Wie ein Blütenblatt im Sturm
Robin fast wieder aus wie immer, nur die Schlinge um seinen linken Arm störte das Bild. Offenbar war sein Talent zur Gene-sung so bemerkenswert wie sein draufgängerischer Mut.
Er und Margot paßten wunderbar zusammen.
Nachdem er den Gruß erwidert und sich gesetzt hatte, fragte Rafe: »Ist Margot da?«
»Nein, sie ist nach Chanteuil gefahren.« Robin grinste. »Wegen irgendeiner Katze.«
»Guter Gott, will sie das räudige Biest etwa herbrin-gen?« fragte Rafe, ohne ein Lächeln unterdrücken zu können.
»Zweifellos. Die Preußen werden zwar die Pferde nicht vernachlässigen, aber sie hatte Sorge, daß die Katze verhungern könnte, da alle Dienstboten geflohen sind.«
Rafe schüttelte bewundernd den Kopf. Typisch Margot. Trotz allem, was passiert war, vergaß sie die Katze nicht, die, wenn er ehrlich war, überhaupt nicht räudig war.
Doch dann schwand seine Heiterkeit wieder und hinterließ nur Leere. Er würde ihr also nicht einmal Lebewohl sagen können.
Er erhob sich. »Es tut mir leid, daß ich Margot verpaßt habe. Da ich morgen nach London zurückkehre, könnten Sie ihr das geben? Ich möchte, daß sie es be-hält. Das heißt, wenn Sie nichts dagegen haben«, fügte er hinzu, als Robin ihm das samtene Kästchen abgenommen hatte.
Robin sah ihn abschätzend an. »Warum sollte ich etwas dagegen haben?«
Rafe empfand eine leichte Verärgerung, daß der andere Mann sich absichtlich begriffsstutzig gab. »Als ihr zu-künftiger Ehemann gefällt es Ihnen vielleicht nicht, daß sie Schmuck von anderen Männern annimmt.«
»Als ihr zukünftiger Ehemann …?« Robin wog das Kästchen leicht in der Hand und legte es auf ein Tischchen. »Was bringt Sie auf den Gedanken, daß wir heiraten werden?«
»Wie Sie sich sicher erinnern können«, sagte Rafe knapp, »meinten Sie, daß sie Margot fragen wollten.«
Robin bedachte ihn mit einem langen, direkten Blick.
»Ich sagte, ich würde sie fragen. Nicht aber, daß sie ein-willigen würde. Und ehrlich gesagt, bezweifle ich das.«
Rafe fühlte sich, als hätte man ihm in den Magen getreten: benommen, verwirrt und nicht sicher, warum man ihn getreten hatte. »Weshalb sollte sie ablehnen?
Sie sind doch seit gut zwölf Jahren ein Liebespaar, und aus dem, was ich gesehen habe, schließe ich, daß Sie beide sich bestens verstehen.«
Robin stand auf und ging zum Fenster. Er blickte tief in Gedanken versunken hinaus. Dann war er offenbar zu einer Entscheidung gekommen, drehte sich wieder zu Rafe um und lehnte sich gegen die Fensterbank, so daß Körper und Gesicht sich dunkel im Gegenlicht abhoben.
»Das ist nicht ganz korrekt. Wir sind seit über drei Jahren kein Liebespaar mehr. Genauer: seit drei Jahren, zwei Monaten und«, - er dachte einen Moment nach -,
»fünf Tagen nicht mehr.«
»Aber ich habe Sie doch selbst nachts in ihr Haus kommen sehen.« Und er hatte gesehen, daß sie sich ge-küßt hatten, wie er sich erinnerte.
Robin zuckte die Schultern. »Natürlich waren wir be-ruflich immer noch Partner, außerdem Freunde.«
»Aber warum …?« Rafe brach ab, als er bemerkte, wie unverschämt die Frage war, die er fast gestellt hät-te.
Ungerührt beendete Robin den Satz jedoch. »Warum wir kein Liebespaar mehr sind? Weil Maggie sich nicht mehr wohl dabei fühlte. Sie wollte mich anfangs nicht heiraten, weil sie mich nicht liebte. Jedenfalls nicht so.
Viele Dinge haben sich in den Jahren verändert, dies jedoch nicht.«
»Hat es Ihnen nichts ausgemacht, als Maggie nicht länger mit Ihnen …?«
Robins Gesicht verschloß sich. »O doch, es hat mir etwas ausgemacht, aber wenn Sie Maggie nur ein biß-
chen kennen, dann wissen Sie, daß man bei ihr nichts erzwingen kann. Auch wenn wir nicht mehr miteinander ins Bett gingen, blieb unsere Freundschaft dieselbe, was am wichtigsten war. Denn wenn man auch immer eine Frau für die körperliche Befriedigung finden kann, gibt es nur eine Maggie. Bis zum letzten Jahr, als sie begann, die Rolle der Gräfin Janos zu spielen, wohnten wir auch noch zusammen, wenn ich nicht gerade unterwegs war und meinen Kopf riskierte. Erst als ich bei der britischen Delegation zu arbeiten begann, gaben wir vor, nur flüchtig bekannt miteinander zu sein.«
Rafe mußte irgendwie einen Sinn in das bringen, was er da gerade gehört hatte. »Aber Sie müssen doch annehmen, daß sie Sie heiraten will, sonst würden Sie sie doch nicht noch einmal fragen wollen.«
Nach einem kurzen Zögern antwortete Robin kühl:
»Es gab eine Zeit, in
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