest über die Bedeutung von Hughs Worten nach.
    „Doherty will eine Untersuchung der Operation“, sagte Paul schließlich, die Mundwinkel voll Verachtung. „Dabei wollte er doch unbedingt weitermachen, und das mit ’ner unerfahrenen Mannschaft. Der soll lieber auf mich hören, anstatt mit dem Finger auf seine Einheit zu zeigen.“
    „Was hast du erwartet? Dass Doherty die Schuld auf sich nimmt?“
    Seine indifferente Fassade wiederhergestellt, studierte Paul nun ebenfalls das Angebot für den Herrenpullover im aktuellen Rautenmuster. Offensichtlich wollte er wieder seine „Schau mich nicht an“-Spielchen treiben. Wie er wollte. Die Samthandschuhe passten Hugh ohnehin nicht.
    „Im Gegenteil. Er muss vor dem Armeerat sein Gesicht wahren. Hanlon wird jemand anderen finden müssen, der für das Fiasko geradesteht. Und zwar jemanden, der unbeschadet aus der Sache rausgekommen ist, verstehst du?“
    Paul verstand, schien aber alles andere als einverstanden.
    „Liam, mach doch endlich die Augen auf“, versuchte Hugh es mit seinem tatsächlichen Namen, „du hast diese Operation organisiert und Doherty sogar noch mit Empfehlungen, sie abzublasen, verunsichert. JR ist im letzten Augenblick abgesprungen. Einen von euch werden sie dafür ans Kreuz nageln, und das schon bald.“
    „Wir sind die besten Leute, die er hat“, sagte Liam halb überzeugt, halb trotzig.
    Hugh fasste ihn noch einmal am Arm.
    „Mag sein. Aber wenn Doherty Kopf von West-Belfast bleiben will, braucht er schleunigst einen Schuldigen, und dafür kommen nur du oder JR infrage. So ein Bauernopfer ist ihm sein eigener Ruf wert, glaub mir.“
    „Bauernopfer, ja?“, flüsterte Paul. Seine Lippen spitzten sich spöttisch. Zum ersten Mal war ihm die Kälte anzusehen. Er zitterte sogar.
    „Behalt jetzt die Nerven. Dass Doherty und Hanlon eine Untersuchung wollen, ist dein Vorteil, wenn –“
    „– ich JR verpfeife. Das wolltest du doch immer schon.“
    Hugh packte den Arm in seiner Hand fester. Viel fester.
    „– wenn nicht vorher ein Verdacht, der ohnehin lange besteht, bestätigt wird. Rory wäre nicht tot, hätte JR zu seiner Zusage gestanden. Die ganze Sache ist seine Verantwortung. Du hast selbst gesagt, dass er den Bogen überspannt.“ Paul runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf. „Du darfst ihn nicht länger schützen, nur wegen der alten Zeiten. Wäre ein echter Freund am Sonntag einfach abgehauen? Wie lange, glaubst du, wird er bei einer Untersuchung zögern, bis er Hanlon erzählt, dass du in ein verdächtiges Auto gestiegen bist? Sei nicht dumm und opfere ihm auch noch dein Leben und den Ruf deiner Familie, nur wegen einer Sentimentalität.“ Agent Paul gab einen Laut von sich, der ebenso wenig kontrolliert

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