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Wie ein Blütenblatt im Sturm

Wie ein Blütenblatt im Sturm

Titel: Wie ein Blütenblatt im Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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summte die britische Botschaft bereits vor Geschäftigkeit, und Oliver Northwood wurde von einige Kollegen, die die Nacht durchge-arbeitet hatten, mit sichtlicher Erleichterung begrüßt.
    Selbst bettlägerig, wie er war, produzierte Lord Castlereagh genug Briefe, Entwürfe, Memoranden und Entwürfe für das Abkommen, um ein Dutzend Männer voll zu beschäftigen, und die knappe Besetzung forderte ihren Tribut.
    Northwood hörte von mehreren Leuten, daß sie sich Sorgen um Robert Anderson machten, der seit einigen Tagen vermißt wurde. Nun, er selbst hatte eine ziemlich genaue Ahnung, was mit Anderson passiert war. Das geschah diesem hochnäsigen Schönling recht.
    Kurz vor acht Uhr entschuldigte Northwood sich und machte sich auf den Weg zu dem Flur, der unter Castlereaghs Schlafzimmer entlangführte. Nachdem er sich nervös vergewissert hatte, daß der Korridor wirklich leer war, schloß er die Tür zu dem Kämmerchen auf, trat ein und zog sie wieder hinter sich zu. Er hatte nicht bedacht, wie man sich fühlte, wenn man eine Kerze in ein winziges Zimmer voll Schwarzpulver brachte, und seine Hände waren schweißnaß, während er die nötigen Vorkehrungen traf.

Zuerst nahm er eine normale Kerze, um einen kleinen Teich Wachs auf den Boden zu tropfen. Dann setzte er die andere Kerze aus Bienenwachs hinein und drückte sie fest an. Als das Wachs ausgekühlt war und die Kerze sicher stand, bohrte er mit einem Messer ein Loch in ei-ne Kiste mit Pulver. Schließlich zog er ein kleines Säckchen Schwarzpulver aus seiner Tasche und legte sorgfältig eine Spur von der Kiste zu der Kerze, um die herum er ein kleines Häufchen zusammenschob.
    Mit äußerster Vorsicht entzündete er die Bienen-Wachskerze. Dann verließ er sehr langsam das Kämmerchen, um keinen Luftzug zu verursachen, der den kleinen Raum frühzeitig explodieren lassen konnte.
    Le Serpent hatte gesagt, die Kerze würde acht Stunden brennen. Wenn er nicht das unwahrscheinliche Pech hatte, daß jemand den Geruch einer brennenden Kerze in diesem selten benutzten Teil der Botschaft wahrneh-men würde, ginge die Ladung gegen vier Uhr nachmittags hoch. Zu diesem Zeitpunkt würde er, Northwood, längst weit fort sein.
    Er zerrte sein Taschentuch hervor und wischte sich die Stirn ab. Jeden verdammten Franc, den er für die Arbeit bekam, hatte er sich redlich verdient - und noch mehr! In den letzten Tagen waren die Sicherheitsvorkeh-rungen in der Botschaft verschärft worden, und britische Soldaten überprüften an jedem Eingang die Aus-weispapiere von Fremden. Als regulärer Angestellter hatte Northwood natürlich ohne Schwierigkeiten ein und aus gehen können; Le Serpent hätte es ohne ihn niemals geschafft. Vielleicht sollte er mehr Geld verlangen.
    Nachdem er in die Schreibstube zurückgekehrt war, ließ Northwood sich nieder, um eine Kopie von einem der zahllosen Briefe fertigzustellen. Außer ihm war nur noch ein älterer Gehilfe namens Morier anwesend, der nun den Kopf hob und ihn müde anlächelte. »Ich bin froh, Sie zu sehen, Northwood. Geht es Ihnen wirklich wieder gut genug? Sie wirken ein wenig grau im Gesicht.«
    Er sah nicht einmal halb so übel aus, wie Morier es nach der Explosion tun würde. Der Mann würde nämlich bei der Besprechung am Nachmittag anwesend sein und in die Luft gehen - ein kleiner Fisch, der mit den großen sterben mußte. Northwood unterdrückte mit Unbehagen den Gedanken. Morier war immer sehr freundlich zu ihm gewesen, und es war zu schade, daß er ebenfalls dran glauben mußte. Nun, daran ließ sich nichts ändern. Tapfer lächelnd sagte er: »Ich fühle mich immer noch ziemlich mies, aber ich dachte, ein paar Stunden würde ich schon schaffen. Ich weiß ja, wieviel Arbeit Sie alle haben. Dumme Zeit, um krank zu werden.«
    Morier murmelte: »Prima Einstellung«, und wandte sich wieder seinem Dokument zu.
    Northwood arbeitete zwei Stunden lang, und in seinem Nacken kribbelte es, wenn er daran dachte, daß die Kerze langsam zu der tödlichen Spur Schwarzpulver hinabbrannte. Er entschuldigte sich schließlich, als er es nicht mehr aushielt, und es fiel ihm überhaupt nicht schwer, krank auszusehen. Morier und andere Schreiber, die zwischendurch hereinkamen, bemitleideten ihn gebührend wegen seiner Krankheit und dankten ihm, daß er dennoch gekommen war.
    Auf dem Weg hinaus mußte Northwood sich eingeste-hen, daß dies alles selbst einem gewissenlosen Menschen Schuldgefühle verursachen konnte, aber er unterdrückte diese Regung.

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