Wie Du Mir
wagte ein schiefes Lächeln.
„Sollte es wohl nicht. Ehrlich gesagt habe ich mich nie mit der politischen Situation beschäftigt, mal abgesehen von katholisch hier, protestantisch dort – Sie verstehen?“
„Voll und ganz. Ist auch kein schönes Geschäft, kann ich Ihnen versichern.“
Ihr Lachen war halb zustimmend, halb widerwillig.
„Die Leute hier neigen zur Schizophrenie, Miss Baldauf. Viele sind nicht das, was sie zu sein scheinen. Nehmen Sie das als guten Rat, auch für das Immobiliengeschäft.“
Der Widerwillen setzte sich durch.
„Sie spielen auf Dally an. Woran hätte ich erkennen sollen, dass er mal gesessen hat? Er hat ein Haus ausgemalt, das ich mit meinem Geschäftspartner besichtigt habe. Er wirkte ganz normal.“
„Ich wollte Sie nicht schulmeistern. Wären die Absichten von Terroristen nach außen hin zu erkennen, wären sie weniger gefährlich.“
Beim Wort Terrorist bewegte sie sich unbehaglich auf ihrem Sessel.
„Dally wirkte nie gefährlich, finde ich.“ Von Sandra Baldauf ausgesprochen, klang Fergusons Name harmlos, niedlich.
„Hatten Sie eine Beziehung mit ihm?“
„Sie meinen, ob ich verliebt in ihn war?“ Ihr Lachen war spitz. „Ich bitte Sie – wir sind keine Teenager mehr, das ist doch alles Kitsch.“
Sie schien ihre Erinnerungen an gemeinsame Erlebnisse mit Ferguson auf Indizien zu untersuchen, die ihn als Terroristen entlarvten.
„Sie haben ihn also erstmals bei der Arbeit getroffen. Was war mit der Party?“
Während sie überlegte, tippte Sandra Baldauf mit ihrer Daumenspitze immer wieder gegen den Filter ihrer Zigarette. Feine Aschepartikel schwebten in ihren Schoß.
„Mein Geschäftspartner, Colm O’Riordan, hatte mich eingeladen. Eigentlich hatte ich gar keine Lust. Er ist ein guter Verkäufer, aber sonst … Bietet mir ständig eine Affäre an, dabei ist er verheiratet. Eine Heidenarbeit, ihn mir vom Leib zu halten, ohne ihn zu vergrätzen. Wenn man auf Dublins Immobilienmarkt Bescheid wissen will, kommt man an ihm nicht vorbei.“
„Wie kam Ihr Geschäftspartner darauf, einen Maler aus Belfast anzuheuern?“
Sie hob unschlüssig die Schultern.
„Dallys Bruder ist eine dieser Fliegen, die von Colms Mist angezogen werden. Colm braucht ständig irgendwelche Handwerker, je billiger, desto besser, und Seán hat ihm wohl versprochen, einen zu beschaffen. Die Details weiß ich nicht, aber Seán will unbedingt Colms Freund werden, und dafür macht er Handstand und Männchen gleichzeitig, wenn’s sein muss.“
Die nächste Zigarette landete im Aschenbecher.
„Die werde ich Ihnen ersetzen, okay?“, sagte sie schuldbewusst lächelnd, als Will ihr die Packung weiter zuschob. Diese Schnorrerin. Aber solange sie rauchte, machte sie den Mund auf. „Ferguson als Angestellter von ihrem Geschäftspartner, ja, aber was macht er bei dessen Privatparty?“
„Das war meine Schuld. Die ganze Fahrt zum Haus über hat Colm über Seán hergezogen und gemeint, welche Opfer er wegen dieses Möchtegerns nicht bringen müsse, aber der Bruder sei eben ein armer Arbeitsloser aus dem Norden, und er verfluche schon sein soziales Gewissen, denn dieser Dally sei so langsam, bla, bla, bla. Ich hatte dieses Snob-Gerede satt. Colm bezahlt nur das Nötigste, also soll er sich nicht wundern, wenn sich die Leute nicht anstrengen. Seán ist ein netter Kerl. Er biedert sich eben bei Colm an, weil er sich Vorteile davon verspricht, da ist er nicht der Einzige.“ Ihr Gesicht nahm einen mütterlichen Ausdruck an. „Jedenfalls hatte Colm so viel über den Nordie gelästert – als Dally dann vor mir stand, war ich positiv überrascht. Außerdem wollte ich Colm, so gut es ging, in Verlegenheit bringen … also hab ich mich dumm gestellt und Dally einfach vor Colm zur Party eingeladen. Kindisch oder?“ Sie kicherte, verschluckte sich am Rauch, hustete eine Weile und lachte gleichzeitig.
Harry, der Rezeptionist, hob den Kopf von seinem Magazin und spähte herüber. Als Will seinem Blick begegnete, vertiefte er sich schleunigst wieder in seine Lektüre.
Der Hustenanfall ernüchterte Sandra Baldauf ein wenig. Sie saß da und schien darüber nachzudenken, ob sie sich mit ihren bisherigen Äußerungen ihr eigenes Grab geschaufelt hatte.
„Ehrlich gesagt hätte ich nicht gedacht, dass Dally tatsächlich auftauchen würde. Er war so was von deplatziert … hat sich mit niemandem unterhalten oder niemand mit ihm, wie man’s nimmt. Kurz und gut, ich hatte ein schlechtes
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