Wie ein boser Traum
in ihrem Malibu fuhren, weil er wegen seiner Farbe im Dunkeln schlecht zu erkennen war. Er hatte seinen Pick-up
mehrere Häuserblocks entfernt abgestellt, falls sie einen Notplan brauchten.
Emily überließ sich seiner Führung. Sie hatten in einer Seitenstraße an der Ostseite des Gerichtsgebäudes geparkt. Als sie in die Stadtmitte fuhren, schienen alle bereits zu schlafen. Darauf konnte man sich hier in dieser Gegend normalerweise verlassen.
Sie hielt sich eng an Clint, während sie zu den Fensterfronten der Geschäfte schlichen. Dabei achteten sie darauf, sich von den Straßenlaternen fernzuhalten, huschten über die Straße und näherten sich dem Gerichtsgebäude von der Seite, an der sich der Behinderteneingang befand.
Das war der Teil, der ihr wirklich Kopfzerbrechen bereitete. In Anbetracht seiner früheren Tätigkeit für Sylvester Fairgate war sie zwar sicher, dass Clint in das Gebäude einbrechen konnte – aber was, wenn es mit einem Sicherheitssystem ausgestattet war? Es hätte ein stummer Alarm ausgelöst werden können, wovon sie erst dann erführen, wenn es zu spät wäre.
Als sie ihn darauf ansprach, antwortete er: »Deshalb steigen wir ja auch nicht durch eine Tür ein.«
Er fand ein seiner Meinung nach geeignetes Fenster, dann machte er sich an die Arbeit und erklärte ihr ein paar Dinge über Sicherheitssysteme: »Magnetische Sensoren, die das Öffnen und Schließen von Fenstern überwachen, sind teuer, vor allem, wenn man sie im gesamten Gebäude installiert. Das hier muss hundert Fenster haben.
Bei den meisten Häusern werden Sensoren verwendet, die auf eingeworfene Scheiben reagieren. Wenn wir das Fenster aufbekommen, ohne die Scheibe zu zerstören, klappt’s wahrscheinlich.«
Wahrscheinlich.
Nun begriff Emily auch, warum er diese Seite des Gerichtsgebäudes ausgewählt hatte. Auf der Seite mit dem Behinderteneingang gelangte man durch zwei normal große Fenster von außen ins Untergeschoss, wohingegen die Fenster im Untergeschoss auf den anderen Seiten kleine Flügelfenster waren. Wahrscheinlich nicht einmal groß genug, dass sie den derzeitigen Sicherheitsvorschriften entsprachen.
Auf die Idee wäre sie nie gekommen.
Clint zog ein Paar Handschuhe aus dem Matchbeutel. »Hier.« Er hielt ihr die Handschuhe hin. »Ich hab nur ein Paar, zieh du sie an.«
»Nimm du sie. Deine Fingerabdrücke sind in den Akten, meine nicht.«
Er dachte darüber nach; dann streifte er die Handschuhe über. Es gefiel ihr, dass er auf sie hörte. Allerdings fand sie sich verrückt, weil sie bis vor einer Woche noch Todfeinde gewesen waren.
Er zog einen Glasschneider aus dem Matchbeutel sowie eine von diesen Saugnapfbefestigungen, mit denen die Leute ständig Blumengebinde an die Fenster hängten. Nachdem er die Saugnäpfe angeleckt hatte, klebte er sie an die Fensterscheibe. Er schnitt einen Kreis hinein und zog mit dem Saugnapf den herausgetrennten Teil heraus, wodurch ein Loch entstand.
»Klasse«, murmelte sie. Wie ein Profi.
Vorsichtig griff er durch das Loch und öffnete den Riegel. Das Fenster ging auf, und sie waren drin. Er schloss den Schieberahmen und strich mit dem Finger über den Holzrand, dort, wo die beiden Schieberahmen aufeinandertrafen.
Sie beugte sich vor und flüsterte ihm zu: »Was machst du da? Müssen wir uns nicht beeilen?«
»Ich suche nach einem Sensor, der womöglich einen Alarm ausgelöst hat, als ich das Fenster geöffnet habe.« Er griff in den Matchbeutel. »Es hat geklappt.«
»Komm jetzt, wir müssen den Lagerraum finden.« Sie wollte dies hier so schnell wie möglich hinter sich bringen. Nicht, dass sie Angst hatte – nun gut, sie hatte Angst. Sie hatte noch nie gegen ein Gesetz verstoßen – höchstens damals in der Verulk-Woche; aber das waren ja nur läppische Streiche.
Das Fenster gehörte zu einem Raum, in dem das Liegenschaftsamt untergebracht war. Die Tür zum Korridor war verschlossen, konnte jedoch von innen geöffnet werden. Sobald sie im Hauptgang stünden und die Tür hinter ihnen ins Schloss fiel, wären sie aus dem Raum ausgesperrt.
Ehe die Tür sich völlig schloss, fragte Emily: »Können wir später wieder hier reinkommen?« Sie nahm an, dass die Sensoren, derentwegen er sich Sorgen machte, sich an allen Türen befanden, die aus dem Gebäude hinausführten. Es schien ihr daher nur logisch, das Gebäude durchs Fenster auch wieder zu verlassen.
Die Taschenlampe spendete genügend Licht, dass Emily ihn – höchst anziehend – grinsen sehen
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