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Wie ein Blütenblatt im Sturm

Wie ein Blütenblatt im Sturm

Titel: Wie ein Blütenblatt im Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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zu-stürmte. Nun bemerkte er, daß schon die ganze Zeit Rufe erklungen waren, doch die schmalen mittelalterlichen Gassen hatten die Geräusche weit entfernt erscheinen lassen.
    Rafe hastete auf eine nahe Steintreppe in den Schutz eines Hauseingangs. Die Wachen rannten, gefolgt von einem Strudel wütender Pariser, vorbei. Jeder Mob war dem anderen ähnlich: Er klang wie ein tollwütiges Tier, das nur noch aus Zähnen, Klauen und Bauch besteht. Keiner achtete auf Rafe, der von seinem erhöhten Aussichtspunkt einen sicheren Blick auf wirbelnde Beine und Hände unter ihm werfen konnte.
    Als die Männer auf dem Bogen die Wachen und den Mob sahen, ließen sie ihre Werkzeuge fallen und machten sich an einen hastigen Abstieg. Unten stoben sie augenblicklich auf die Tuilerien zu, wo sich eine Tür öffnete, um die Arbeiter einzulassen. Klug von Louis’ Leuten, die Männer nicht in Stücke reißen zu lassen. Wellington hätte es ausgesprochen übel aufgenommen, wenn der König es zuließe, daß britische Soldaten und Bürger ermordet werden würden.
    In dem Augenblick, in dem Rafe sich auf das Geschehen auf dem Platz konzentrierte, hatte er Maggie verloren. In der Angst, daß sie in dem Aufruhr untergehen würde, raste er die Stufen hinab und drängte sich durch die Menge zu der Stelle, wo er sie zuletzt gesehen hatte. Er hielt wachsam Ausschau nach dem Mann, der ihr gefolgt war, machte jedoch keinen Versuch, sich selbst zu tarnen. In seiner bescheidenen Kleidung war er ohnehin nur einer unter vielen.
    Rufe erklangen an der Einmündung einer Gasse zur Linken, gefolgt von dem Bellen einer vertrauten, französischen Stimme. »Hier ist ein englischer Spion - einer von Wellingtons Dieben!«
    Frustriert durch das Entkommen der Arbeiter, bewegten sich jene, die nahe genug standen, um die Worte zu hören, auf der Suche nach einem neuen Opfer auf die Gasse zu. Dann zerriß ein weiblicher Schreckensschrei das dumpfe Getöse.
    Maggie.
    Durch nacktes Entsetzen angetrieben, rannte Rafe los und kämpfte sich mit Fäusten, Ellbogen und Tritten seinen Weg frei. Kaum bemerkte er die Flüche und Schläge, die auf ihn herabprasselten.
    Als er fast im Zentrum des Handgemenges angelangt war, hörte er das Reißen von Stoff. Dann gellte die vertraute Stimme erregt: »Ai, das ist eine Frau!«
    Der animalische Laut des Mobs nahm eine andere, dunkle Färbung an.
    Rafe stieß zwei betrunkene Jugendliche beiseite und fand sein Alptraumbild aus dem Aufruhr im Theater zu schrecklicher Wirklichkeit gewandelt.
    Maggie lag am Boden, aber sie kämpfte immer noch wild, wand sich, trat um sich und wirbelte mit einem Messer herum. Ihre Schulter und ein Teil der Brust wirkten grellweiß im Kontrast zu dem schwarzen Stoff, und in dem flackernden Licht war ihr Gesicht durch eine Angst verzerrt, wie Rafe sie noch nie bei ihr gesehen hatte.
    Ein in Lumpen gekleideter Arbeiter versuchte, ihr Handgelenk zu packen. Sie stieß ihre Messerklinge durch seine Hand, und der Mann brüllte auf, als das Blut aus der Wunde hervorschoß.
    Mit schockierender Plötzlichkeit trat ein Stiefel gegen Maggies Schläfe, und das Kämpfen hörte auf. Sie verlor das Bewußtsein. Das Messer entglitt ihren Fingern und klirrte zu Boden.
    Der Mann, der sie getreten hatte, riß sie hoch und hielt sie an sich gepreßt. Eine Hand drückte brutal ihre entblößte Brust. Rafe sah in das Gesicht und erkannte das vernarbte, triumphierende Grinsen von Henri Lemercier.
    »Ihr müßt euch leider anstellen, mes amis«, sagte der Capitaine fröhlich. »Ich hab’ sie zuerst gesehen, aber macht euch keine Sorgen. Ihr kommt schon noch dran.«
    Dann begann er, sie rückwärts in die Gasse zu ziehen.
    Die Menge, die die technischen Schwierigkeiten aner-kannte, die sich ergaben, wenn mehrere Leute eine Frau vergewaltigen wollten, wich ein wenig zurück und ließ dem Mann und Maggie etwas mehr Platz.
    Nur noch Tollkühnheit konnte ihm helfen. Rafe sprang aus der Menge hervor, schmetterte Lemercier die Hand-kante gegen die Kehle und packte Maggie, als der Franzose sie losließ.
    Rafe hob sie hoch und spürte die unverkennbare Form der Pistole in ihrer Tasche. Eine Kugel hätte ihr vielleicht nicht gegen den Mob geholfen, sie konnte aber ihm nutzen. Als er ihren reglosen Körper über seine linke Schulter warf, schob er die Pistole in seine eigene Tasche. Dann rannte er die Gasse hinunter, weg von dem Platz, und betete, daß der Mob nur langsam reagierte.
    Er war noch keine zehn Meter entfernt, als das Gebrüll

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