Wie ein Blütenblatt im Sturm
wirkte er um Jahre jünger. »Hätten Sie Zeit, nach Longchamps zu fahren? Meine Kutsche wartet.«
Hélène blinzelte überrascht; der Oberst verschwendete wahrhaftig keine Zeit. Aber schließlich - warum sollte er auch? Es war schon zuviel Zeit vergeudet worden.
Sie stand auf. »Es wird mir ein Vergnügen sein, mit Ihnen eine Spazierfahrt zu unternehmen.«
»Da ist nur noch eines … mit Ihrer Erlaubnis?« Er trat auf sie zu, zog sie sanft in seine Arme, ließ ihr aber genug Möglichkeiten, sich ihm zu entziehen, wenn sie wollte.
Hélène blieb vor ihm stehen und bebte fast vor hoff-nungsvoller Erwartung und Furcht.
Seine Lippen waren wunderbar warm, ganz anders als sie es von einem Eisprinzen erwartet hatte. Mit einem leisen Seufzen ließ sie sich an ihn sinken und legte den Kopf zurück, damit er leichter die Tiefen ihres Mundes erforschen konnte. Was als ein zärtlicher Versuch begonnen hatte, wandelte sich rasch in heftige Leidenschaft. Pulsierende Lebendigkeit strömte durch ihren Körper, der von Kopf bis Fuß zu vibrieren schien.
Ihre Arme schlangen sich fest um ihn, als beide versuchten, die Jahre der Leere zu füllen. Sie war wie benommen von dem Geschmack seines Mundes und dem Gefühl seines Körpers an ihrem, von seinem hungrigen Verlangen, seinen zärtlich forschenden Händen, die über ihren Rundungen glitten. Nach einer Ewigkeit wurde sie sich bewußt, daß ihr Rücken sich gegen die Wand preßte und daß sie ohne die starken Arme des Oberst wahrscheinlich glücklich auf dem Boden dahinschmel-zen würde.
Er hob den Kopf, war so atemlos wie sie. »Ich wollte das schon tun, seit ich dich zum ersten Mal gesehen ha-be.« Zärtlich berührte er ihre Wange. »Nun werde ich dich zu einer Spazierfahrt ausführen, danach zum Mittagessen im besten Café von Paris, und zwischendurch werden wir die Gelegenheiten für noch mehr Küsse nutzen. Einverstanden?«
»Einverstanden!« Das Lachen stieg in ihr hoch wie Seifenblasen, und sie nahm seinen Arm und ließ sich zur Kutsche hinausführen. Der Oberst würde immer ein reservierter Mann bleiben, eher ernst denn überschäumend, aber das war nicht weiter schlimm. Temperament besaß sie genug für beide.
Lucien war ein exzellenter Trinkpartner. Nicht nur, daß er keine Fragen stellte, er steckte auch seinen Gastgeber schon zu einer relativ frühen Stunde ins Bett, so daß Rafe am nächsten Morgen mit einem nur leichten Kater erwachte. Er entdeckte Lucien friedlich schlummernd auf dem Sofa im Wohnzimmer.
Beim Frühstück mit Croissants und Kaffee erstattete Rafe umfassenden Bericht über das, was geschehen war.
Nun, fast umfassend: ein paar Dinge ließ er aus, und alle hatten mit Margot zu tun. Er nahm an, daß es Lucien auffiel, aber einmal mehr wußte sein Freund, wann man besser nicht nachfragte.
Nach dem Essen begab sich Lucien zur Botschaft.
Rafe trank gerade noch den letzten Kaffee, als ein Bote mit einem kleinen Päckchen für den Duke of Candover eintrat. Er betrachtete das Ding ohne Begeisterung, denn er war sich ziemlich sicher darüber, was es enthielt.
Und er behielt recht. In dem Päckchen befand sich das Samtkästchen mit den Smaragden, die ihm kein Glück gebracht hatten. Eine kurze Mitteilung lag dabei:
»Die Maskerade ist vorbei. Vielen Dank für die Leihgabe. Ewig, Margot.«
Er fragte sich, ob es bedeutsam war, daß sie mit >Margot< unterschrieben hatte. Aber wahrscheinlich war es nur eine Anerkennung der Tatsache, daß er sie nicht mehr Maggie nannte.
Er nahm die Kette aus dem Kästchen und ließ die kühlen Steine durch seine Finger gleiten, während er daran dachte, wie wunderbar sie mit dem Schmuck ausgesehen hatte. Und die Ohrringe, perfekt für ihre hübschen Ohren …
Er hatte einige Zeit dafür gebraucht, bis er sich für diese Steine entschieden hatte, und er konnte sie sich nicht bei einer anderen Frau vorstellen. Plötzlich beschloß er, zu ihr zu fahren und sie ihr zurückzugeben.
Vielleicht würde sie den Schmuck als ein Hochzeitsge-schenk annehmen. Er wollte ihr etwas geben, das sie an ihn erinnerte. Außerdem wollte er ihr auch in aller Form auf Wiedersehen sagen, da er am Tag zuvor mehr als ein bißchen aufgewühlt gewesen war.
Doch es schien, als ob selbst dieser kleine Wunsch nicht in Erfüllung gehen sollte. Als er kurz darauf bei Margots Haus ankam und in den Salon geführt wurde, war der einzige Anwesende Lord Robert Andreville, der Rafe mit echter Freude begrüßte.
Gebadet, rasiert und gut gekleidet, sah
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