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Wie ein Blütenblatt im Sturm

Wie ein Blütenblatt im Sturm

Titel: Wie ein Blütenblatt im Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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lächelte ihn schelmisch an. »Vergeben Sie mir, daß ich Sie unterschätzt habe. Sie schmeicheln in der Tat auf höherem Niveau. Eine Frau, die oft wegen ihres Aussehens bewundert wird, hört lieber Komplimente über ihre Intelligenz.«
    Grinsend half er ihr in die Kutsche. Er würde wirklich jedes bißchen an Witz und Charme aufbieten müssen, um sie zu verführen; seit Jahren hatte er sich nicht mehr so lebendig gefühlt. Es war verflucht langweilig, stets mehr Geld und Frauen zu besitzen, als man nutzen konnte, und je mehr sie ihn arbeiten ließ, desto süßer schien die Be-lohnung.
    Als die Kutsche den Boulevard des Capucines hinunter-ratterte, wurde Maggie wieder ernst. »Das Komplott entwickelt sich immer übler. Ich habe zuverlässige Informationen bekommen, die einen Anschlag auf Castlereaghs Leben innerhalb der nächsten zwei Wochen vermuten lassen.«
    »Teufel auch!« Rafes vergnügte Laune schwand, als er den mageren Fakten lauschte, die Maggie erfahren hatte.
    Einen kurzen Augenblick fragte er sich, wer der Informant gewesen sein mochte - vielleicht ein anderer Gast aus der Spielhölle, der am Nachmittag auf ihren Kissen gelegen hatte? - , schob den Gedanken aber schnell von sich. Es gab Wichtigeres zu bedenken. »Vielleicht kann ich später am Abend diesen Club besuchen.«
    »Es wird nicht viel bringen. Du kannst ja schlecht die Bedienung dort nach dem Namen der zwei Herren fragen, die gestern ihre Mordpläne diskutiert haben.«
    »Stimmt, aber die beiden könnten regelmäßige Gäste sein. Wenn ich eine kritische Bemerkung über Castlereagh oder Wellington mache, könnte einer der beiden Lust auf ein Gespräch bekommen.«
    Nachdem sie eine lange Weile geschwiegen hatten, setzte er hinzu: »Mein Mangel an Finesse ist nicht absolut, weißt du.«
    »Nein, vermutlich nicht«, erwiderte sie, nicht richtig überzeugt. »Ich nehme an, du weißt genug, um eine Waffe mitzunehmen? Es gibt ein paar französische Offiziere, die versuchen, Fremde zu beleidigen, um ein Duell zu provozieren. Als Engländer bist du ein lohnendes Opfer. Nicht so attraktiv wie ein Preuße, aber für einen kriegsverlieb-ten Franzosen durchaus noch sehr anziehend.«
    »Deine Sorge um mein langes Leben rührt mich.«
    »Bilde dir nicht zuviel darauf ein«, sagte sie scharf. »Ich mag bloß nicht mitten in der Partie meinen Schachpartner verlieren.«
    Er konnte nicht ausmachen, ob es Sarkasmus oder Humor war, der sich durch ihre Stimme zog.
    »Wenn du tatsächlich in ein Duell verwickelt wirst, dann sind Pistolen die bessere Wahl«, setzte sie hinzu.
    »Die meisten Franzosen sind hervorragende Fechter, und kaum ein Fremder hat sie je in dem Bereich besiegt.«
    Rafe wollte schon fragen, woher denn ihr Vertrauen in seine Treffsicherheit kam, doch dann fiel ihm ein, daß sie vor langer Zeit im Schießstand eines Freundes zusammen geübt hatten. Wahrscheinlich erinnerte sie sich an sein Können. Maggie war genauso gut gewesen - die einzige Frau, die er kannte, die einem Mann im Schießen ebenbürtig war. Sie hatte es von ihrem Vater gelernt, der sie eher wie einen Sohn behandelt hatte. Dies gehörte zu den vielen Dingen, die sie so anders machten als die Frauen, die er vor und nach ihr kennengelernt hatte.
    Die Kutsche hielt vor dem Theater. Maggie zog jede Menge Aufmerksamkeit von den Schaulustigen auf sich, als Rafe ihr aus dem Wagen half. Sie ließ sich darauf ein, warf lockende Blicke in die Runde und lächelte die Menschen um sie herum an. Niemand hätte vermutet, daß sie eher eine kaltblütige Spionin als eine heißblütige Liebha-berin war.
    Er begleitete sie die Treppe zu ihrer Privatloge hinauf.
    Das Stück war exzellent, und Rafe vergaß für eine ganze Weile über dem Humor von Molières Tartuffe seine ernsten Gedanken.
    Doch irgendwann konnte er die intensive Nähe Maggies nicht mehr ignorieren. Nachdem der zweite Akt begonnen hatte, legte er wie zufällig seinen Arm auf die Rückenlehne ihres Stuhls. Ohne sie zu berühren zwar, jedoch dicht genug, daß er die Wärme ihres Körpers spü-
    ren konnte.
    Er war entzückt, als sie sich nach vorne beugte, als sei sie ganz in das Stück versunken, doch die Röte auf ihren Wangen hatte mit Molière nichts zu tun; sie war sich seiner genauso heftig bewußt wie umgekehrt, und er nahm an, sie vertraute sich selbst nicht genug, um sich in seinem Arm zu entspannen. Fein. Er ließ seine Fingerspitzen über ihre nackte Schulter gleiten.
    Sie erschauerte, und ihre Hand packte den Fächer fester.

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