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Wie ein Blütenblatt im Sturm

Wie ein Blütenblatt im Sturm

Titel: Wie ein Blütenblatt im Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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unpassend, mich nach einem Erzengel zu be-nennen.«
    Sein Zellengenosse lachte, und das Schweigen, das dem folgte, war nicht unangenehm.

    Kapitel 22
    ER COMTE DE Varenne wird mich empfangen wol-D len«, versicherte Oliver Northwood dem tatterigen Butler von Chanteuil.
    Der Dienstbote warf ihm einen zweifelnden Blick zu, wandte sich aber um und wackelte davon. Northwood, der dem Comte nicht zuviel Zeit zum Nachdenken geben wollte, folgte ihm lautlos. Als der Butler die Bibliothek betrat, um seinem Herrn den Besucher zu melden, stand der Engländer bereits an der Tür.
    Der Comte saß an seinem Tisch, der mit Stapeln von Papieren voller Zahlen bedeckt war. Er verengte die Augen zu Schlitzen, als Northwood eintrat. »Kennen wir uns, Monsieur?«
    »Aber natürlich, Comte Le Serpent. Oder darf ich Sie vor Ihren Dienstboten nicht so nennen?« erwiderte Northwood dreist. Er wollte von dem Comte als gleichwertiger Partner akzeptiert werden, denn die Rolle des niederen Gehilfen hatte er satt.
    Die Kälte von Varennes Augen bestätigte seine Identität. Nach einer Weile jedoch huschte ein Lächeln über seine Lippen, und er entließ den Butler. »Die Dienerschaft ist kein Grund zur Besorgnis. Jeder hier auf meinem Anwesen, vom Koch bis zu meiner kleinen Armee, ist mir absolut ergeben und freut sich auf eine bessere Zukunft Frankreichs.« Er deutete mit einer Hand zu einem Stuhl. »Setzen Sie sich doch bitte, Monsieur. Wie ich sehe, habe ich Sie unterschätzt. Wie haben Sie von meiner wahren Identität erfahren?«
    »Ihr Siegelring. Ich habe nach dem Wappen ge-forscht.« Northwood fand, daß es am besten war, sofort sein As aus dem Ärmel zu ziehen. »Übrigens habe ich bei einem guten Bekannten einen versiegelten Um-schlag hinterlegt, in dem alles steht, was ich weiß. Sollte mir etwas zustoßen, wird der Brief an die richtige Stelle gebracht werden.«
    »Solche Vorkehrungen sind nicht erforderlich, zumal es auch bald keiner Heimlichkeiten mehr bedarf.« Sein Blick wurde scharf. »Sie haben doch ausgeführt, wor-
    über wir gesprochen haben?«
    »Alles verlief, wie im Plan vorgesehen. In etwa vier Stunden sind die Hälfte der Diplomaten in Paris nur noch eine Erinnerung.«
    »Sehr gut gemacht, mon petit Anglais, sehr gut.« Er blickte auf seine Uhr. »Ich bedaure, daß ich keine Zeit für einen Plausch habe, denn es gibt noch viel zu tun.
    Meine Soldaten müssen auf alles vorbereitet sein, was kommen kann, ich muß gewisse Dinge in die Wege leiten, die nach der Explosion sofort wichtig werden …, tausend Kleinigkeiten.« Er steckte die Uhr wieder ein.
    »Sind Sie gekommen, um sich Ihren Bonus abzuholen?«
    »Dies, und auch um sicherzugehen, daß Sie mich auf Ihrem Weg nach oben nicht vergessen.« Northwood entspannte sich ein wenig. Trotz des gefährlichen Aufblitzens in Varennes Augen, als er eben eingetreten war, zeigte sich nun, daß dieser umgängliche Aristokrat weniger bedrohlich war, als Northwood befürchtet hatte.
    »Ich verspreche Ihnen, daß ich Sie nicht vergessen werde.« Der Comte lächelte sanft. »Aber wie ich schon sagte, ich habe im Augenblick sehr viel zu tun. Vielleicht möchten Sie sich die nächsten Stunden mit der Gräfin Janos vergnügen?«
    Northwood fuhr sich mit der Zunge über die Lippen.
    »Sie haben Sie also. Kann ich sie jetzt sehen?«
    »Wenn Sie möchten. Wie ich gerade schon bemerkte, haben Sie gute Arbeit geleistet, so daß es Ihr Recht ist, für Ihre Mühen belohnt zu werden. Folgen Sie mir.«
    Varenne führte seinen Gast eine Treppe hinauf, dann einen staubigen Flur entlang, bis sie an eine Tür gelang-ten. Er zog einen Schlüssel aus der Innentasche und gab ihn Northwood. »Schließen Sie die Tür ab. Sie ist ein trickreiches Weib, und ich will nicht, daß sie in diesem Schloß herumläuft.«
    Northwoods Hand schloß sich gierig um den Schlüssel. Er hatte lange auf diesen Moment gewartet. »Ich werde sie zu sehr beschäftigen, als daß sie Ärger berei-ten könnte.«
    »Dann viel Spaß, aber lassen Sie mir etwas übrig, Monsieur Northwood. Ich möchte sie selbst gerne ausprobieren, wenn ich etwas weniger Arbeit habe.«
    Zustimmend nickend steckte Northwood den Schlüssel ins Schloß.

    Es hatte sie fast wahnsinnig gemacht, in Madame Daudets Haus zwei Stunden warten zu müssen, bis die alte Dame erwachte, aber die Zofe hatte sich unnachgiebig gezeigt. Ihre Herrin würde nicht früher geweckt werden.
    Hélène hatte kaum ihre Ungeduld zügeln können. Sie hatte zwar das Buch gefunden, in

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