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Wie ein Blütenblatt im Sturm

Wie ein Blütenblatt im Sturm

Titel: Wie ein Blütenblatt im Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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Trotz ihrer beiläufigen Freundlichkeit sahen die anderen Mitglieder der Delegation auf ihn herab, hielten sich für besser und intelligenter als er, das wußte er. Nun, da hatten sie sich geirrt: Er würde mehr Macht und Vermögen besitzen, als sie alle zusammen.
    Er hielt eine Kutsche in der Rue de Faubourg St. Honoré an und ließ sich nach Hause fahren, wo er seine Reitkleidung anzog. Die Zeit war gekommen, dem Comte de Varenne einen Besuch abzustatten, um ihm zu beweisen, was für ein gerissener Mensch Oliver Northwood war.
    Mit etwas Glück würde Le Serpent auch schon den versprochenen Bonus bereithalten: Die wundervolle, un-erreichbare Margot Ashton würde endlich in seinen Händen sein.
    So früh, wie es eben gerade höflich war, sandte Hélène Sorel einen Boten zu Candovers Wohnung, um in Erfahrung zu bringen, ob er Neuigkeiten hatte. Eine knappe Dreiviertelstunde später meldete ihr der Lakai, daß der Duke seit dem vorangegangenen Nachmittag nicht mehr gesehen worden war.
    Obwohl es ein warmer Tag war, ließen die Neuigkeiten Hélène bis auf die Knochen erschauern. Vielleicht war die Abwesenheit des Dukes nicht weiter bedeutend, aber da bereits Maggie und Robert Anderson verschwunden waren, mußte man das Schlimmste annehmen.
    Wenn der große Unbekannte, Le Serpent, die anderen drei in seiner Gewalt hatte, stand dann auch sie auf seiner Liste?
    Einen kurzen Moment war Hélène versucht, zurück aufs Land zu ihren beiden Töchtern und in die Sicherheit zu fliehen. So kurz vor dem Attentat würde sich der Verschwörer kaum die Mühe machen, sie zu verfolgen.
    Und was konnte sie alleine schon tun?
    Ihre Hände ballten sich zu Fäusten, und sie verwarf diese Lösung. Wenn das Schlimmste eintraf und sie ebenfalls verschwand, dann würde sich ihre Mutter gut um die Kinder kümmern. Doch solange es noch etwas zu tun gab, konnte Hélène nicht den feigen Ausweg wählen.
    Aber was sollte sie nur unternehmen? Hélène war zu unwichtig, um irgendwelche Regierungsbeamten von der drohenden Gefahr überzeugen zu können, selbst wenn sie gewußt hätte, wie die Verschwörung geplant war. Und nicht einmal das hatte sie zu bieten.
    Ihre Hände entspannten sich wieder, und sie erhob sich. Es gab etwas, an das sie schon früher hätte denken können, und nun würde sie sich augenblicklich darum kümmern.

    Das Klicken des Hahns riß Rafe aus seiner vorüberge-henden Erstarrung. Die nackte Resignation in Andersons Gesicht hatte eine Erinnerung ausgelöst und die Fakten richtig zusammengeschoben. Rafe war sich nun sicher, daß er wußte, wer der Blonde war.
    Er verlieh seiner Stimme soviel Nachdruck wie möglich und sagte: »Varenne, Anderson zu erschießen ist ein echter Fehler. Haben Sie nicht gesagt, Sie ließen sich keine Gelegenheit entgehen?«
    Der Finger, der sich um den Abzug der Waffe krümm-te, hielt inne, aber der Comte wirkte verärgert, als er Rafe einen Blick zuwarf. »Mischen Sie sich nicht ein, Candover. Sie sind wertvoll genug, um Sie am Leben zu halten, aber ein Spion gehört nicht in dieselbe Kategorie.«
    »Wenn er nur ein Spion wäre, hätten Sie sicher recht«, stimmte Rafe zu. »Aber der Mann, dessen Leben Sie vergeuden wollen, ist Lord Robert Andreville, Bruder der Marquess of Wolverton, einer der reichsten Männer Britanniens.«
    »Was!?« Varennes Blick flog zu seinem Opfer. »Ist das wahr?«
    »Ja«, sagte Anderson. »Macht das einen Unterschied?«
    Die Spannung wurde fast unerträglich, während Varenne den möglichen Gewinn gegen das Risiko abwäg-te. Dann senkte er die Pistole und steckte sie in seinen Umhang zurück. »Ja, das tut es. Wenn Sie allerdings lügen, kann ich Sie jederzeit eliminieren.«
    »Es ist die Wahrheit«, sagte Rafe knapp. »Ich bin mit seinem älteren Bruder zur Schule gegangen.«

    Varenne nickte abwesend, denn seine Gedanken waren bereits bei anderen Dingen. Schließlich ging er ohne ein weiteres Wort mit seinen Wachen hinaus. Rafe schauderte zusammen, als er überlegte, zu welchen anderen Dingen dieser kaltblütige Mörder noch fähig war.
    Wahrscheinlich hatte Varenne ihn und Anderson deswegen in eine gemeinsame Zelle gesteckt, damit Rafe durch die Exekution eingeschüchtert werden würde. Die Demonstration wäre höchst effektiv gewesen.
    Als die Schritte auf der Treppe verklungen waren, stieß der Blonde heftig den Atem aus und ließ sich mit geschlossenen Augen gegen die Mauer fallen. Nach einer Weile öffnete er sie wieder und sagte mit beneidens-werter Ruhe: »Ich

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