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Wie ein boser Traum

Wie ein boser Traum

Titel: Wie ein boser Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Webb Debra
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eintreten, wovor sie bei jedem Besuch am meisten Angst hatte. Emily legte die Hände auf die Leinenserviette auf ihren Oberschenkeln und wappnete sich für das Gespräch . Ihre Eltern schickten sich an, auf die Stufe tief beunruhigt zu wechseln.
    »Aber deine Mutter und ich machen uns Sorgen über die Gründe für deinen plötzlichen Urlaub.« Er sah ihr forschend in die Augen, als hoffte er, die gesuchte Antwort dort zu finden. Weil es offenbar vergeblich war, fügte er hinzu. »Wir wissen, wie du dich fühlst, Schatz.«
    Unmöglich . Das Wort hallte in ihr wider, aber sie brachte es nicht über die Lippen. Jedes Widerwort würde die ohnehin schon schlechte Stimmung nur verschlimmern. Sie kam sich innerlich wie tot vor. Und wenn sie sich nicht tot fühlte, dann war sie wütend. So wie jetzt. Aber das konnten ihre Eltern ja nicht wissen.
    »Was dein Vater damit sagen will, Liebes«, sprang Carol Wallace bei, als hätten sie die Rollen verteilt und sorgfältig geprobt, »ist, dass es jammerschade ist, dass der Junge nicht immer noch im Gefängnis sitzt; aber so ist das nun mal. Emily, du bist achtundzwanzig Jahre alt; es ist Zeit, dass du auf dich achtest … auf deine Zukunft. Wir möchten, dass es in deinem Leben vorangeht.«
    Carol war eine liebenswerte Frau, wenngleich sie mittlerweile in Geschäften für Übergrößen einkaufte und das
Grau, das sich in ihrem schwarzen Haar zeigte, wie ein Ehrenabzeichen trug. Obwohl examinierte Krankenschwester, hatte sie ihr ganzes Leben im Dienst der Familie, der Kirche und der Gemeinschaft verbracht – in dieser Reihenfolge. Dasselbe ließ sich auch über Ed Wallace sagen. Die Überstunden in seiner Investmentfirma hatten ihn nie daran gehindert, ein liebevoller, liebender Vater zu sein.
    Sosehr ihre Eltern Emily liebten und glauben wollten, dass sie dasselbe empfand wie sie – es war nicht der Fall. Ihnen das vorzuhalten wäre aber nicht fair gewesen. Sie konnten nichts dafür.
    Schuld war nur sie.
    Sie warteten auf irgendein Anzeichen für Fortschritte in Emilys Leben. Ein winziger Anhaltspunkt dafür, dass ihr Leben auf einen konventionelleren Kurs zusteuerte, hätte den Streit sofort beendet. Die Spannungen hätten sich gelegt, ihre Eltern hätten sie sofort wieder auf neugierig nachsichtige Weise behandelt.
    Aber Emily konnte ihnen nicht geben, was sie sich wünschten.
    »Ich muss das machen.« Sie legte ihre Serviette auf den Tisch, neben das kaum angerührte Essen. Innerlich zitterte sie, aber nach außen hin blieb sie ruhig, um den Argwohn der Eltern nur ja nicht weiter zu entfachen. In den letzten Jahren war sie in solcherart Täuschungsmanövern ziemlich gut geworden. »Wenn ich nicht tue, was – wie ich im Herzen weiß – das Richtige ist, bezweifle ich, dass ich in meinem Leben jemals vorankomme. Mir ist klar, dass ihr das nicht verstehen könnt, aber so ist es nun mal.«
    Ein weiterer Austausch von Blicken in dieser wortlosen,
in fünfunddreißig Ehejahren erworbenen Sprache. Dann sprach ihr Vater das nächste brennende Thema an. »Doktor Brown sähe es wirklich gern, wenn du wieder in Therapie gingest. Er hält es für das Beste, Emily. Deine Mutter und ich sind derselben Ansicht.«
    Therapie. War wie ein schlechter Penny; kam immer wieder zum Vorschein. Sie hatte es versucht. Es hatte nicht funktioniert. Sobald Dr. Brown sie entlassen hatte, ein ganzes Jahr nach ihrem vierwöchigen Aufenthalt im Calhoun-Therapiezentrum, war sie nie wieder zu ihm gegangen. Und sie hatte nicht vor, es jetzt zu tun. Wäre es nicht genau das, wovor ihre Eltern solche Angst hatten? Dass sie sich zurückentwickelte?
    »Ihr müsst mich entschuldigen.« Emily stand auf. »Danke fürs Abendessen«, sagte sie zu ihrer Mutter, dann rang sie sich ein verkniffenes Lächeln ab, adressiert an ihren Vater, und verließ den Tisch.
    Tief beunruhigt . Sie musste nicht zurückblicken, um zu wissen, dass ihre Eltern ihr sorgenvolle Blicke hinterherschickten. Das Telefon klingelte, aber sie schritt weiter aus. Es galt ohnehin nicht ihr. Sie war in den letzten zehn Jahren nicht lange genug hier gewesen, dass jemand sie mit dieser Adresse oder dieser Telefonnummer in Verbindung bringen konnte.
    Sie gehörte nicht mehr nach Pine Bluff.
    Sie gehörte eigentlich nirgendwohin.
    Auf dem Flur hörte man die Stimme ihrer Mutter. Der Anrufer war offenbar Emilys Bruder James. Der Wechsel von beunruhigt zu beschwingt im Tonfall der Mutter verriet die Identität des Anrufers, ohne dass ein Name erwähnt

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