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Wie ein Blütenblatt im Sturm

Wie ein Blütenblatt im Sturm

Titel: Wie ein Blütenblatt im Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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zu tun, als zu warten. Mit einem Seufzen legte sie das Buch auf das Tischchen und beugte sich hinunter, um Rex zu kraulen.
    Die Katze bot ihr weit bessere Zerstreuung als das Buch, denn der Diener, der ihre Wünsche erfüllt hatte, schien gedacht zu haben, daß Frauen nur den allergröß-
    ten Schund lesen wollten. Abgesehen von den Charakte-ren, die zu absurd waren, als daß man sie sich vorstellen konnte, handelte es sich um eine Spionagegeschichte, die reiner Schwachsinn war. Der Autor hatte keine Ahnung, was für ein wenig glamouröses Geschäft das Spionieren war.
    Im Augenblick hätte Maggie viel darum gegeben, selbst die ödeste Spionagearbeit zu machen. Entführt zu werden, mochte im Buch ja ein aufregendes Erlebnis sein, doch im wirklichen Leben war es teils beängstigend, teils einfach todlangweilig. Nachdem sie das Wenige an Vorbereitungen getroffen hatte, das ihr möglich war, blieb jetzt wirklich nur noch das Warten.
    Ein Schlüssel knirschte im Schloß. Da das Mittagessen bereits serviert worden war, mußte es sich um Varenne handeln - oder schlimmer: um den Partner, dem er sie versprochen hatte. Sie rieb die feuchten Handflä-
    chen an ihrem Rock und setzte sich gerade hin, während Rex sich unter dem Bett versteckte.
    Als Oliver Northwood durch die Tür kam, war sie fast erleichtert. Der Mann war ein ekelhafter Dummkopf, ein Frauenschänder und ein Landesverräter, aber wenigstens eine bekannte Größe, die weder die Intelligenz noch die berechnende Klugheit eines Varenne besaß.
    Nun hatte sie vielleicht eine Chance.
    Während er die Tür wieder hinter sich abschloß, befahl sie sich energisch, den Schrecken der Vergewaltigung zu vergessen. Sie mußte das offene Fenster vergessen, das ein Ende von Panik und Qual versprach, mußte alles vergessen, außer der Rolle, die zu spielen sie beschlossen hatte. Wenn sie es nicht gut machte, würden ihre Alpträume zu grausamer Realität werden.
    Northwood wandte sich zu ihr um, und die Gier war ihm in sein breites, fleischiges Gesicht geschrieben. Er erwartete sicher, sie verängstigt zu sehen, ja wahrscheinlich würde er sich sogar darüber freuen. Vermutlich würde er sich sofort auf sie stürzen, wenn sie nur das kleinste Anzeichen von Furcht zeigte oder zu betteln begann.
    Nun, wenn sie ihn mit konventioneller Höflichkeit be-handelte, hatte sie eine gute Chance, daß er darauf mit gleichem Verhalten reagieren würde. Also stand sie auf und zauberte ihr schönstes Lächeln aufs Gesicht. »Mr.

    Northwood, was für eine Freude! Ich hatte mir so ge-wünscht, daß Sie es wären, aber der Comte wollte mir nichts verraten, der böse Schelm. Setzen Sie sich doch.«
    Sie deutete auf den Brokatsessel, den sie an den Tisch geschoben hatte. »Möchten Sie vielleicht ein Glas Wein?«
    Vollkommen überrascht gehorchte Northwood augenblicklich und setzte sich.
    Wie eine Hausherrin im eigenen Salon schenkte Maggie Wein aus dem Krug vom Mittag in ihr Glas und reichte es ihrem Besucher. »Hier, bitte sehr. Verzeihen Sie, daß es nur ein ganz einfacher Wein ist, aber etwas Besseres kann ich Ihnen leider nicht anbieten.«
    Immer noch verdattert nahm er das Glas aus ihrer Hand. »Sie sind froh, mich zu sehen?«
    »Aber natürlich! Ich habe immer schon eine Schwä-
    che für Sie gehabt, wissen Sie das nicht?«
    »Das haben Sie mir aber auf verdammt merkwürdige Weise gezeigt, Margot Ashton«, sagte er aggressiv. »Sie haben mich doch immer wie Dreck behandelt.«
    Sie setzte sich auf einen Stuhl ihm gegenüber und ordnete verstohlen die weichen Musselinfalten ihres Rockes so, daß eine Andeutung ihres Knöchels zu sehen war. Am Morgen hatte sie beträchtlich viel Zeit darauf verwandt, ihr Haar zu der lockeren Frisur zu kämmen und zu stecken, die für ein Boudoir angemessen war.
    Ebenso hatte sie an dem Ausschnitt ihres Kleides ein paar Änderungen vorgenommen. Und wie aus Northwoods Gesichtsausdruck zu schließen war, hatten ihre Bemühungen den gewünschten Effekt.
    Sie stieß ein reizendes Seufzen aus. »Oje, ich hatte immer gehofft, daß Sie es verstehen könnten. Wir sind schließlich verwandte Seelen …, ich habe es immer schon gespürt.«

    Offenbar genoß Northwood nun ihre Koketterie, denn er lehnte sich zufrieden in seinem Sessel zurück. Dennoch wollte er sich nicht ganz so schnell einlullen lassen. »So? Verwandte Seelen? Warum sind Sie dann immer so abweisend zu mir gewesen? Damals, in London, und diese letzten Wochen auch? Candover behandeln Sie nie auf diese

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