Wie ein boser Traum
allzu munter klang, wie sie fand, »während ich dort war, hat Violet mir ihre Senior-Halskette gezeigt. Sie besitzt sie immer noch. Nach all den Jahren!« Sie schüttelte den Kopf. »Ich weiß gar nicht, was mit meiner passiert ist. Ich hab sie wohl verloren.«
Justine faltete die Hände auf dem Schoß und sah Emily in die Augen, aber ihr Blick wirkte leer, fern. »Das ist schade.«
Gib dir einen Ruck! Frag! »Haben Sie Ihre noch?«
Eine kleine Falte erschien zwischen Justines Augenbrauen. »Entschuldige, was hast du gesagt?«
»Die Halskette«, soufflierte Emily, der entsetzlich zumute war, weil sie das Thema weiterverfolgte.
»Ach ja. Die Kette. Ich habe sie nicht mehr getragen, seit Heather … verstorben ist. Ich wollte nicht riskieren, sie zu beschädigen oder zu verlieren. Sie liegt seitdem hier in meinem Schmuckkasten.« Reue umwölkte ihre Augen. »Ihr Mädels wart die Ersten, die diese Halsketten bekamen. Es schien mir nicht richtig zu sein, sie jemand anderem zu schenken, nach allem, was passiert ist. Deshalb hab ich nach dem Jahr wieder die Armbänder mit Anhängern vergeben.«
»Ich habe ein schrecklich schlechtes Gewissen, weil ich meine Kette verloren habe.« Gott, wie sie es hasste, zu lügen.
»Möchtest du, dass ich dir eine neue besorge, Emily?«, bot Justine an. »Es würde mir nichts ausmachen. Vielleicht wird sie nicht genau die Gleiche sein, aber fast.«
Das war die Frau, die sie des Mordes beschuldigen wollte?
»Das …« Mit diesem Angebot hatte sie nicht gerechnet. »Das wäre wundervoll.«
»Schon erledigt.« Justine brachte ein Lächeln zustande, wenngleich ein mühsames. »Gib mir einfach deine Adresse in Birmingham, bevor du wieder abfährst, ich kümmere mich dann darum.«
Es klopfte an der Haustür. Justin stand auf. »Entschuldige mich bitte, Em.«
Sie musste umdenken. Und was machte sie jetzt? Emily erhob sich. »Dürfte ich einmal Ihr Bad benutzen?«
Justine zögerte, ehe sie die Tür aufmachte. »Natürlich. Den Flur hinunter und dann links.«
Emily musste sich fast zwingen, nicht loszulaufen, als sie aus dem Wohnzimmer in den Flur trat. Drei Türen. Eine links, zwei rechts.
Sie hörte laute Stimmen – und blieb abrupt stehen. Beide Stimmen weiblich. Emily hatte das Gefühl, als wäre ihr Herz stehen geblieben. Jetzt flüsterten die Stimmen. Sie ging weiter. Das erste Zimmer zur Rechten war ein Heimbüro. Das zweite Justines Schlafzimmer. Die Entfernung zwischen Bade- und Schlafzimmer betrug nur ungefähr zwei Meter. Fast ein Katzensprung. Das konnte sie schaffen.
Emily betrat das Schlafzimmer. Sie blickte sich um, um festzustellen, wo alles war. Das Schmuckkästchen stand auf der Frisierkommode. Sie ging hin. Lauschte, um sich zu vergewissern, dass Justine sich noch mit der anderen Frau unterhielt.
Mit zittrigen Händen öffnete Emily das Schmuckkästchen. Erwog nicht einmal, dass es eines von denen sein konnte, die Musik machten. Sie hielt den Atem an. Das Kästchen blieb stumm.
Gott sei Dank.
Sie horchte noch einmal. Justine und die Besucherin redeten noch.
So schnell es ging, durchstöberte sie die Halsbänder, Armbänder und Ohrringe. Sie war nicht da.
Verdammt .
Plötzlich sah sie das große Schmuckkästchen. Ihr Puls raste.
Tu es .
Sie ging hin, aber die vielen gerahmten Fotografien auf der Kommode lenkten sie ab. Viele, viele Fotos von Justine … und einige mit Misty. Ein Foto faszinierte Emily besonders. Justine und Misty sahen darauf echt jung aus … Grundschule vielleicht. Emily nahm das Foto zur Hand. Stimmen hallten in ihr. Heather, die etwas über
die unheimliche Misty Briggs sagte. Marv, der sagte, sie sei sonderbar. Die Erinnerung, als sie Misty zufällig vor dem Haus der Fairgates begegnet war. Aber war irgendwas davon relevant? Sie hatte zwar so ein merkwürdiges Gefühl, aber war es wichtig für das, was mit Heather geschehen war? Wahrscheinlich nicht.
Emily stellte das gerahmte Foto zurück und konzentrierte sich wieder auf den größeren Schmuckkasten. Die gedämpften Stimmen deuteten an, dass Justine noch immer abgelenkt war. Emily ging durchs Zimmer, zog eine Schublade nach der anderen auf. In jeder lag teurer Schmuck. Unglaublich teure Stücke. Wieso konnte sich eine Lehrerin einen solchen Luxus leisten?
Die letzte Schublade, die tiefste. Keine Halskette, kein Schmuck. Nur noch mehr Fotos. Ein ganzer Stapel. »O mein Gott.«
Sie zog den Stapel heraus und betrachtete das oberste Foto genauer. Zwei junge Männer, die einen
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