Wie ein boser Traum
eben angehalten und – nun – war schließlich hier bei ihr gelandet.
Er schmiegte sein Gesicht an ihr Haar und atmete tief ein. Er wollte nicht gehen, aber er musste es.
Der Mord an Turner hatte Clint klar gezeigt: Sein Vorgehen zeigte allmählich Wirkung. Heathers Mörder wurde nervös.
Clint wollte ihn erwischen.
Er wollte ihn unbedingt zur Strecke bringen.
Sosehr er auch hierbleiben wollte bei Emily, er musste es erledigen, jetzt, bevor es zu spät war.
Sanft löste er sich von ihr, ihrem süßen Körper. Sie murmelte etwas im Schlaf; er hielt inne, bis sie wieder ruhig atmete, und dann gelang es ihm, aus dem Bett zu steigen, ohne sie zu wecken. Im Gehen sammelte er rasch seine Kleidung ein, schlüpfte ins Bad und schloss die Tür. Er verzog das Gesicht, als diese knarrte. Nachdem er sich angezogen hatte, wusch er sich das Gesicht mit kaltem Wasser, um wach zu werden. Er kämmte sich mit den Fingern und betrachtete sich kurz im Spiegel. Wenn er erwischt würde, würde er wieder im Gefängnis landen.
Das Risiko musste er eingehen.
Langsam öffnete er die Tür zum Bad, in der Hoffnung, dass sie diesmal nicht knarrte. Sie knarrte. Was aber keine Rolle spielte, wie ihm klar wurde, als er Emily unten am Bett mit den Kleidern in den Armen erblickte.
»Was immer du vorhast«, sagte sie in einem Ton, der ihre Entschlossenheit verriet, »ich gehe mit dir.«
Sie stakste an ihm vorbei, betrat das Bad und schloss die Tür. Einige Augenblicke stand er da, wie unter Schock. Er schätzte ihren Wunsch, ihm zu helfen, aber die Sache war zu riskant.
Als er sich wieder gefangen und ein Argument zurechtgelegt hatte, das er ihr durch die Tür zurufen wollte, kam
sie, vollständig angezogen, aus dem Bad und schien zu allem entschlossen.
»Du willst unbedingt an diese Akten ran, stimmt’s?«
Er zögerte. Dabei hätte er davonlaufen, etwas Distanz zwischen sie und der neuen Gefahr bringen sollen, die sein Plan mit sich brachte. Er hätte ihr nicht erzählen sollen, dass er um Akteneinsicht gebeten hatte. »Es würde uns nicht weiterhelfen«, gab er zurück.
»Nur so werden wir erfahren, ob die Polizei ihre Hausaufgaben gemacht hat«, widersprach sie.
Das stimmte zwar, aber es gab ihr nicht das Recht, sich in seine Angelegenheiten einzumischen. »Mit dir würde es nicht so schnell gehen. Die Sache muss rasch, geräuschlos und korrekt erledigt werden.«
»Ich leite das Archiv eines großen Forschungsinstituts. Ich weiß mehr über Archivierungssysteme, als du dir vorstellen kannst. Du braucht mich. Ich kann das Archivierungssystem beurteilen und in Minuten finden, wonach du suchst. Du würdest womöglich Stunden dafür brauchen.«
Er wünschte, sie hätte Unrecht gehabt. »Wenn wir geschnappt werden, wird die Anklage nicht nur auf Einbruch lauten, das ist dir hoffentlich klar.« Er musste verrückt sein, dass er den Einbruch überhaupt in Erwägung zog. »Die Leute in der Stadt werden dich mit denselben Augen betrachten wie mich.«
»Das ist mir klar.«
Trotzdem hoffte er, sie würde es sich anders überlegen.
Sie tat es nicht.
»Also gut, aber wir machen es so, wie ich es sage. Du befolgst bedingungslos meine Anweisungen.«
Sie nickte. »Was immer du sagst.«
2.45 Uhr
Das Gerichtsgebäude von Pine Bluff stammte aus dem späten 19. Jahrhundert und stand mitten in der Stadt; die Geschäfte, Büros und ein paar Cafés gingen sternförmig von dem Gebäude ab. Emily hatte es immer schön gefunden. Es ließ sie an Geschichte und Gerechtigkeit denken.
Aber Gerechtigkeit war hier nicht immer im Spiel. Manchmal musste man ihr auf die Sprünge helfen. Und genau das hatte sie heute Nacht vor.
»Hat er auch bestimmt gesagt, dass die Akten im Keller untergebracht sind?« Sie hatte sich einen ganz normalen Lagerraum vorgestellt. Der Einbruch in ein Gerichtsgebäude würde ins Vorstrafenregister aufgenommen … vor allem bei Clint. Wenn er geschnappt wurde … sie mochte gar nicht daran denken.
Merkwürdig, anfangs hatte sie sich genau das gewünscht. Alles hätte sie für eine Gelegenheit gegeben, die ihn wieder hinter Gitter gebracht hätte.
Sie unterdrückte diese schmerzlichen Gedanken, musste sich konzentrieren. Dies hier war viel zu wichtig, als dass sie es vermasseln durften.
»Du kannst immer noch aussteigen.«
»Ausgeschlossen.« Sie schüttelte heftig den Kopf. »Ich bin dabei.«
»Machen wir’s.«
Er schnappte sich einen kleinen Matchbeutel und stieg aus dem Auto. Sie hatte darauf bestanden, dass sie
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